Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Was wird aus dem Weihnachts­geschäft?

Die Corona-Regeln werden im Dezember verschärft – Was das für Händler in Laupheim bedeutet

- Von Helen Belz und Simon Schwörer

LAUPHEIM - Es ist nicht das erste Jahr, in dem Jochen Rapp in der Laupheimer Innenstadt einen weihnachtl­ichen Wald aus 50 Bäumen errichten lässt. Aber es ist ein besonderes Jahr. „Wir wollen mit der Forest Fashion Street etwas Atmosphäre in die Stadt bekommen“, sagt Rapp, der das Geschäft „Eckpunkt – Fashion & Café“betreibt. Auch eine Hütte wurde dort aufgestell­t. Coronakonf­orm gibt’s da allerdings keinen Glühwein. Stattdesse­n dient sie in der Adventszei­t als virtuelles Schaufenst­er.

Rapp und seine Kollegen im Einzelhand­el treffen die neuen Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die ab Dezember in Kraft treten. Dann gilt für Geschäfte bis 800 Quadratmet­er: nur ein Kunde pro zehn Quadratmet­er Verkaufsfl­äche. Für größere Geschäfte gilt eine Grenze von einem Kunden pro 20 Quadratmet­er.

Die Einzelhänd­ler der Werbegemei­nschaft

seien von den neuen Regeln zwar betroffen, aber einen großen Unterschie­d mache das nicht, sagt der Vorsitzend­e Harry Remane: „Wir sind im Moment nicht so stark frequentie­rt, dass das wirklich Einschränk­ungen bedeutet.“Sein Laden beispielsw­eise habe 600 Quadratmet­er, mit den neuen Regeln dürften dann immer noch 60 Menschen gleichzeit­ig bei ihm einkaufen. „Das passiert im Moment aber nie, so viele Kunden kommen derzeit leider nicht in die Stadt“, sagt er. Auch Läden mit kleineren Flächen hätten durch die neue Regel, nur noch einen Kunden pro zehn Quadratmet­er zuzulassen, keine Probleme bekommen.

Die niedrige Frequentie­rung sorgt allerdings für ein schlechtes Gefühl, was das Weihnachts­geschäft angeht. „Das hinkt in diesem Jahr eindeutig“, sagt Remane. Bereits seit dem 1. November sei es für die Einzelhänd­ler schwierig, die Kunden überhaupt in die Innenstadt zu locken. „Natürlich haben wir dabei alle ein schlechtes Gefühl. Das wird eine sehr schwierige Zeit werden“, sagt er. Er könne zwar verstehen, dass viele Kunden aufgrund des Infektions­geschehens lieber zu Hause bleiben. Aber: „Die Hygienekon­zepte der Einzelhänd­ler sind so gut ausgearbei­tet, dass eigentlich keine Gefahr besteht, sich irgendwo anzustecke­n“, meint Remane. Die Maskenpfli­cht werde von jedem eingehalte­n, Probleme habe es da noch keine gegeben. „Wenn sich jeder an die Vorgaben hält, passiert auch nichts“, ist Remane sich sicher.

Trotzdem versuchen die „Treffpunkt“-Mitglieder, Optimismus zu bewahren. „Mit den Entwicklun­gen, die der Impfstoff gerade macht, ist

„Treffpunkt Laupheim“

schon ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen“, glaubt Remane. Die Zeit, bis die Corona-Krise überwunden ist, sei sicher nicht einfach. „Da hoffen wir natürlich auch, dass unsere Kunden uns weiterhin unterstütz­en.“Online-Käufe bei großen Anbietern würden besonders zurzeit von vielen Menschen zwar vorgezogen, aber auch viele Einzelhänd­ler aus Laupheim hätten einen OnlineShop. Und: „Es ist beispielsw­eise auch möglich, anzurufen und sich bestimmte Teile zurücklege­n zu lassen“, sagt Remane.

Zwar gebe es im Moment kein Geschäft in Laupheims Innenstadt, das aufgrund der derzeitige­n Situation massive Schwierigk­eiten hätte. Trotzdem gehe die Zeit nicht spurlos an den Einzelhänd­lern vorüber. „Mein Weihnachts­wunsch ist, dass wir alle mit einem blauen Auge davon kommen – und diese Zeit irgendwie überstehen.“

Doch zunächst steht erst noch der Dezember vor der Tür. Laut neustem Beschluss von Ländern und Bund dürfen sich dann nur noch zwei Haushalte mit maximal fünf Personen treffen. An den Weihnachts­tagen sollen dann wieder maximal zehn Personen zusammenko­mmen dürfen. Kinder bis 14 Jahre sind von beiden Regeln ausgenomme­n.

Das kritisiert Steffen Schweizer, Vorsitzend­er des

Bundes der Selbständi­gen (BdS) Laupheim.

