Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bürger ärgern sich über Stromausfälle
In mehreren Neu-Ulmer Stadtteilen gingen allein im Dezember zwei Mal die Lichter aus, auch an Silvester
NEU-ULM - An Silvester ist es wieder passiert. Licht aus, WLAN weg, Fernseher, Kühlschrank und Herd aus. Es war bereits der dritte Stromausfall innerhalb eines Jahres in den NeuUlmer Stadtteilen Reutti, Holzschwang, Schwaighofen und Finningen. Etwa 500 Haushalte waren von der Störung betroffen. Für die meisten Anwohner war das ärgerlich. In manchen Fällen war der Stromausfall aber auch gefährlich, wie ein betroffener Bürger schilderte.
„Ich wurde beim dritten Stromausfall an Silvester während der medizinischen Versorgung eines Tieres im Stall überrascht und wäre in der Folge des Blackouts durch dieses Tier fast schwer verletzt worden“, berichtete der Pferdebesitzer. Er habe außerdem pflegebedürftige Eltern, die plötzlich zu Hause im Dunkeln gesessen seien und zu denen er rasch geeilt sei, um ihnen zu helfen. Der Neu-Ulmer fragte sich, wie es zu drei längeren Stromausfällen innerhalb weniger Monate kommen kann, und wandte sich verärgert an den Chef der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU), Klaus Eder.
Der bedauerte, dass es zu mehreren Ausfällen in den Stadtteilen gekommen sei. Die Fehlerursache habe nicht zufriedenstellend geklärt werden können. Die SWU müssten jedoch davon ausgehen, dass größere Vögel – Gänse oder Schwäne – vom nahe gelegenen Plessenteich in die Freileitung geflogen seien und dabei einen Kurzschluss ausgelöst hätten. Die 1250 Meter Freileitung seien nach jeder Störung abgelaufen und kontrolliert worden, wobei keine Ursache erkannt werden habe können. „Die Leitung läuft über freies Feld, deshalb konnte ein Fehler durch einen Baum oder Ast ausgeschlossen werden“, schrieb Klaus Eder an den Neu-Ulmer Bürger.
„In 90 Prozent aller Fälle können wir die Ursache konkret benennen“, erklärte SWU-Pressesprecher Sebastian Koch auf Anfrage. Zu den häufigsten Ursachen für einen
Stromausfall zählten Schäden durch Baustellen (etwa durch Baggerarbeiten), Kleintiere in elektrischen Anlagen, Sturm, Gewitter, Blitzschlag und Kabelschäden. „Da wir in den drei angesprochenen Unterbrechungen alle anderen Fälle ausschließen können, gehen wir davon aus, dass es sich um Vögel handelte, die einen Kurzschluss verursacht haben“, so Koch. Weil dies aber nicht sicher nachgewiesen werden konnte, steht in den drei Störungsmeldungen unter „Ursache“jeweils: „Konnte nicht gefunden werden.“
Im Geschäftsjahr 2019 haben die SWU eigenen Angaben zufolge mehr als 1400 Millionen Kilowattstunden Strom verteilt. Das städtische Tochterunternehmen unterhält ein Leitungsnetz mit einer Gesamtlänge von über 2900 Kilometern und liefert Strom an knapp 139 000 Stromzähler in Privathaushalten und bei Gewerbekunden. Wie viele Stromausfälle es voriges Jahr im SWU-Gebiet insgesamt gab, teilt das Unternehmen nicht mit. Begründung: Die absolute Zahl sei nicht aussagekräftig, da die Bandbreite sehr groß sei. Manche Stromausfälle dauerten nur Sekunden, andere mehrere Stunden. Manchmal seien nur einzelne Straßenzüge betroffen, manchmal ganze Stadtteile. Eine aussagekräftigere Messgröße sei der SAIDI-Wert, die Abkürzung steht für „System Average Interruption Duration Index“und gibt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung
pro Kunde innerhalb eines Kalenderjahres an.
2019 lag der Wert im SWU-Gebiet bei 10,16 Minuten. Der Durchschnittswert in Deutschland lag laut Bundesnetzagentur bei 12,20 Minuten. Auch Bayern (10,82) und BadenWürttemberg (13,37) lagen über dem Wert der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. In Berlin war im Durchschnitt jeder Kunde sogar 34 Minuten ohne Strom, in Bremen dagegen nur siebeneinhalb.
Die Ausfälle in den Neu-Ulmer Stadtteilen am 7. August, 7. Dezember und 31. Dezember dauerten jeweils etwa ein bis zwei Stunden. Ende Mai gab es außerdem in der Innenstadt einen Stromausfall, der durch einen Kurzschluss ausgelöst wurde. Etwa 1000 Haushalte waren eine halbe Stunde lang ohne Strom.
Handlungsbedarf in Sachen Stromversorgung sehen die SWU dennoch nicht. Die Ausfallzeit je Kunde von 10,16 Minuten sei im Deutschlandvergleich für sich genommen schon sehr gut. „In den von dem Beschwerdeführer angesprochenen Teilorten haben wir trotz der bedauerlichen Störungen in 2020 immer noch eine Versorgungssicherheit von 99,94 bis 99,96 Prozent“, erklärte SWU-Sprecher Sebastian Koch. „Darüber hinaus stehen unsere Spezialisten rund um die Uhr bereit, um schnell und engagiert Störungen zu beheben und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“