Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Händler fordern Masterplan für Öffnung
Der „Waldseer Appell“zielt auf Gerechtigkeit im Handel ab
BAD WALDSEE - Zehn Waldseer Einzelhändler und Gastronomen haben am Wochenende einen Masterplan für die Öffnung der Ladengeschäfte und Restaurants sowie Gerechtigkeit im Handel eingefordert. Vor dem „Zweirad Center“im Gewerbegebiet Wasserstall haben die Betroffenen um Initiator Rolf Weggenmann dem Landtagsabgeordneten Raimund Haser (CDU) die Dramatik der aktuellen Situation aufgezeigt und sich für eine verbindliche Strategie der Politik stark gemacht.
„Es ist höchste Zeit, dass sich etwas bewegt. Der Handel hat einfach keine Lobby“, erklärt Gabriele Schwarz vom gleichnamigen Modehaus in Bad Waldsee ihre Teilnahme an der Aktion und hebt eine Intention der Veranstaltung hervor: „Wir wollen einen Fahrplan, wann endlich geöffnet werden kann. Wir wissen nicht, was die Politik vorhat und bekommen keine Informationen.“Diese Perspektivlosigkeit zehrt an den Nerven. Vor allem, weil den Einzelhändlern und Gastronomen die finanzielle Situation immer mehr zu schaffen macht.
Die Fixkosten, wie Strom und Miete, müssen bezahlt werden, während die Einnahmen ausbleiben. Die Soforthilfen stocken oder kommen für die Betroffenen erst gar nicht infrage, weil sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen. „Ich hatte ein gutes finanzielles Polster, aber das schwindet dahin wie der Schnee in der Sonne“, zeigt Schwarz die Tragweite des anhaltenden Lockdowns auf und so wird deutlich, dass die Betroffenen mit dem Rücken zur Wand stehen. Auch die Lieferanten wollen wissen, wann sie die Frühjahrsmode ausliefern können. Deren Lager sind übervoll.
Und so haben die teilnehmenden Einzelhändler, Dienstleister, Hoteliers und Gastronomen – darunter Golfresort-Leiter Sascha Binoth, Geschäftsmann Andreas Geyer und Gastronom Horst Schmidt – einen „Waldseer Appell“formuliert. Neben der verbindlichen Planung der Öffnung fordern sie Gerechtigkeit im Handel ein. Schließlich dürfen Discounter
und Großmärkte ein breites Sortiment verkaufen – das dem der Einzelhändler ähnelt, aber dort aufgrund der verordneten Schließung nicht direkt verkauft werden kann. Darüber hinaus machen sich die Waldseer für ein schnelles Impfen und ausreichende Tests stark sowie für technische Lösungen für die Luftreinhaltung in Räumen.
Des Weiteren nehmen die Einzelhändler und Gastronomen auch die Gesellschaft in die Pflicht und appellieren an ein Verständnis für die geltenden Regeln und Bestimmungen. Die Vorschriften sollen eingehalten und nicht nach Lücken gesucht werden. Die Händler weisen darauf hin, dass sie sicherer und kontrollierter agieren könnten als Discounter und Großmärkte und Kunden mit Terminen individuell und sicher beraten würden. Nicht zuletzt könnten sie die Nachverfolgung sicherstellen und die Behörden unterstützen.
Wie Raimund Haser am Montag im SZ-Gespräch berichtet, hat er die rund zweistündige Veranstaltung als „wertvollen Impuls in die Fraktionssitzung am Montagmorgen mitgenommen und dort zur Diskussion gestellt“. Hierbei geht es auch um Vorgespräche zur entscheidenden Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch.
„Dem Handel helfen keine Inzidenzzahlen, der Handel braucht ein Datum. Ein Datum, an dem Ware bestellt werden kann, ein Datum, an dem der Laden geöffnet werden kann“, zeigt Haser Verständnis für die Situation der Geschäftsleute. Und eben jene Rückmeldungen der direkt Betroffenen habe er in der Fraktionssitzung vorgebracht. „Die Entscheidungen über die CoronaVerordnungen sind immer ein Kompromiss und dazu muss man gemeinsam stehen. Aber im Vorfeld kann und muss man solche Reaktionen weitergeben.“
Auch die Industrie- und Handelskammer
Bodensee-Oberschwaben (IHK) und Hauptgeschäftsführer Peter Jany melden sich zu diesem Thema zu Wort: „Die behördlich angeordneten Geschäftsschließungen von Einzelhandelsbetrieben haben zu Wettbewerbsverzerrungen geführt. Kurzfristig ist das sicher zu vertreten, jedoch dauert dieser Zustand nun schon viele Wochen an und so schwinden Akzeptanz und Verständnis für die Maßnahmen bei den Inhabern der geschlossenen Geschäfte, denen zunehmend die wirtschaftliche Perspektive fehlt.“Etliche unternehmerische Existenzen seien gefährdet, Perspektiven werden benötigt. Daher ist laut IHK eine bloße Verlängerung der CoronaMaßnahmen kaum vermittelbar. Auf Grundlage der bewährten Hygienekonzepte müsse stufenweise die Rückkehr zu einem geordneten Geschäftsbetrieb ermöglicht werden. Auf dem Weg dorthin könnten Einzeltermine eine Hilfe sein.