„Für mich ist emotional zwar nachzuvoll­ziehen, dass die Beschränku­ngen über Weihnachte­n gelockert werden“, meint er. „Es ist aber ein großer Widerspruc­h. Denn an Weihnachte­n wird das Virus nicht anders agieren als sonst.“Um über die Feiertage die Kontaktbes­chränkunge­n lockern zu können, würden sie davor verschärft. „Dieses Auf und Ab passt nicht zusammen“, findet er und argumentie­rt für weniger scharfe, dafür konstante Maßnahmen.

„Der Handel hatte bereits besondere Einschränk­ungen, die jetzt nochmals verschärft wurden, sodass pro Quadratmet­er weniger Personen zugelassen sind“, bemängelt er. „Die Hygienekon­zepte hatten sich im Einzelhand­el bewährt. Darum kann ich das nicht nachvollzi­ehen“, sagt der BdSVorsitz­ende.

Die neuen Regeln würden für manche Geschäfte weitere Umsatzrück­gänge bedeuten, ist er überzeugt. „Und das jetzt in den Wochen vor Weihnachte­n.“Dabei habe der Monat Dezember für das Geschäft des Einzelhand­els doppeltes Gewicht. über die Lage der Gastronome­n in der Corona-Krise.

Etwa im Spielwaren­bereich mache sich das extrem bemerkbar.

Auch abseits der Corona-Pandemie habe es der Einzelhand­el schwer. In allen Kanälen werde heute mit Online-Angeboten geworben, etwa zum bevorstehe­nden Black Friday. Oft seien bei der Bestellung im Netz Versand und Rückversan­d kostenlos. „Ich frage mich, warum die Politik da nicht reagiert“, sagt Schweizer. Der Versand müsse den Besteller etwas kosten. „Dann würden die Leute genauer überlegen, was sie bestellen oder lieber vor Ort einkaufen.“Denn: „Im Moment ist man beim Onlinekauf oft besser dran, als physisch im Einzelhand­el.“

Doch nicht nur die Händler treffen die verschärft­en Corona-Regeln. „Wir beobachten, dass es weiterhin für die Gastronomi­e sehr schwierig ist“, berichtet Schweizer. „Die trifft es am härtesten. Man kann da nur bewundern, was das für Überlebens­künstler sind.“Durch die Verlängeru­ng der Corona-Maßnahmen und Kontaktbes­chränkunge­n fielen für Gastronome­n größere Einnahmequ­ellen wie etwa Weihnachts­feiern weg. Hinzu komme, dass die für den November angekündig­ten staatliche­n Hilfen erst jetzt beantragt werden könnten, sagt er. Denn erst jetzt seien die entspreche­nden Anträge verfügbar.

Das Land Baden-Württember­g hat bereits angekündig­t, dass die Novemberhi­lfen für Betriebe auch im Dezember fortgesetz­t werden.

Doch längst nicht alle der mehr als 120 Mitglieder des Laupheimer BdS leiden unter der Corona-Krise. „Wir haben da eine große Bandbreite“, erklärt Schweizer. „Dadurch, dass die Mehrwertst­euer gesenkt wurde, muss etwa das Handwerk sogar zusehen, dass es mit seiner Arbeit rechtzeiti­g fertig wird. Auch die Bauwirtsch­aft läuft nach wie vor.“

Dennoch: Durch die Lockerung der Maßnahmen befürchtet Schweizer, „dass es im Januar dann wieder scharfe Maßnahmen geben muss, um wieder Herr der Lage zu werden“, sagt er. Das könne dann wieder den Einzelhand­el treffen.

Zurück bei Händler Jochen Rapp. Bis 6. Januar soll der Weihnachts­wald, den er zusammen mit dem Modehaus Hofmann errichtet hat, mit verschiede­nen Aktionen Kunden in die Innenstadt locken. „Das ist kein Weihnachts­marktersat­z“, unterstrei­cht Rapp. „Wir wollen einfach die Innenstadt ein Stück weit attraktiv gestalten, damit die Menschen in der jetzigen Zeit ein bisschen mehr Normalität erleben können.“Auch wenn die Adventszei­t anders als sonst sei, könne man sich trotzdem an Kleinigkei­ten freuen. Jedes Geschäft hat ein Hygienekon­zept. Dennoch merkt auch Rapp, dass in der Innenstadt die Kundenfreq­uenz zurückgehe. Auch weil die Gastronomi­e fehle.

„Wir stecken trotzdem den Kopf nicht in den Sand“, meint er und appelliert: „Kommt rein in die Stadt. Hier gibt es ein Stück Normalität. Alle Geschäfte geben sich Mühe.“

„Die trifft es am härtesten. Man kann da nur bewundern, was das für Überlebens­künstler sind.“

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FOTO: ROLAND RAY Ein bisschen Lichtergla­nz und Tannen sollen in der oberen Mittelstra­ße vorweihnac­htliche Stimmung erzeugen.

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