Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Deutschland schottet sich ab
Jenseits der Grenzen zu Tirol und Tschechien gibt es neue Gefahren
MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Deutschland hat nach der Ausbreitung neuer Virusvarianten im Ausland die Regeln für die Einreise an den Grenzen im Südosten verschärft. Beamte der Bundespolizei und der bayerischen Grenzpolizei kontrollieren seit Sonntag an der Grenze zu Tirol und Tschechien den Verkehr – und schicken Einreisende zurück, wenn sie nicht unter Ausnahmeregelungen fallen. Fragen und Antworten dazu.
Warum wurden die Einreiseregeln verschärft?
In Tirol und Tschechien breiten sich Varianten des Coronavirus aus. In Tirol gibt es verstärkt Fälle der südafrikanischen Mutante B.1.351, in Tschechien ist es die britische B.1.1.7. Beide Formen gelten als besonders ansteckend. Die Südafrika-Variante ist nach bisherigem Wissen auch tödlicher – und manche Impfstoffe wirken vermutlich weniger gut. Auch wer schon Corona hatte, könne sich wahrscheinlich erneut anstecken, warnen Mediziner.
Wer darf nun noch aus Tirol und Tschechien einreisen?
Deutsche Staatsangehörige mit Ehepartnern und minderjährigen Kindern werden grundsätzlich durchgelassen, ebenso alle, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Weitere
Ausnahmen gibt es für Lkw-Fahrer, Ärzte, Kranken- und Altenpfleger sowie landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte – denn sie werden in Deutschland dringend zur Versorgung der Bevölkerung gebraucht. Auch wer zur Beerdigung eines Angehörigen will, darf einreisen. Künftig sollen auch Berufspendler einreisen dürfen, die gebraucht werden, um die Funktionsfähigkeit ihrer Betriebe in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Für alle Einreisenden gilt ausnahmslos: Sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen und sich vorab digital anmelden.
Wie lange gilt das alles?
Die verschärften Einreiseregeln sind laut Innenministerium zunächst auf zehn Tage befristet, gelten also bis zum 23. Februar. Sie können allerdings dann noch auf maximal drei Monate verlängert werden.
Kommen die neuen Regeln noch rechtzeitig?
Vor einem Jahr bei der ersten Welle kamen die Grenzschließungen in Europa einer im Fachmagazin „PNAS“veröffentlichen Studie zufolge zu spät, um das Coronavirus nachhaltig aufzuhalten. Experten zufolge werden sich die mutierten Viren auch in Deutschland ausbreiten, man versucht das nur zu verlangsamen. In
Bayern sind Virusvarianten schon jetzt stärker verbreitet als im Bundesschnitt. Bei weit über zehn Prozent der Infizierten in Bayern wurden sie festgestellt, mehr als doppelt so viel wie insgesamt in Deutschland, wie der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner sagte.
Drohen auch an anderen Grenzen schärfere Einreiseregeln?
Auszuschließen sei das nicht, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Bundesregierung gehe aber mit Blick auf den wichtigen Austausch in Grenzregionen „sehr zurückhaltend und abwägend“mit solchen Maßnahmen um. Die anderen Nachbarländer _ Polen, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich und die Schweiz – sind bisher nicht als Gebiete mit besonderer VirusvariantenVerbreitung eingestuft.
Kommt man überhaupt noch heraus aus Deutschland?
Das ist zumindest nicht so einfach wie üblich. Auch in den Nachbarländern gelten strikte Einreiseregeln und Beschränkungen teils mit mehrtägiger Quarantänepflicht. Wer etwa nach Tirol will, muss sich wohl ins Auto setzen: Die Deutsche Bahn hat den Fernverkehr hierhin wegen der neuen Regelungen eingestellt.