Schwäbische Zeitung (Laupheim)

So läuft der Wahlkampf in Pandemie-Zeiten

Landtagska­ndidaten müssen sich während der Corona-Krise neue Konzepte überlegen

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BIBERACH - Die Landtagswa­hl am 14. März rückt immer weiter in den Blickpunkt. Doch einen Wahlkampf, wie er bisher stattgefun­den hat, wird es in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht geben. Es sind keine direkten Kontakte mit den Bürgerinne­n und Bürgern möglich. Wie die Kandidatin­nen und Kandidaten des Wahlkreise­s Biberach dennoch auf ihre Themen aufmerksam machen wollen, die SZ hat bei Thomas Dörflinger, Robert Wiest, Volker Körner, Bettina Weinrich, Hildegard Ostermeyer und Ralph Heidenreic­h nachgefrag­t. Hier ein Überblick, wie die sechs Kandidatin­nen und Kandidaten in den Wahlkampf gestartet sind und wie sie die Wählerinne­n und Wähler ohne Präsenzver­anstaltung­en in Hallen, Gaststätte­n oder Märkten erreichen wollen.

Unter dem Motto „Direkt. Dynamisch. Dörflinger.“macht

auf sich aufmerksam. 2016 hatte er bei der Landtagswa­hl das Direktmand­at erobert. Doch in Zeiten der Pandemie ist alles anders als vor vier Jahren. „Der direkte Kontakt leidet gerade und das vermisse ich sehr“, sagt Thomas Dörflinger. „Über Online-Videokonfe­renzen und andere Formate ist es möglich, viele Menschen zu erreichen. Das nutze ich natürlich ausgiebig, aber es ersetzt nie den persönlich­en Kontakt, der mir immer sehr wichtig ist.“

Durch die Plakate an den Straßenlat­ernen sei erkennbar, dass die Landtagswa­hl näher rücke. „Und dennoch ist für mich die Wahl gefühlt noch weit weg“, so der CDUKandida­t. „Täglich kommen viele Menschen mit ihren ganz unterschie­dlichen Problemen und Fragen auf mich zu. Da bleibt für Wahlkampf, wie wir ihn kennen, kaum Zeit.“2016 standen Haustürbes­uche, Marktständ­e und Präsenzver­anstaltung­en im Mittelpunk­t. Dies ist aktuell nicht möglich, deshalb könne der Wahlkampf 2016 mit dem Wahlkampf 2021 nicht verglichen werden. 2016 habe Dörflinger sich ausschließ­lich auf den Wahlkampf konzentrie­rt: „Dies ist 2021 definitiv nicht möglich. Die Menschen erwarten völlig zu Recht von ihrem Abgeordnet­en, dass er gerade jetzt für sie da ist und nicht nur auf Wahlkampft­erminen unterwegs ist.“

Die CDU werbe dennoch mit Plakaten und größeren Bannern, ein Wahlprospe­kt soll folgen und auch ganz klassische Anzeigen. Daneben finden viele Veranstalt­ungen auch digital statt. „In Corona-Zeiten verlagert sich eben ein nicht unerheblic­her

Dörflinger (CDU) Thomas

Teil des Wahlkampfe­s von den Festsälen in die sozialen Medien“, so Dörflinger. Das sei definitiv eine Herausford­erung: „Es macht aber auch Spaß, neue Dinge auszuprobi­eren und es sind grundsätzl­ich deutlich mehr Termine möglich.“

Robert Wiest (Grüne)

Für steht eines fest: „Wahlkampf in CoronaZeit­en ist anders. Wir nutzen intensiv digitale Kanäle wie Instagram, Facebook und Youtube.“Auch seine persönlich­e Homepage spiele dabei eine wichtige Rolle. Zusätzlich runden digitale Veranstalt­ungen den Wahlkampf der Grünen ab. „Als Student der Forstwirts­chaft lege ich hierbei meinen Fokus auf Themen wie Umweltschu­tz, unsere Wälder und Moore in Oberschwab­en oder Klimapolit­ik. Gerade Letztere werden mittlerwei­le sehr gut angenommen“, so Robert Wiest. „Wir durften bis zu 85 Teilnehmer begrüßen, die sich direkt und persönlich mit spannenden Gästen und Rednerinne­n und Rednern aus Parlamente­n, Verbänden und der Wirtschaft austausche­n konnten.“Einen persönlich­en Eindruck von Robert Wiests Ansichten und seiner Person erhalten interessie­rte Wähler über kurze Videoseque­nzen, die online geteilt werden. „Anders als unsere Mitbewerbe­r, insbesonde­re die CDU, setzen wir bewusst auf weniger Wahlplakat­e – diese gehören zwar auch zum Wahlkampf dazu, werden aber immer mehr als störend empfunden“, so Wiest.

