Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hensoldt investiert in Eurofighter-Radar
Viele neue Jobs entstehen – Firma gehört seit Kurzem zu einem Viertel dem Bund
ULM - „Hier entsteht das Gebäude 33“steht auf einem Banner an der Baugrube. Eine bescheidene Formulierung vor dem Hintergrund, dass die Firma Hensoldt bei Twitter angesichts des erfolgten Spatenstichs von einem bahnbrechenden Ereignis spricht. Wie es auf Nachfrage heißt, investiert die Spezialfirma für Verteidigungsund Sicherheitselektronik 30 Millionen Euro in der Weststadt an der Wörthstraße.
Gebaut werden Entwicklungs- und Testlabore für die neue Radargeneration für das Kampfflugzeug Eurofigther. 300 neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen nach Firmenangaben im „Entwicklungszentrum für Hochfrequenztechnik“. Die Hälfte davon in Ulm. Neben Hardware- und Softwareingenieuren werden vor allem Radar-Systemingenieure sowie Projektmanager gesucht.
Neben Elektronikkomponenten für das neue Radar des Eurofighters sollen hier mit „künstlicher Intelligenz“(KI) ausgestattete Sensoren für verschiedenste Anwendungen entwickelt werden. 5000 Quadratmeter Nutzfläche werden benötigt, von denen mehr als die Hälfte als Sperrzone ausgewiesen werden müsse. Deutschland hat nach Angaben der Fachzeitschrift Flug-Revue rund 110 Radare bestellt. Eingebaut werden die Radare bei Airbus in Manching und Getafe.
Hintergrund der Investition ist ein Beschluss des Bundestags aus dem Juni vergangenen Jahres: Als die „Einrüstung“eines hochmodernen Radarsystems für die deutschen Eurofighter-Kampfflugzeuge genehmigt wurde. Hensoldt bekam den Zuschlag.
Für das neue Eurofighter Common Radar System (ECRS/Mk1) hat Hensoldt erstmals in seiner Geschichte die Radarsystemverantwortung übernommen.
Die Eurofigther-Partnernationen haben vereinbart, auf der Grundlage der laufenden Entwicklung des AESA-Radars die Leistungsfähigkeit dieses Radars im Rahmen des Vorhabens „Eurofighter Common Radar System“(ECRS) weiterzuentwickeln. Dieser Ansatz sieht die Realisierung
eines Multi-Channel-Receivers für das AESA-Radar vor. Der Auftrag für Entwicklung und Fertigung des Systems hat einen Wert von fast 1,5 Milliarden Euro.
„Wir arbeiten im Hightech-Bereich der Sensorik in einem wachsenden, sehr langfristig angelegten Geschäft.
Unsere Investition in neue Technologien und Entwicklungslabore ist daher unverzichtbarer Bestandteil unserer Wachstumsstrategie“, wird Thomas Müller, der Chef von Hensoldt, in einer Pressemitteilung zitiert.
Ein starkes Wachstum verzeichneten auch andere Geschäftsbereiche des Konzerns, wie zum Beispiel Boden- und Schiffsradare, Systeme der elektronischen Kampfführung und Avionik, sowie optronische Geräte. Optronik entstand aus der Kombination von Optik und Halbleiterelektronik und umfasst im weitesten Sinne alle Produkte, die die Umwandlung von Daten und Energien in Licht ermöglichen.
So arbeitet Hensoldt nach eigenen Angaben an Zukunftsprojekten, wie dem deutsch-französisch-spanischen „Future Combat Air System“und an einem Kollisionswarnsystem für Drohnen. Im vergangenen Jahr hatte Hensoldt konzernübergreifend bereits 250 Mitarbeiter eingestellt. In Ulm wurde die sehr handwerklich geprägte Radarproduktion auf Serienfertigung umgestellt.
Ende 2020 stieg der Bund bei Hensoldt ein. Die Ministerrunde entschied, einen Anteil von 25,1 Prozent der Aktien, die Sperrminorität, zu erwerben. Damit wird die Bundesregierung in die Lage versetzt, ungewollte strukturelle Entscheidungen abzuwehren. Das bedeutet, der Bund erhält erheblichen Einfluss, unabhängig davon, ob strategische Investoren unmittelbar oder mittelbar einen Großteil der Aktien erwerben und damit lenkenden Einfluss ausüben können. Basis ist das „Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“. 450 Millionen Euro überwies laut einer Pressemitteilung des Verteidigungsministeriums Deutschland an den Investor KKR, der 2017 die ehemalige Airbus-Sparte übernahm.