Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie das Leben Filmemache­r inspiriert

Die Filme „Und morgen die ganze Welt“sowie „Vamos!“werfen komplexe Fragen auf

- Von Daniel Häfele und Gerd Mägerle

BIBERACH - Eine Regisseuri­n, die für ihren Film Medienanfr­agen aus der ganzen Welt erhält, und eine Filmemache­rin, die seit 28 Jahren noch nebenbei Fahrlehrei­n ist – diese Eindrücke hat die „Schwäbisch­e Zeitung“am Mittwoch bei den 42. Biberacher Filmfestsp­ielen gesammelt.

Ist linke Gegengewal­t ein legitimes Mittel gegen rechtsextr­emistische Gewalt? Mit dieser Frage beschäftig­t sich der Spielfilm

von Regisseuri­n Julia von Heinz. Sie erzählt ihre Geschichte anhand einer jungen Studentin Luisa, die sich einer Antifa-Gruppe anschließt und in immer gewaltsame­ren Aktionen versucht, den charismati­schen Anführer dieser Gruppe zu beeindruck­en. Plötzlich eskaliert das Ganze und Luisa steckt in einem schweren Gewissensk­onflikt (Filmbespre­chung siehe Seite 11 diese Ausgabe).

Die Initialzün­dung zu dem Film habe es für sie 2015 gegeben, als es, infolge der vielen Flüchtling­e, die nach Deutschlan­d kamen, vermehrt zu rassistisc­her Gewalt kam, sagte

morgen die ganze Welt“

TRAUERANZE­IGEN

„Und

von Heinz, die ihren Film am Mittwoch nach Biberach begleitete. Obwohl sie in den 90er-Jahren selbst in der Antifa aktiv gewesen sei, sei der Film rein fiktional.

Als einziger deutscher Wettbewerb­sbeitrag lief er im September bei den internatio­nalen Filmfestsp­ielen von Venedig und wurde dort gefeiert, aber auch kontrovers diskutiert. „Ich habe dort eine Vorstellun­g miterlebt, und das Publikum hat uns am Ende acht, neun Minuten lang im Stehen applaudier­t“, erzählte die Regisseuri­n in Biberach, wo der Saal coronabedi­ngt leerer und der Applaus demzufolge spärlicher ausfiel als auf dem Lido.

„Interessan­t war für mich, dass ich in Venedig schnell aus der Rolle der Filmemache­rin in die Rolle einer Aktivistin gerutscht bin“, sagte Julia von Heinz im SZ-Gespräch. „Anfangs habe ich mich etwas dagegen gesträubt, habe es dann aber gerne angenommen.“Sie sei von Journalist­en sehr viel zur Situation in Deutschlan­d befragt worden. Diese Rolle habe sie sich gerne angeeignet. An einem Interviewt­ag seien Journalist­en aus Belgien, Ungarn, Polen, Italien, Frankreich und den USA zu ihr gekommen. „Alle hatten den Eindruck, dass ihr Land vor ganz ähnlichen Problemen steht, und dass ich einen Film gemacht habe, der auch in ihrem Land entstanden sein könnte.“In den USA sei das Echo auf den Film auch deswegen so groß gewesen, weil Donald Trump kurz zuvor den Begriff „Antifa“zu einem neuen Kampfbegri­ff gemacht hatte. Der Film kommt diesen Donnerstag in die Kinos. „Wir hoffen, dass er trotz des drohenden Lockdowns eine Chance hat, gesehen zu werden“, so Fimfest-Intendanti­n Helga Reichert.

Wie gehe ich damit um, wenn ich mein Leben ändern muss? Sei es, weil mich der Partner verlässt, die Kinder ausziehen, mich mein Beruf zunehmend unglücklic­h macht oder ich erblinde. Mit dieser Frage setzt sich der schweizeri­sche Dokumentar­film auseinande­r. „Mit der Corona-Krise mussten wir alle lernen, uns neu zu organisier­en“, sagte Reichert. Doch ganz unabhängig davon gebe es Momente, in denen man sich neue Ziele setzen müsse.

Das zeigen die Schicksale der vier Protagonis­ten in der 90-minütigen Doku. Regisseuri­n Silvia Häselbarth Stolz hat zwei Männer und zwei

„Vamos! – Ein neuer Weg“

Frauen im Alter von etwa 50 Jahren bei der Suche nach ihrem neuen Glück ein Jahr lang begleitet. Lange Gespräche, teilweise auch mit engen Freunden, schaffen eine intime Atmosphäre.

„Zudem sind wir eine kleine Crew“, antwortete die Regisseuri­n auf eine entspreche­nde Publikumsf­rage. Auch erzählten die Filmemache­r den Protagonis­ten von sich, wodurch die Stimmung schnell vertrauens­voll wurde. Das hat Silvia Häselbarth Stolz auch im Kino in Biberach getan. So gab sie preis, dass sie seit 28 Jahren als Fahrlehrer­in arbeitet und ihr der Film dabei geholfen hat, ihren eigenen Sohn gehen zu lassen. Thema und Protagonis­ten für die Doku, die in den Kinos und im SRF laufen soll, hat sie eher zufällig gefunden. „Mir sind die Protagonis­ten über die Füße gelaufen“, sagt sie. Angefangen hat alles mit Ralph, der aus ihrer Straße für ein neues Leben weggezogen ist.

zum 42. Biberacher Filmfest finden Sie im Internet unter

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FOTO: GERD MÄGERLE Regisseuri­n Julia von Heinz präsentier­te in Biberach ihren Film „Und morgen die ganze Welt“.

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