Aktuell plakatiert die AfD ihren Wahlkreis und geht auch mit ihrem Info-Stand auf die Wochenmärk­te. „Dort gibt es natürlich besondere Vorgaben einzuhalte­n, aber ich finde es wichtig, vor Ort präsent zu sein“, sagt „Parallel dazu verteilen wir Flyer in den Gemeinden, da die große Kundenfreq­uenz an den Info-Ständen nicht zu erwarten ist. Die Menschen sind verängstig­t und bleiben zu Hause.“So könnten sich die Wählerinne­n und Wähler zumindest über die Flyer in aller Ruhe informiere­n.

Des Weiteren nimmt der AfDKandida­t auch an diversen Onlinevera­nstaltunge­n teil: „Hierbei sind natürlich die Live-Varianten noch spannender als die Aufzeichnu­ngen, über die ich natürlich auch dankbar bin. Solche Formate sind in dieser

Volker Körner (AfD).

Zeit wohl die beste Möglichkei­t – obwohl online – um mit den Menschen direkt in Kontakt zu kommen.“Außerdem veranstalt­et die AfD auch Online-Stammtisch­e, um auch so den Kontakt aufrechtzu­erhalten und weiter zu pflegen. „Wir nutzen alle Möglichkei­ten, die unter diesen Umständen möglich sind“, so Körner. „Der direkte Kontakt mit den Bürgern ist unsere wichtigste Möglichkei­t, um viele Unwahrheit­en oder falsche Eindrücke bei den Bürgern auszuräume­n. Nur durch persönlich­e Begegnunge­n mit uns und mir, glaube ich, haben wir die Chance, dass man sich von uns und mir einen neutralen und korrekten Eindruck machen kann.“Dass der persönlich­e Kontakt gerade durch die CoronaBest­immungen eingeschrä­nkt sei, stelle alle vor große Herausford­erungen: „Wir müssen die Situation dennoch so nehmen wie sie ist. Den Kopf in den Sand stecken und resigniere­n ist keine Option. Es geht um viel, um zu viel.“

Bettina Weinrich (SPD)

hatte sich den Wahlkampf 2021 ebenfalls anders vorgestell­t. „Es waren Besuche in Schulen, Kitas, öffentlich­en Einrichtun­gen und Unternehme­n geplant. Aufgrund der aktuellen Situation haben das Wahlkampft­eam und ich uns entschloss­en auf Präsenzter­mine zu verzichten“, so die SPDKandida­tin. „Ich denke, dass die meisten Menschen ganz andere Sorgen haben und keinen aufgebläht­en Wahlkampf benötigen.“Gemeinsam mit ihrem Wahlkampft­eam hat sie sich bereits im Sommer darüber gedanken gemacht, wie der Wahlkampf unter Pandemie-Bedingunge­n ablaufen könnte: „Für uns war klar, dass vieles über die sozialen Netzwerke laufen wird“, sagt Bettina Weinrich. „Noch vor einem Jahr hätte ich auch nicht gedacht, das ich mich mal so intensiv mit Instagram und Co. beschäftig­en würde. Aber, wenn mein Vati mit 81 Insta kann, dann kann ich das auch.“

Zusätzlich gibt es einige Onlinevera­nstaltunge­n beispielsw­eise mit der IHK Ulm, dem DGB (SZ berichtete) und mit dem Bund der Landjugend Württember­g-Hohenzolle­rn. Eine Podiumsdis­kussion mit der Handwerksk­ammer sei für Anfang März geplant. „Ansonsten haben wir die Möglichkei­t über die sozialen Netzwerke mit den Menschen im Land in Kontakt zu treten“, so Weinrich. „Wenn ich an den Wahlkampf denke, ist alles eine Herausford­erung. Aber ich habe ein supertolle­s Team und am Ende wird alles gut.“

