Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Darüber wurde heute vor 100, 75, 50 und 25 Jahren berichtet

Die „Schwäbisch­en Zeitung“blickt in einer Serie auf Themen zurück, die die Menschen in vergangene­n Jahrzehnte­n am 4. Januar beschäftig­ten

- Von Barbara Braig

LAUPHEIM - In einer Serie blickt die „Schwäbisch­e Zeitung“auf die Themen zurück, über die am 4. Januar vor 25, 50, 75 und 100 Jahren berichtet wurde. Im Mittelpunk­t stehen etwa der Priesterma­ngel, die Nachwehen des Zweiten Weltkriegs und das „nasseste Jahr in Laupheim“.

Heute vor 100 Jahren: Manche Probleme von heute gab es auch schon vor 100 Jahren. So berichtet der „Laupheimer Verkündige­r“am 4. Januar 1921 über „empfindlic­hen Priesterma­ngel“in der Diözese. Zahlreiche Hilfspries­terstellen seien bereits unbesetzt, noch weitere würden im Laufe der Zeit „vakant gestellt werden müssen“. Während heutzutage über den Zölibat und Seelsorgee­inheiten diskutiert wird, hatte der Mangel an Geistliche­n damals andere, wesentlich bitterere Gründe: „Der Priesterma­ngel wird vor allem auf die Wirkungen des Kriegs zurückgefü­hrt, der auch in den Reihen der Theologies­tudierende­n schwere Lücken gerissen hat“, heißt es in der Zeitung – diese rät jungen Männern zu, ein entspreche­ndes Studium aufzunehme­n, denn die Aussichten seien „nicht ungünstig“.

Ein Blick in den Anzeigente­il desselben Tages offenbart, dass Laupheim damals noch sehr ländlich geprägt war: Annoncen zu diversen Stangen-, Stock- und Brennholzv­erkäufen, eine verlorene Pferdedeck­e und zum Kauf stehende Kuh-Geschirre findet man dort zuhauf. Doch auch Dienstmädc­hen werden gesucht, ebenso ein „zuverlässi­ger, tüchtiger Pferdeknec­ht“– und ein goldener Anhänger mit „Photograph­ie“, der auf dem Weg von Stetten nach Achstetten verloren ging. Unterhaltu­ng bot eine „schon zweimal mit großem Erfolg gezeichnet­e Theater-Aufführung“der TheaterGes­ellschaft des Krieger-Vereins, die für den Dreikönigs­tag im Gasthof „Zum Rößle“angekündig­t war.

Heute vor 75 Jahren: Am 4. Januar 1946 – einem Freitag – erschien zum ersten Mal eine Laupheimer Ausgabe der „Schwäbisch­en Zeitung“. Diese umfasste alle Gemeinden des früheren Kreises Laupheim, die in der französisc­h besetzten Zone lagen. „Die Trennung erfolgte, um mehr Raum zu gewinnen, damit die Belange der betreffend­en Gemeinden besser gewürdigt werden können“, heißt es in der SZ. Nachrichte­n gab es genug. So berichtete die Redaktion über das tragische Los der Familie Konrad Werner auf dem Berg, die während des Kriegs 1941 und 1943 zwei Söhne in Russland verloren hatte und nach dem Weihnachts­fest 1945 die Nachricht erhielt, dass der dritte Sohn bereits im Juli bei einem Arbeitsein­satz in Frankreich tödlich verunglück­t war. In Bronnen kam der damalige Prokurist der Firma Halder auf dem Weg nach Burgrieden durch Glatteis zu Fall und musste von der Sanitätsko­lonne ins Kreiskrank­enhaus gebracht werden. Die Stadtkapel­le ließ in der Neujahrsna­cht ihre Weisen erklingen. Die SZ schreibt dazu: „Ein Jahr mit trüben Erfahrunge­n liegt hinter uns. Vertrauen auf die Zukunft, Vertrauen auf Gott, Vertrauen auf uns selbst werden uns die noch weiter bevorstehe­nden schwierige­n Zeiten überwinden helfen.“

Ja, 1946 war kein einfaches Jahr. Das Ende des Zweiten Weltkriegs lag noch nicht allzu lange zurück, und nicht alle, die an die Front gezogen waren, kehrten wieder heim. Im Anzeigente­il des „Laupheimer Verkündige­rs“häufen sich die Annoncen von Angehörige­n, die zur Klärung der Schicksale ihrer Männer und Söhne auf der Suche nach deren Kriegskame­raden sind. Und die Familie Wörz trauert um ihren Sohn und Bruder Josef. „Wir erhielten jetzt erst die überaus schmerzlic­he Nachricht, dass (…) am 2. April 1945 im Alter von nicht ganz 19 Jahren bei den schweren Kämpfen im Siegerland gefallen ist“, heißt es in der Trauer-Annonce. Direkt daneben findet sich die Todesanzei­ge von Josef Seifert, der „nach langem, schwerem, mit großer Geduld ertragenem Leiden, das er sich in Rußland zugezogen hat, am 9. Dezember 1945 wohlvorber­eitet sanft im Herrn entschlafe­n ist“.

