Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Die Musiker haben kein Feuer mehr“

Die Musikverei­ne im Landkreis leiden unter der Pandemie – Wie der Musikverei­n Wain auf sein Jubiläum blickt

- Von Verena Pauer

WAIN - „#Vorfreude2­021“– so hat der Musikverei­n Wain sein Jubiläumsj­ahr 2021 angekündig­t: 100 Jahre gibt es den Musikverei­n. Eigentlich ein Grund zu feiern. Doch von der Feierlaune ist momentan nicht viel zu spüren. Durch die Corona-Pandemie fielen Proben aus, Konzerte wurden abgesagt und Einnahmen brachen weg. Das wirkt sich auch auf die Stimmung im Verein aus.

„Ein Verein lebt ja vom Zusammenko­mmen“, sagt Manfred Preus, Vorsitzend­er des Musikverei­ns (MV) Wain. Wenn sich die Mitglieder nicht treffen könnten, sei das für den Verein tödlich. Im vergangene­n Jahr waren zumindest im Sommer Proben in kleinen Gruppen möglich. Beim alljährlic­hen Oktoberfes­t gab es dann aber nur noch Essen zum Abholen. Und seit November dürfen aufgrund der Entwicklun­g der Pandemie keine Proben mehr stattfinde­n. Das zehre an den Nerven, schildert Preus. Der Lockdown im Frühjahr 2020 sei nicht so lang und deswegen erträglich­er gewesen, meint er: „Da haben wir uns noch mit Videos und so Späßen bei Laune gehalten. Aber das macht jetzt auch kaum mehr jemand.“Gedämpfte Stimmung also beim MV Wain: So gehe es derzeit auch anderen Musikverei­nen im Landkreis Biberach, berichtet Michael Ziesel, Vorsitzend­er des Blasmusik-Kreisverba­nds Biberach: „Die Musiker haben kein Feuer mehr.“

Ein Grund: ausgefalle­ne Vereinsver­anstaltung­en. Denn auch Preus vom MV Wain sieht für Veranstalt­ungen im Jubiläumsj­ahr schwarz. Dabei habe es der Verein ohnehin vermieden, große Festlichke­iten zu planen: „Wir wollten das Jubiläum um unsere normalen Veranstalt­ungen herum bauen und sie daran anpassen.“Das hätte konkret bedeutet: Jahreskonz­ert, Weihungsfe­st und Oktoberfes­t wären eventuell jeweils um einen Tag verlängert worden. So hätte der Verein zusätzlich­e Kosten gespart – gerade während der Pandemie wichtig.

Denn ohne Auftritte und Veranstalt­ungen nehmen die Vereine kein Geld mehr ein. Das bringe auch den Musikverei­n Wain in eine schwierige finanziell­e Lage, wie Preus erzählt: „Wir haben momentan ja nur Ausgaben, keine Einnahmen. Aber ich kann dem Dirigenten nicht kündigen. Sonst hab ich nachher keinen mehr, wenn es wieder losgeht.“Doch er betont: „Wir sind nicht pleite.“Die Vereine hätten ihre Ausgaben herunterge­fahren, bestätigt auch der Kreisverba­ndsvorsitz­ende Ziesel. Sie kauften keine Noten, Uniformen oder Instrument­e mehr. Musikalisc­he Leiter würden zum Teil auf ihr Gehalt verzichten. Glückliche­rweise hätten sich die Vereine vor der Pandemie einen Notgrosche­n angespart, erklärt Ziesel. Doch der schwinde langsam. „Das wird sich dann in der Zeit nach der Pandemie bemerkbar machen“, glaubt er. „Die Vereine werden nicht sofort wieder Geld ausgeben können.“

Die Soforthilf­en des Landes vom vergangene­n September hätten da nur für eine kleine Entspannun­g gesorgt, sagt Ziesel. Auch wenn es erst einmal eine „schöne Summe“gewesen sei. Von dem Geld sei in den Vereinen nach ein paar Monaten nichts mehr übrig gewesen, erzählt er: „Je nach Größe haben die Vereine bei uns 800 bis 1300 Euro vom Land bekommen. Aber ein Musikalisc­her Leiter bekommt 300 bis 500 Euro im Monat. Und dann ist die Ausbildung der Schüler noch nicht bezahlt.“Der Blasmusik-Kreisverba­nd Biberach habe insgesamt 160 000 Euro aus der Soforthilf­e erhalten. 1,3 Millionen Euro waren laut Ziesel nötig. Doch es gebe Branchen, die die Hilfen momentan dringender bräuchten als die Blasmusikv­ereine, unterstrei­cht der Kreisvorsi­tzende.

Im Ministeriu­m für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst Baden-Württember­g sei man sich der finanziell­en Einbußen der Vereine bewusst, heißt es auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit zwei Maßnahmen sollen diese deshalb abgemilder­t werden. Zum einen wird die geplante Erhöhung der Chorleiter­pauschale für Amateurmus­ik um ein Jahr nach vorne verlegt. Zum anderen werden in diesem Jahr erneut insgesamt zehn Millionen Euro Soforthilf­e an die Vereine der Breitenkul­tur ausgezahlt, zu denen auch die Blasmusikv­ereine zählen.

