Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die bewegte Geschichte der hiesigen Braukultur

Jürgen Ott hat ein Buch über die Geschichte der Brauerei Ott und das Obere Bräuhaus herausgege­ben

- Von Katrin Bölstler

BAD SCHUSSENRI­ED - Untrennbar ist der Name der Stadt Bad Schussenri­ed mit der Schussenri­eder Brauerei verbunden. Brauereibe­sitzer Jürgen Ott hat nun in Zusammenar­beit mit dem Lokalhisto­riker Walter Hermanutz und dem Schussenri­eder Gerhard-Hess-Verlag ein Buch über die Braukultur in Oberschwab­en herausgege­ben.

Das Buch trägt den Titel „Schussenri­eder – Braukultur in Oberschwab­en am Beispiel vom Oberen Bräuhaus und der Brauerei Ott“. Darin erfährt der Leser viel darüber, warum es um die Jahrhunder­twende noch viel mehr große und kleine Brauereien im Raum BodenseeOb­erschwaben gab und wie sich das Brauereiwe­sen seit dem Mittelalte­r verändert hat.

Jürgen Ott sagt, er habe lange gezögert, sich an einem solchen Buchprojek­t zu beteiligen, da er sich nicht gerne in den Vordergrun­d stelle. In dem Buch gehe es daher auch nicht um ihn, sondern allein um die bewegte Geschichte seiner Familie, um das Obere Bräuhaus – die einstige zweite Brauerei im Ort – und den damit verbundene­n gesellscha­ftlichen Wandel.

Das Buch beginnt seine Reise im Mittelalte­r, als es nur den Klöstern gestattet war, Bier zu brauen. Auch wenn der Fokus stets auf der Braukunst liegt, erfährt der Leser in diesem und en folgenden Kapiteln viel über die Geschichte Schussenri­eds und Oberschwab­ens. Jeder Wendepunkt in der Geschichte der beiden Brauereien ist zugleich ein wichtiger Moment der Geschichte der Region. Anhand der akribische­n Recherche der Beteiligte­n lässt sich nachvollzi­ehen, wie das Kloster zum Beispiel nach der Säkularisi­erung weiter genutzt wurde und wie Schussenri­ed sich dadurch veränderte.

Viele Jahre war in Bad Schussenri­ed das Obere Bräuhaus das einzige Gasthaus. Im Laufe der Jahre wechselte es oft den Besitzer, es brannte mehrfach und doch ging es immer irgendwie weiter. 1921 übernahm Paul Jans die Gaststätte und gründete im gleichen Jahr den Schussenri­eder Fußballver­ein mit und bot ihm wie auch den Schützen im Ort im Oberen Bräuhaus eine Heimat. Auf mehreren Seiten erklären die Autoren, warum die Gaststätte dennoch 1975 ihr letztes Bier ausschenkt­e.

1906 beginnt die Geschichte der Familie Ott in Bad Schussenri­ed. In diesem Jahr erwarb der Braumeiste­r Josef Ott die Gastwirtsc­haft und die Brauerei Krone. Detaillier­t wird im Buch erzählt, welchen Herausford­erungen der Braumeiste­r erster Generation begegnete. So musste er beispielsw­eise vor dem Ersten Weltkrieg 1913 sein Fahrzeug an die Behörden abgeben. Und er musste lange Zeit 15 Prozent seines gebrauten Biers an das Militär abliefern. Während der

Kriegsjahr­e 1917/1918 durfte wegen der knappen Gerste nur Dünnbier hergestell­t werden, was manchen echten Biertrinke­r hart traf. Anstatt der heute üblichen 13 Prozent durften nur zwei Prozent an Stammwürze verwendet werden, was den Geschmack erheblich beeinträch­tigte.

Die zweite Generation, Erwin und Brunhilde Ott, setzte nach den Weltkriege­n auf die Modernisie­rung des Betriebs und auf neue Techniken und Verfahren in der Kunst des Bierbrauen­s. Überrasche­nd früh gab Erwin

Ott die Zügel dann aber aus der Hand. Jürgen Ott war gerade 25 Jahre alt, als sein Vater ihm die Leitung des Unternehme­ns anvertraut­e. Der junge Braumeiste­r wollte eigentlich auswandern, er hatte ein Angebot für eine Stelle im amerikanis­chen Milwaukee erhalten. Da sein Vater aber über schlechte Gesundheit klagte, blieb er zu Hause und übernahm den elterliche­n Betrieb. Die gesundheit­lichen Probleme schienen dann jedoch nicht ganz so gravierend, denn sein Vater, erinnert sich Jürgen Ott im Buch, sei in den darauffolg­enden Jahren Mitglied in 48 Vereinen gewesen und habe noch viele Jahre lang das Leben in vollen Zügen genossen.

Unter der Führung von Jürgen Ott setzte das Unternehme­n im Laufe der Jahre immer stärker darauf, sich als regionale Marke zu etablieren, indem die Brauerei sich und seine Produkte in der Öffentlich­keit immer wieder in Szene setzte. So gründete Ott zusammen mit Franz Mayerföls 1985 den Fuhrmannst­ag und wenige Jahre später den Josefstag. Beide Ereignisse sind heute fest im Schussenri­eder Kulturkale­nder verankert. Über die Jahre hinweg kamen weitere Events wie das Oktoberfes­t oder der Ostereierm­arkt hinzu. Das Bierkrugmu­seum eröffnete 1994. Die Biermarke „Schussenri­eder“wurde so immer mehr mit der Erlebnisbr­auerei verknüpft. Heute führt der 77-jährige Jürgen Ott das Unternehme­n mit seinem Sohn Michael Ott. Ob die nächste Generation, Manuel und Daniel Ott, ebenfalls vorhat, diesen Weg einzuschla­gen, ist der Redaktion nicht bekannt.

Das Buch

ist beim Gerhard-Hess-Verlag erschienen und kostet 14,99 Euro.

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FOTO: KATRIN BÖLSTLER Jürgen Ott hat, unterstütz­t durch den Historiker Walter Hermanutz und den Verleger Horst Wörner, seine Erinnerung­en aufgeschri­eben.

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