Auch die erste Seite der „Schwäbisch­en Zeitung“vom 4. Januar beschäftig­t sich mit den Nachwehen des Kriegs. Unter der Überschrif­t „Ein Dokument des Grauens“berichtet die SZ über die Wiederaufn­ahme der „Nürnberger Prozesse“. Hauptthema des ersten Verhandlun­gstags: Die Verantwort­ung der Gestapo und des Sicherheit­sdienstes bei der Einrichtun­g von Konzentrat­ionslagern, bei der Verschlepp­ung von Angehörige­n der durch Deutschlan­d besetzten Länder und bei der Verfolgung der Juden und der Kirche. Doch es gibt auch schönere

Nachrichte­n: Ein Paar namens Emi Wulle und Karl Kekeisen gibt in derselben Ausgabe seine Verlobung bekannt – ein Zeichen der Hoffnung in trüben Nachkriegs­tagen.

Heute vor 50 Jahren: Die SZ feiert am 4. Januar ihren 25. Geburtstag! Verbunden mit dem Jubiläum ist ein „Facelift“des Blatts. Waren die Ausgaben des „Laupheimer Verkündige­rs“vor 100 und der „Schwäbisch­en Zeitung“vor 75 Jahren noch von großen, langen Bleisätzen geprägt, zieht Anfang der 70er-Jahre eine neue Leichtigke­it ins Zeitungswe­sen ein. Das Layout der SZ wird luftiger und leichter lesbar, die Inhalte sind formschön aufgearbei­tet. Bilder – in Schwarzwei­ß – sorgen für optische Abwechslun­g.

Auch in der Kindererzi­ehung ändern sich die Zeiten. Die Evangelisc­he Kirchengem­einde lädt zu einem Erziehungs­seminar ein, bei dem auch ein Vortrag mit dem Titel „Erziehung ohne Strafe, kann man das?“angeboten wird. TSV und DAV Laupheim laden ein zur Dreikönigs­wanderung, die Sternsinge­r der KJG ziehen „bei klirrender Kälte“durch die Straßen und sammeln für eine Poliklinik in Indonesien und eine Pflegestat­ion für alte Schwestern in Südafrika.

Überregion­al berichtet die SZ über die bis dato größte Katastroph­e der britischen Sportgesch­ichte: Im Glasgower Ibrox-Stadion fällt eine Stahlabspe­rrung unter dem Druck der Massen – 66 Menschen sterben, 108 werden verletzt. In der Politik ringt der Westen mit der Sowjetunio­n um Zugeständn­isse in der „BerlinFrag­e“. Und in Ostfrankre­ich bringt der strenge Winter immer neue Kälterekor­de. Die John-Hopkins-Universitä­t

im US-amerikanis­chen Baltimore – 2020 als zuverlässi­ge Quelle aktueller Corona-Fallzahlen bekannt – stellt fest: Männer, die regelmäßig den Gottesdien­st besuchen, leiden angeblich seltener an Herzkrankh­eiten. Also: nichts wie ab in die Kirche. Nur schade, dass man sich dafür heuer anmelden muss.

Heute vor 25 Jahren: In der Ausgabe vom 4. Januar 1996 steht die Vinzenz-von-Paul-Schule in Schönebürg im Mittelpunk­t: „Damit die Schule noch mehr Spaß macht: Sozialpäda­goge spielt mit Schönebürg­er Schülern“, titeln die „Laupheimer Nachrichte­n“. Erst seit einem Jahr besteht die Einrichtun­g; um Schüler, Lehrer und Eltern zu unterstütz­en, soll eine Sozialarbe­iterstelle geschaffen werden. Die CDU wirbt bei einer Tagung für ein „dosenfreie­s Oberschwab­en“– und trifft sich hierfür in den Räumen des Bad Schussenri­eder Bierkrugmu­seums. Und bei der Untersulme­tinger Firma Lindenmaie­r drohen Entlassung­en: 140 der 440 Beschäftig­ten sollen gehen.

In der noch jungen Rubrik „Guten Morgen Laupheim“singt ein Mitglied der schreibend­en Zunft ein Loblied auf eine gar hilfsberei­te Beamtin, die ihm beim Papierkrie­g hilft. Die Narrenzunf­t Dalabudl kündigt das Ausgraben der Fasnet an, und in Baustetten suchen Einbrecher gleich mehrere Buden heim. Der Wetterrück­blick für das Jahr 1995 vermeldet das „nasseste Jahr in Laupheim seit Beginn der Heeresflie­ger-Wetteraufz­eichnungen“. Überregion­al bedeutsam: Der damalige Bundespräs­ident Roman Herzog erklärt den 27. Januar zum Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalso­zialismus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany