Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die bewegte Geschichte der hiesigen Braukultur
Jürgen Ott hat ein Buch über die Geschichte der Brauerei Ott und das Obere Bräuhaus herausgegeben
BAD SCHUSSENRIED - Untrennbar ist der Name der Stadt Bad Schussenried mit der Schussenrieder Brauerei verbunden. Brauereibesitzer Jürgen Ott hat nun in Zusammenarbeit mit dem Lokalhistoriker Walter Hermanutz und dem Schussenrieder Gerhard-Hess-Verlag ein Buch über die Braukultur in Oberschwaben herausgegeben.
Das Buch trägt den Titel „Schussenrieder – Braukultur in Oberschwaben am Beispiel vom Oberen Bräuhaus und der Brauerei Ott“. Darin erfährt der Leser viel darüber, warum es um die Jahrhundertwende noch viel mehr große und kleine Brauereien im Raum BodenseeOberschwaben gab und wie sich das Brauereiwesen seit dem Mittelalter verändert hat.
Jürgen Ott sagt, er habe lange gezögert, sich an einem solchen Buchprojekt zu beteiligen, da er sich nicht gerne in den Vordergrund stelle. In dem Buch gehe es daher auch nicht um ihn, sondern allein um die bewegte Geschichte seiner Familie, um das Obere Bräuhaus – die einstige zweite Brauerei im Ort – und den damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel.
Das Buch beginnt seine Reise im Mittelalter, als es nur den Klöstern gestattet war, Bier zu brauen. Auch wenn der Fokus stets auf der Braukunst liegt, erfährt der Leser in diesem und en folgenden Kapiteln viel über die Geschichte Schussenrieds und Oberschwabens. Jeder Wendepunkt in der Geschichte der beiden Brauereien ist zugleich ein wichtiger Moment der Geschichte der Region. Anhand der akribischen Recherche der Beteiligten lässt sich nachvollziehen, wie das Kloster zum Beispiel nach der Säkularisierung weiter genutzt wurde und wie Schussenried sich dadurch veränderte.
Viele Jahre war in Bad Schussenried das Obere Bräuhaus das einzige Gasthaus. Im Laufe der Jahre wechselte es oft den Besitzer, es brannte mehrfach und doch ging es immer irgendwie weiter. 1921 übernahm Paul Jans die Gaststätte und gründete im gleichen Jahr den Schussenrieder Fußballverein mit und bot ihm wie auch den Schützen im Ort im Oberen Bräuhaus eine Heimat. Auf mehreren Seiten erklären die Autoren, warum die Gaststätte dennoch 1975 ihr letztes Bier ausschenkte.
1906 beginnt die Geschichte der Familie Ott in Bad Schussenried. In diesem Jahr erwarb der Braumeister Josef Ott die Gastwirtschaft und die Brauerei Krone. Detailliert wird im Buch erzählt, welchen Herausforderungen der Braumeister erster Generation begegnete. So musste er beispielsweise vor dem Ersten Weltkrieg 1913 sein Fahrzeug an die Behörden abgeben. Und er musste lange Zeit 15 Prozent seines gebrauten Biers an das Militär abliefern. Während der
Kriegsjahre 1917/1918 durfte wegen der knappen Gerste nur Dünnbier hergestellt werden, was manchen echten Biertrinker hart traf. Anstatt der heute üblichen 13 Prozent durften nur zwei Prozent an Stammwürze verwendet werden, was den Geschmack erheblich beeinträchtigte.
Die zweite Generation, Erwin und Brunhilde Ott, setzte nach den Weltkriegen auf die Modernisierung des Betriebs und auf neue Techniken und Verfahren in der Kunst des Bierbrauens. Überraschend früh gab Erwin
Ott die Zügel dann aber aus der Hand. Jürgen Ott war gerade 25 Jahre alt, als sein Vater ihm die Leitung des Unternehmens anvertraute. Der junge Braumeister wollte eigentlich auswandern, er hatte ein Angebot für eine Stelle im amerikanischen Milwaukee erhalten. Da sein Vater aber über schlechte Gesundheit klagte, blieb er zu Hause und übernahm den elterlichen Betrieb. Die gesundheitlichen Probleme schienen dann jedoch nicht ganz so gravierend, denn sein Vater, erinnert sich Jürgen Ott im Buch, sei in den darauffolgenden Jahren Mitglied in 48 Vereinen gewesen und habe noch viele Jahre lang das Leben in vollen Zügen genossen.
Unter der Führung von Jürgen Ott setzte das Unternehmen im Laufe der Jahre immer stärker darauf, sich als regionale Marke zu etablieren, indem die Brauerei sich und seine Produkte in der Öffentlichkeit immer wieder in Szene setzte. So gründete Ott zusammen mit Franz Mayerföls 1985 den Fuhrmannstag und wenige Jahre später den Josefstag. Beide Ereignisse sind heute fest im Schussenrieder Kulturkalender verankert. Über die Jahre hinweg kamen weitere Events wie das Oktoberfest oder der Ostereiermarkt hinzu. Das Bierkrugmuseum eröffnete 1994. Die Biermarke „Schussenrieder“wurde so immer mehr mit der Erlebnisbrauerei verknüpft. Heute führt der 77-jährige Jürgen Ott das Unternehmen mit seinem Sohn Michael Ott. Ob die nächste Generation, Manuel und Daniel Ott, ebenfalls vorhat, diesen Weg einzuschlagen, ist der Redaktion nicht bekannt.
Das Buch
ist beim Gerhard-Hess-Verlag erschienen und kostet 14,99 Euro.