Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Volle Parkplätze, Staus und Strafen in den Bergen
Appelle an Vernunft und Vorsicht bleiben unbeachtet – Ausflügler wollen in den Schnee – Polizei schreitet ein
OFFENBURG/TORFHAUS/WINTERBERG (dpa) - Dem Lockdown, zahlreichen Warnungen und aller Ansteckungsgefahr zum Trotz haben sich am Wochenende Massen von Ausflüglern in verschneite Bergregionen aufgemacht. Vielerorts waren die Parkplätze schon morgens überfüllt, es kam zu langen Staus, immer wieder blieben Autos liegen.
Auf der Schwarzwaldhochstraße, der Bundesstraße 500, stauten sich am Sonntag bereits am Vormittag die Autos, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg sagte. Der Zustrom an Autos ließ demnach bis in den Nachmittag hinein nicht nach. Auf Zufahrtsstraßen wurde der Verkehr deshalb zum Teil unterbrochen und Straßen wurden zeitweise gesperrt, wie ein Sprecher des Präsidiums Pforzheim sagte.
Die Polizisten appellierten an die Autofahrer über den Verkehrsfunk und vor Ort auf den Straßen, überfüllte Gebiete zu meiden. Bei Sperrungen zeigten sich die Autofahrer einsichtig und kehrten um, hieß es von der Polizei. Doch trotz der Appelle hätten sich am Sonntag erneut Staus gebildet und überfüllte Parkplätze für Frust gesorgt.
Auch in der Gemeinde Dobel im Landkreis Calw gab es erneut ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Es sei aber diesmal kein Chaos entstanden, so ein Sprecher der Polizei. Die Gemeinde war um Weihnachten schier überrannt worden. An beiden Tagen des ersten Wochenendes im neuen Jahr waren die Parkplätze im Nordschwarzwald demnach recht voll.
Der Neuschnee in der Nacht zu Sonntag lockte zahlreiche Menschen ins Freie. Am Königstuhl bei Heidelberg war das Verkehrsaufkommen so groß, dass die Zufahrtswege vom Polizeipräsidium Mannheim am Sonntag gesperrt werden mussten. Auch hier waren alle Parkplätze demnach schon am Vormittag komplett gefüllt.
Die Schwäbische Alb zog aufgrund ihrer Höhenlage ebenfalls viele Winterausflügler an. Sämtliche Parkplätze auf der Albhochfläche seien belegt, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen am Sonntag. Besonders der Neuschnee habe noch mal mehr Menschen auf die Alb gelockt als noch am Samstag.
Auch in den bayerischen Alpen suchten Tausende Menschen Abwechslung. „Der Ansturm ist enorm“, sagte der Bürgermeister von Schliersee, Franz Schnitzenbaumer. Hunderte Schlittenfahrer tummelten sich selbst auf kleinen Hügeln und Tourengeher bevölkerten die Skipisten. Im Großraum München lebten drei Millionen Menschen, die alle nicht in den Urlaub fahren dürften – das sei nun zu spüren. „Es ist genauso voll, als wenn Skibetrieb wäre“, sagte der Geschäftsführer der Alpenbahnen Spitzingsee, Peter Lorenz. Die Parkplätze seien voll. Viele nutzten den zugefrorenen See zum Langlaufen oder Schlittschuhlaufen.
Auch in anderen Bundesländern herrschten Unvernunft und Uneinsichtigkeit. Zum Beispiel im Harz: „Wir haben hier Chaos hoch drei, es bricht alles zusammen“, sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Goslar am Samstag. Auf Rodelbergen wie der Hexenritt-Abfahrt am Wurmberg
tummelten sich die Massen, auch auf Wanderwegen liefen Ausflügler dicht an dicht.
Und entgegen allen Mahnungen und Berichten machten sich auch am Sonntag wieder etliche Menschen auf den Weg in den Harz, nach Winterberg im verschneiten Sauerland und zum Großen Feldberg in Hessen. Polizei und Ordnungsbehörden schrieben Anzeigen wegen zahlreicher Verstöße gegen Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen.
Im Sauerland riegelte die Polizei wichtige Zufahrtsstraßen nach Winterberg ab. Es komme jetzt praktisch niemand mehr rein, sagte eine Sprecherin der Stadt. „Wir haben gestern Abend noch ein Betretungsverbot ausgesprochen, aber die Leute sind trotzdem wieder hierhergekommen.“
Bereits in den vergangenen Tagen hatte es trotz der Corona-Pandemie einen Ansturm auf die Ausflugsziele in verschneiten Bergregionen Deutschlands gegeben – obwohl Behörden und Polizei immer wieder eindringlich davon abrieten. Lifte und Pisten sowie Restaurants und Hütten sind bis mindestens 10. Januar geschlossen.
Öffentliche Toiletten sind wegen des Lockdowns nicht aufgestellt, Restaurants und andere Einrichtungen nicht geöffnet. Winterberg bittet seit Tagen darum, auf eine Anreise zu verzichten. „Trotzdem setzen sich einige in die Autos und fahren hier runter“, sagte ein Polizeisprecher. „Was diese Menschen bewegt, kann ich nicht sagen.“
Die Betreiber der WintersportArena und des Skiliftkarussells in Winterberg weisen auf ihren Internetseiten darauf hin, dass es darum für Ausflügler keine Toiletten und keine Möglichkeiten zum Aufwärmen gibt – und dass keine Retter vor Ort sind. „Wir lieben unsere Berge“, heißt es auch. „Aber in diesen Zeiten müssen wir diese Liebe ruhen lassen, denn der Ansturm führt zu Stau und Massenaufläufen. Verstopfte Straßen, fehlende Parkplätze und viele potenzielle Kontakte. Wer will das schon?“