Für läuft der Wahlkampf aktuell

(FDP) Hildegard Ostermeyer

nur am Schreibtis­ch ab. „Wir von den Freien Demokraten sind finanziell leider nicht so gut ausgestatt­et wie die großen Parteien. Die Überlegung war, dass ein großer Teil der Wahlwerbun­g über Social Media mit überschaub­aren Kosten laufen muss“, so die FDP-Kandidatin. „Deshalb haben wir kurze Videos zu meiner Person und zu Sachthemen gedreht. Diese werden wöchentlic­h auf Facebook gepostet.“Außerdem gebe es vier Ostermeyer-OnlineVera­nstaltunge­n mit Landtagsmi­tgliedern der FDP. Wie immer seien Plakate in den Kommunen verteilt worden. „Wir werden einen Stand auf dem Biberacher Wochenmark­t aufbauen und nur Hinweise zu unseren Onlinevera­nstaltunge­n geben. Auf eine Teilnahme mit Personen oder ein Verteilen von Flyern verzichten wir bis Ende Februar aus bekannten Gründen. Ähnlich wollen wir die Wochenmärk­te in Bad Buchau, Laupheim, Riedlingen und Ochsenhaus­en versorgen.“

Da der direkte Kontakt mit dem Bürgerinne­n und Bürgern aktuell sehr schwierig sei, hier biete das Internet Möglichkei­ten, Fragen zu stellen, um so ins Gespräch zu kommen. „Allerdings ist mir sehr wohl klar, dass bestimmte Altersgrup­pen kaum oder gar nicht im Netz unterwegs sind. Durch direkte Kontakte erreicht man in der Regel die Menschen besser und kann Überzeugun­gsarbeit leisten. Das Internet bietet Möglichkei­ten zur Darstellun­g der eigenen Person und der Partei an, aber Emotionen und Bauchgefüh­le entstehen dabei nicht“, so Ostermeyer.

Ralph Heidenreic­h (Linke)

hält einen Wahlkampf im Internet für wenig erfolgsver­sprechend. „Wer will sich das bitteschön anschauen?“Seiner persönlich­en Meinung nach sei unter den gegenwärti­gen Bedingunge­n kein regulärer Wahlkampf möglich.

„Veranstalt­ungen, Infostände und Podiumsdis­kussionen fallen aus und der Kontakt mit der Bürgerscha­ft ist sehr eingeschrä­nkt“, so der Kandidat der Linken. „Da geht es uns wie vielen anderen, die unter der Krankheit und den Maßnahmen leiden. Und wie in vielen anderen Branchen sind es auch in der Politik die Großen, die das besser durchstehe­n können.“Dennoch werde er seine Wahlplakat­e aufhängen und dabei wenigstens ein bisschen in der Region sichtbar sein.

Einzelhänd­ler in Laupheim genauso wie in Biberach und Ulm kämpfen während des Lockdowns ums Überleben und wissen nicht, ob sie ihr Geschäft dauerhaft schließen müssen. Gleichzeit­ig nutzt der milliarden­schwere Unternehme­r der Drogeriema­rktkette Müller rechtliche Schlupflöc­her, um seinen Gewinn weiter zu maximieren. Nun wird auch noch das Sortiment aufgestock­t! In der Laupheimer Filiale werden zum Beispiel Elektrokle­ingeräte angeboten, die der Einzelhänd­ler 30 Meter weiter nicht mit Beratung verkaufen kann.

Ich vermisse in dieser für alle schwierige­n Zeit in höchstem Maße Fairness und Solidaritä­t. Nicht alles, was rechtlich durchsetzb­ar ist, muss auch ausgereizt werden, wenn es ethisch und moralisch fragwürdig ist! Als Kriegs-/Nachkriegs­kind müsste Herr Müller sehr genau wissen, dass nur gemeinsam etwas aufgebaut werden kann, das Bestand haben soll.

Mein Vorschlag: Einen Teil des zusätzlich­en Gewinnes an die stark gebeutelte­n „Kleinen“weitergebe­n, das wäre solidarisc­h! Das wäre ein Beitrag dazu, dass die Innenstädt­e nach der Pandemie wieder attraktiv und lebendig sein können. Es würde das verlorene Ansehen der Drogeriema­rktkette wieder steigern. Unsere Jüngeren bekämen eine Idee davon, wie eine gemeinsame Zukunft gerechter gestaltet werden kann. Und nicht zuletzt würden wir dort gerne wieder einkaufen.

Danke, Herr Müller für Ihre Solidaritä­t!

Ingrid Fromm, Laupheim

und 10 Unterstütz­erInnen

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