Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Landkreis verfügt Ausgangsbeschränkung
Allgemeinverfügung gilt vorerst bis zum 21. Februar – Neues zu Virusmutationen
LANDKREIS BIBERACH - Im Landkreis Biberach gilt ab Freitag, 12. Februar, eine nächtliche Ausgangsbeschränkung für die Zeit von 21 bis 5 Uhr. Die entsprechende Allgemeinverfügung wurde vorerst bis 21. Februar befristet. Des Weiteren teilt das Landratsamt mit, dass im Landkreis mittlerweile 21 Virusmutationen nachgewiesen wurden.
Nachdem die Landesregierung die landesweiten Ausgangsbeschränkungen mit Wirkung vom 11. Februar aufgehoben und damit das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 8. Februar umgesetzt hat, wurden die Gesundheitsämter der Landkreise über einen Erlass angewiesen, eine Ausgangsbeschränkung unter gewissen Voraussetzungen per Allgemeinverfügung umzusetzen. Der Aufenthalt außerhalb der Wohnung oder sonstigen Unterkunft ist in dieser Zeit nur bei Vorliegen triftiger Gründe gestattet. Die Voraussetzungen für diese Allgemeinverfügung (siehe Infokasten) sind im Landkreis Biberach momentan gegeben.
„Die aktuelle Lage im Landkreis lässt uns momentan leider keine andere Möglichkeit“, stellt Landrat Heiko Schmid fest. Man habe die Entscheidung am Donnerstagvormittag in einer Videokonferenz mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern besprochen und abgestimmt. „Wir hoffen, dass wir mithilfe der nächtlichen Ausgangsbeschränkung die Inzidenz in den kommenden Tagen und Wochen weiter senken können“, so Schmid, der die Bürger bittet, sich an die geltenden Regeln zu halten.
Im Landkreis Biberach wurden zwischenzeitlich in 21 Fällen Hinweise auf Virusmutationen gefunden. „Diese Entwicklung haben wir nicht erwartet und sie bereitet uns Sorgen“, sagt Dr. Monika Spannenkrebs, Leiterin des Kreisgesundheitsamts.
Seit etwa einer Woche testet das Labor Gärtner, das rund vier Fünftel aller Proben aus dem Landkreis Biberach analysiert, alle positiven Testergebnisse auf Virusvarianten. Vorgeschrieben ist lediglich, dass die Labore automatisch fünf Prozent der Proben auf die Mutationen untersuchen. Unter den 21 Fällen mit Hinweisen auf Virusvarianten konnte in elf Fällen die britische Virusvariante nachgewiesen werden. Bei zehn weiteren Fällen ist aktuell noch unklar, um welche Virusvariante es sich handelt. In etwa zwei Wochen rechnet Dr. Spannenkrebs mit belastbaren Daten, um etwas zum Anteil der Virusmutationen an den aktuellen Corona-Fällen im Landkreis sagen zu können.
Bisher handelte es sich bei den Fällen mit Virusvarianten nicht um große Ausbruchsgeschehen, sondern um vereinzelte Fälle, die jedoch teilweise miteinander zusammenhängen und auch bereits Einrichtungen betreffen. „Die Ermittlungen laufen, um die Infektionsketten komplett nachvollziehen zu können. Oftmals ist es allerdings schwierig, die Infektionsquelle auszumachen“, berichtet Dr. Spannenkrebs.
Personen, bei denen ein mutiertes Virus nachgewiesen wird, sollen sich am Ende der zehntägigen Quarantäne testen lassen. Die Quarantäne kann nur mit dem negativen Testergebnis beendet werden. Enge Kontaktpersonen unterliegen statt der üblichen zehn Tage einer 14-tägigen Quarantäne. Außerdem werden auch die Haushaltsangehörigen der Kontaktpersonen ersten Grades unter Quarantäne gestellt. „Ob und wie sich die Verläufe und die Ansteckungsraten unterscheiden, wenn Hinweise auf Virusmutationen vorliegen, müssen wir beobachten und damit Erfahrung sammeln. Da es Hinweise auf eine leichtere Übertragbarkeit gibt, werden leider strengere Maßnahmen zur Eindämmung notwendig, was bisher bei den Betroffenen auf sehr großes Verständnis stößt“, so Dr. Spannenkrebs weiter.
Der Inzidenzwert im Landkreis Biberach lag am Donnerstag knapp über 70 und damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von 56,2 und auch über den Werten der meisten Nachbarlandkreise. Die bewegten sich auf baden-württembergischer Seite zwischen 40,8 (Landkreis Reutlingen) und 60,4 (Alb-Donau-Kreis). Nur der bayerische Stadtkreis Memmingen schnitt mit 81,6 schlechter ab. Dass der Inzidenzwert im Kreis Biberach seit Wochen zwischen 70 und 80 zu verharren scheint, beschäftigt auch Dr. Spannenkrebs sehr. „Dabei beobachten wir, dass sich die Zahlen nicht auf größere Ausbruchsgeschehen in Einrichtungen zurückführen lassen, sondern es sich größtenteils um Infektionsketten
in allen Lebenswelten handelt.“Dementsprechend handle es sich im Landkreis um ein „diffuses Infektionsgeschehen“, erläutert Dr. Spannenkrebs. Weiterhin erfolgen die meisten Ansteckungen im Arbeitsumfeld und im privaten Bereich. Dabei gehe es nicht um das strukturierte Setting am Arbeitsplatz, sondern um das Drumherum, also die Pausen oder die Zeit vor oder nach der Arbeit. Die Ansteckungen im privaten Umfeld erfolgten meist auf dem Boden der Corona-Verordnung, also trotz Einhaltung der Kontaktbeschränkungen.
Auch die Anzahl der Todesfälle im Landkreis Biberach hat zuletzt deutlich zugenommen. Seit Jahresbeginn verzeichnete das Kreisgesundheitsamt 48 Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus, seit Beginn der Pandemie sind es 120 (Stand 11. Februar). „Die Todesfälle sind ein Maß für die hohe Belastung der Kliniken und nicht für das aktuelle Infektionsgeschehen“, so Spannenkrebs. In vielen Fällen liege die Infektion drei bis sechs Wochen zurück. Dementsprechend spiegelten die zuletzt hohen Todesfallzahlen vergangenes Infektionsgeschehen wider, etwa das vor Weihnachten, als die Sieben-Tage-Inzidenz mit 260 ihren Höchststand erreicht hatte. Dr. Spannenkrebs hofft, dass die Todesfallzahlen in drei bis vier Wochen wieder zurückgehen werden.
Der genaue Wortlaut der Allgemeinverfügung ist unter www.biberach.de abrufbar.
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