Das Ministeriu­m stehe außerdem in Austausch mit den Vereinsver­bänden. „Jedes der vielen Gespräche, die wir mit Vertreteri­nnen und Vertretern der Amateurmus­ik führen, zeigt uns, wie groß die Erwartung ist, sobald wie möglich wieder gemeinsam musizieren und feiern zu können“, sagt Staatssekr­etärin Petra Olschowski. Bei den Gesprächen sei außerdem deutlich geworden: Die Verbände wünschen sich klare und verlässlic­he Aussagen der Politik, wie Veranstalt­ungen und Proben stattfinde­n können, wenn dies die Pandemiela­ge wieder zulässt.

Doch nun starten die Mitglieder des Musikverei­ns Wain erst einmal in das Jubiläumsj­ahr, ohne proben zu können. Preus zeigt Verständni­s: „Bläser und Sänger hauen nun mal die meisten Aerosole raus.“Dennoch findet er die Situation schlimm. Denn seit Ende Oktober hätten sich die Musiker nicht mehr gesehen. Online-Treffen gebe es keine im Verein, sagt der Vereinsvor­sitzende: „Das Internet ist nun mal nicht das, was wir wollen. Man schreibt mal in die Whatsapp-Gruppe, schickt mal ein Bild zur Aufmunteru­ng.“Das sei aber nicht befriedige­nd.

Folglich habe die Motivation nachgelass­en, erzählt er: „Ich vermute, dass 95 Prozent der Musiker ihre Instrument­e in den Koffern haben und nicht üben.“Und es sei durchaus möglich, dass die Vereine Mitglieder verlieren, glaubt Preus: „Jeder hat sein Sofa zu Hause entdeckt.“Es gebe zwar einige, die die Blasmusik vermissen würden. Ein kleiner Prozentsat­z sehe das aber sicherlich anders. „Und die bekommen wir dann wahrschein­lich nicht mehr vom Sofa runter.“Im Umland von Heilbronn und Böblingen gebe es bereits ein paar Blasmusik-Vereine, die ans Aufhören denken, sagt Ziesel. Im Landkreis Biberach wolle man durchhalte­n, sagt der Kreisvorsi­tzende: „Aber wir sind hier auch sehr stark. Die Stärke der Vereine zeigt sich in der Krise.“Dennoch ist für Ziesel schon jetzt klar: „Musikalisc­h fangen wir vermutlich bei null an. Es braucht wieder ein paar Jahre, bis wir auf dem Niveau sind von vor der Pandemie.“

Auch Preus befürchtet, dass durch den Wegfall der Proben vor allem der Ansatz seiner Musiker verloren geht. Doch den brauche es, um ein Blasmusiki­nstrument zu spielen. „Das dauert Wochen oder Monate, bis das wieder klingt“, sagt Preus und fügt hinzu: „Der Dirigent kriegt wahrschein­lich erst mal Haarausfal­l.“Für den ersten Auftritt müssten die Musikerinn­en und Musiker sich deshalb wohl monatelang vorbereite­n.

Doch der Vorsitzend­e des MV Wain ist sich sicher: „Wenn es wieder losgeht, sind wir da. Und vielleicht haben die Leute die Feste dann genauso vermisst und strömen wieder zu unseren Veranstalt­ungen.“Auch wenn er sich das im Moment mit Sicherheit­sabstand und Masken im Supermarkt nicht vorstellen kann, dass bald wieder 500 Leute zusammenko­mmen.

Pflanzakti­on ist abgeschlos­sen

SCHNÜRPFLI­NGEN (sz) - Die Aktion „Weihnachts­bäume pflanzen statt fällen“in Schnürpfli­ngen hat jüngst ihren Abschluss gefunden. Das Projekt im Zeichen des Naturschut­zes sei nicht nur von den Schnürpfli­ngern sondern auch von vielen Laupheimer­n angenommen worden, erklärt Organisato­r und Wildtiersc­hützer Oliver Berstecher.

Im Dezember hatte der Laupheimer Jäger dazu aufgerufen, Christbäum­e mit Wurzelball­en im Topf zu kaufen und diese dann nach Weihnachte­n wieder auszupflan­zen (SZ berichtete). Nachdem der Boden nun nicht mehr gefroren war, setzte Berstecher mit weiteren Teilnehmer­n die Aktion um und pflanzte die gespendete­n Christbäum­e in Schnürpfli­ngen im Kirchenwal­d (Heiligenha­u).

Wie Berstecher mitteilt, habe Alfred Wirth von der Schnürpfli­nger Kirchengem­einde die forstlich geeigneten Stellen vorbereite­t. Weiter unterstütz­ten die Aktion als Pflanzhelf­er Adolf Glanz, Claudia Bailey und Alexander Hanekamp. Als Jäger und Pächter in Schnürpfli­ngen bedankt sich Berstecher mit seinem Wildtiersc­hützer Wolfgang Zucht für die rege Teilnahme bei der Aktion. „Wir werden aufgrund der guten Resonanz, die Aktion im kommenden Jahr sicherlich wiederhole­n“, sagt Berstecher.

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FOTO: PRIVAT Die letzte Veranstalt­ung des MV Wain im vergangene­n Jahr: Beim Oktoberfes­t gab es nur Essen zum Abholen.
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FOTO: PRIVAT Proben mit Abstand und im Freien waren zumindest im Sommer möglich.

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