Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Tausende zusätzliche Tests – kaum Fälle
Ulm testet wie wild und hat schon mehr als 20 000 Tests bezahlt – Infektionen: Fehlanzeige
ULM - Ist das ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Seit drei Wochen lässt die Stadt Ulm Mitarbeiter in Schulen und Kindergärten auf Corona testen, seit Mittwoch können sich außerdem alle Bürger kostenlos testen lassen. Ausbeute bisher: negativ. Oder positiv, je nachdem, wie man es betrachtet.
Die Fälle, in denen die Tausenden bislang durchgeführten, städtischen Tests eine Corona-Infektion zu Tage gefördert haben, lassen sich an einer Hand ablesen, an einer halben.
Seit 22. Februar können sich Lehrer und Kita-Mitarbeiter und andere Mitarbeiter der Stadt, die in Schulen und Kindergärten arbeiten (Hausmeister und Putzpersonal), wöchentlich auf das Virus testen lassen. 19 000 solcher Tests seien schon durchgeführt worden, so der Erste Bürgermeister Martin Bendel am Freitag beim Besuch des Testzentrums im Club Theatro. Das Ergebnis: „Ein positiver Test bisher“, so Bendel. Für ihn und Oberbürgermeister Gunter Czisch, der sich das Testzentrum ebenfalls anschaute, ein „überraschendes“Ergebnis.
Zumindest aber stützt es die Einschätzung von Czisch, dass die Zahlen in Ulm „stabil“seien; die Inzidenz liege schon seit Längerem stets zwischen 50 und 70. Anders im benachbarten Alb-Donau-Kreis, wo gerade erst die 100er-Schwelle überschritten worden ist. Hier könnten neuerliche Einschränkungen folgen.
In Ulm hingegen träumt die Stadtspitze von weiteren möglichen Lockerungen, einem langsamen WiederAuferstehen des Handels rund um Ostern. Die stabilen Corona-Zahlen sollen all jenen eine Perspektive geben, die „schaffen“(Czisch), Waren verkaufen und das in den vergangenen Monaten nicht durften. Auch die Gastronomie soll sich locker machen dürfen. Das sei jedoch nur möglich, wenn weiterhin viel oder noch mehr getestet wird und funktionierende Hygienekonzepte vorliegen. Und natürlich geimpft wird.
Nur wenige Corona-Entdeckungen bei im Gegenzug massenhaften Tests:
Dies freut die Stadtspitze, birgt aber auch eine Gefahr. Es könnten sich jene bestärkt fühlen, für die der (mittlerweile gelockerte) Lockdown nichts weiter ist, als ein Instrument, um die Bevölkerung zu knechten. Es könnte jenen Auftrieb geben, die von „Corona-Diktatur“schreien.
Mario Schneider ist der Chef des Theatro – eigentlich ein Club in der Hirschstraße in der Innenstadt. Mit Corona wurde aus der Disko zunächst eine Bar, dann ein Warenhaus und jetzt ist sie (schon seit Wochen) CoronaTestzentrum. Eingerichtet dort, wo einmal die Garderobe war, in der Ecke liegt noch eine Diskokugel.
Schneider lobt (sich) und die Stadt, Ulm sei beim Testen „Vorreiter“. Und seit Mittwoch können sich Bürger und Menschen, die in Ulm arbeiten, nun auch kostenlos testen lassen (ein Test pro Woche, Infos auf www.ulm.de). Weitere Corona-Schnellteststationen neben dem Theatro befinden sich in der Messe und am Donaubad.
Aber auch dieses neue KostenlosAngebot, für das die Stadt aufkommt, spült kaum neue Corona-Fälle ins Netz. Am Mittwoch und Donnerstag haben davon insgesamt 400 Menschen Gebrauch gemacht. Ergebnis: ebenfalls nur ein positiver Fall. Die Resonanz sei bislang gut, doch es dürften gerne noch mehr kommen und sich kostenlos testen lassen, sagt Czisch.
Die Tests würden so schnell nicht ausgehen. Insgesamt hat Ulm 190 000 Testkits geordert, das soll reichen bis Ende April, sagt Bürgermeister Bendel. Und gehen sie doch zur Neige, könne man jederzeit „nachordern“.
Auch Mitarbeiter der Stadt, die nicht in Schulen oder Kitas arbeiten, werden seit dieser Woche getestet. 1200 solcher Tests seien bislang durchgeführt worden.
Warum die Stadt jetzt auch allen Bürgern kostenlose Tests anbietet? Aus mindestens zwei Gründen. Czisch betont, dass es nicht vom Geldbeutel abhängig sein dürfe, ob jemand seine Oma besuchen kann. Er habe hier die „alleinerziehende Mutter mit drei Kindern“im Blick, für die es finanziell schwierig sein könnte, für sich und ihre Familie regelmäßig Tests machen zu lassen oder welche zu kaufen.
Weiterer Vorteil des kostenlosen Angebots: Sobald ein positiver Fall registriert wird (der Test als solcher dauert zwei Minuten), wandert dieser ans Gesundheitsamt und ans RKI. Der positiv Getestete kann sich dann nicht vor der Quarantäne drücken. Anders verhalte sich dies bei Selbsttests für zuhause, so Czisch. Es sei bekannt, dass manche es lieber für sich behalten, wenn sie sich daheim positiv auf Corona getestet haben. