Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mit oder ohne Ausschüttung
Was thesaurierende und ausschüttende Fonds sind und wie sie besteuert werden
STUTTGART - Der Covid-19-Pandemie zum Trotz haben viele Anleger ihre Liebe zu Aktien entdeckt. Einer repräsentativen Verivox-Studie zufolge legen inzwischen 35 Prozent der Deutschen Geld in Aktien an, viele davon über Aktienfonds. Dabei haben die Anleger bei Fonds die Qual der Wahl. Vor ihrer Kaufentscheidung sollten sie sich vor allem über den Unterschied zwischen der ausschüttenden und der thesaurierenden Fondsvariante im Klaren sein.
Fonds, die Zinsen und Dividenden nicht an die Anleger ausschütten, sondern für eine automatische Wiederanlage der Erträge sorgen, nennt man thesaurierend. Anleger können hierbei über einen längeren Zeitraum ein Vermögen aufbauen und vom Zinseszinseffekt profitieren. Wer sich für thesaurierende Fonds entscheidet, will oft langfristig ein Vermögen aufbauen. Daher halten diese Anleger ihre Fondsanteile eher lange im Depot und verkaufen über mehrere Jahre keine Anteile. Anders ist es bei ausschüttenden Fonds, die Erträge aus Zinsen und Dividenden regelmäßig an die Anleger ausbezahlen. Wer mit der Anlage also sein Jahreseinkommen steigern möchte, für den können ausschüttende Fonds die richtige Wahl sein. Hier erhält der Sparer einmal im Jahr eine Überweisung auf sein Referenzkonto – je nachdem, wie erfolgreich der Fondsmanager ist.
Seit der Gesetzgeber das Investmentsteuergesetz (InvStG) 2018 überarbeitet hat, wurde nicht nur die Versteuerung der Erträge aus Fondsanteilen vereinfacht. Auch die unterschiedliche Besteuerung von Investmentfonds und passiv gemanagten ETFs (Exchange Traded Funds) wurde angeglichen. So fällt für die Erträge aus einem Fonds oder ETF Abgeltungssteuer an, die 26,375 Prozent inklusive Solidaritätszuschlag (Soli) und der neu eingeführten Vorabpauschale beträgt. Zu der Abgeltungssteuer kann noch Kirchensteuer hinzukommen. Es spielt für die Versteuerung keine Rolle, ob der Fonds im Inland oder im Ausland angesiedelt ist und ob er Zinsen und Dividenden ausschüttet oder thesauriert.
Die Anleger versteuern inzwischen auch jeden ETF auf dieselbe Weise – unabhängig davon, um welchen Typ von ETF es sich handelt. Wichtiger Unterschied: „Die Besteuerung bei ausschüttenden ETFs erfolgt bei der Ausschüttung sofort durch die Depotbank“, erläutert Dominique Riedl von dem Stuttgarter Anlageprotal JustETF. Dasselbe gilt für Fonds. Bei thesaurierenden ETFs und Fonds wird dagegen von der Depotbank zum Jahresbeginn ein äquivalenter Betrag basierend auf der sogenannten Vorabpauschale vom Konto abgebucht, da es keinen Geldfluss gibt.
Bei dieser Vorabpauschale hatte das neue Jahr für Fondsanleger eine kleine Überraschung parat. Die Deutsche Bundesbank hat für die Berechnung der Vorabpauschale erstmals einen negativen Basiszins veröffentlicht. Weil die Pauschale damit entfällt, bleiben laufende Erträge aus thesaurierenden Fonds, die 2021 erzielt werden, im kommenden Jahr komplett steuerfrei. Die Vorabpauschale sorgt dafür, dass ein Steuerstundungseffekt, der bei Fonds (auch bei ETFs) auftreten kann, vermieden wird. Dadurch werden die Steuerzahlungen möglichst gleichmäßig über die Jahre der Haltedauer verteilt und fallen nicht geballt beim Verkauf der Fondsanteile an.
Seit Einführung der neuen Regelungen wird nicht nur der Anleger, sondern auch der Fonds besteuert. Daher müssen inzwischen deutsche Fonds auf bestimmte Erträge Körperschaftssteuer
in Höhe von 15 Prozent zahlen. Dies gilt für Dividenden, Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien, falls die Einkünfte aus Deutschland stammen.
Damit behandelt der Gesetzgeber deutsche und ausländische Fonds im Hinblick auf deren Einkünfte aus Deutschland steuerlich gleich. Für die Besteuerung der Fonds erhalten Anleger einen Ausgleich: So werden Ausschüttungen und Verkaufsgewinne auf Anlegerebene teilweise freigestellt. Bei reinen Aktienfonds beispielsweise sind es 30 Prozent. Bei Mischfonds, die mindestens 51 Prozent in Aktien anlegen, bleiben ebenfalls 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei. Unterm Strich sorgt das Investmentsteuergesetz damit für eine steuerliche Angleichung sämtlicher Fondsvarianten, sodass Anleger sich auf die Frage konzentrieren können: Soll ich nun in ausschüttende oder thesaurierende Fonds beziehungswiese ETFs investieren?