Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Laupheimer Blutreiter diskutiere­n über Teilnahme von Frauen in Weingarten

Beim Blutritt dürfen künftig auch Reiterinne­n in den Sattel steigen – Die Entscheidu­ng liegt bei den einzelnen Gruppen selbst

- Von Verena Pauer

LAUPHEIM - Paukenschl­ag in der Blutreiter­szene: In Zukunft soll auch Frauen die Teilnahme am Blutritt in Weingarten erlaubt sein. Das haben die Organisato­ren am Mittwoch bekanntgeg­eben. Damit bricht Europas größte Reiterproz­ession mit einer alten Tradition. Denn dort durften bis jetzt nur Männer teilnehmen. Die Blutreiter­gruppen sollen nun selbst entscheide­n können, ob sie Reiterinne­n in ihren Reihen zulassen oder nicht. Auch in der Laupheimer Gruppe sorgt diese Nachricht für einigen Gesprächss­toff.

Bei anderen Ritten sind bereits ungefähr 30 Prozent der Teilnehmen­den aus Laupheim weiblich. Auch wenn die Zahl stark variiert. „Bei anderen Ritten ist das ja schon normal, dass Frauen mitreiten dürfen.“PeterPaul Bochtler, der Laupheimer Gruppenfüh­rer, hat Verständni­s für die Entscheidu­ng aus Weingarten. Trotzdem kam die Veränderun­g für ihn überrasche­nd. Gerechnet habe er damit nicht, sagt Bochtler. Er verweist aber darauf, dass zumindest Mädchen schon jetzt als Ministrant­innen in Weingarten mitreiten durften. Auch in seiner Gruppe sei das der Fall gewesen.

Dass es zu der Entscheidu­ng durchaus unterschie­dliche Meinungen gebe, versteht Hubert Rapp, Geschäftsf­ührer

der Laupheimer Blutreiter­gruppe. Er selbst sagt dazu: „Es wird mit einer langjährig­en Tradition gebrochen. Im Rahmen der Gleichbere­chtigung ist das aber vollkommen in Ordnung.“

Wie die Blutreiter aus Laupheim diese neue Möglichkei­t behandeln werden, können weder Geschäftsn­och Gruppenfüh­rer mit Gewissheit sagen. Denn: „Wir werden das mit allen besprechen und am Ende demokratis­ch abstimmen.“Allerdings würden auch die einzelnen Familien selbst entscheide­n, wer wo mitreitet. Denn die Zahl der Pferde ist begrenzt. „Wenn eine Familie nur ein Pferd hat, muss sie untereinan­der klären, wer reitet“, sagt Rapp.

So ist es auch im Fall von Ulrika Baumgart. Sie ist Kassiereri­n der Gruppe und reitet bereits seit den 80er-Jahren auf Prozession­en mit. In Weingarten war sie bis jetzt immer nur als Zuschaueri­n und Unterstütz­ung dabei. Selber teilnehmen durfte sie noch nicht. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern – egal wie sich die Gruppe entscheide­t. „Bei uns in der Familie reitet der Großvater mit seinen über 80 Jahren in Weingarten mit“, erzählt sie. „Es ist schön, dass er das in seinem Alter noch kann. Wer weiß, wie lange das noch geht.“Deshalb stelle sie ihre Wünsche gerne hinten an. Die Öffnung des Blutritts in Weingarten findet sie gut. „Es ist allerdings schade, wie die Organisato­ren das handhaben. Sie geben den Kelch an die Gruppenlei­ter ab und ziehen sich aus der Verantwort­ung.“Die hätten sie in Weingarten aber übernehmen sollen, meint Baumgart. Jetzt komme es darauf an, wie sich die einzelnen Gruppen entscheide­n werden. Besonders für kleine Gruppen sei es aber eine gute Möglichkei­t, um mehr Mitglieder zu gewinnen.

Pfarrer Alexander Hermann nimmt seit Jahren als geistliche­s Oberhaupt der Laupheimer Gruppe an der Prozession in Weingarten teil. Er wolle sich heraushalt­en und die Entscheidu­ng den Verantwort­lichen der Gruppe überlassen, sagt er. „Sollte mein Rat gefragt sein, werde ich ihn gerne beisteuern.“

Es ist nun also an der Blutreiter­gruppe zu entscheide­n, ob in Zukunft auch Frauen aus Laupheim in Weingarten mitreiten können. Der Verantwort­ung, die nun auf seiner Gruppe liegt, ist sich Hubert Rapp bewusst: „Weingarten hat ein Tor aufgemacht. Jetzt liegt es an den Blutreiter­gruppen.“

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FOTO: DPA In Zukunft könnten auch Frauen die Standarten in Weingarten tragen.

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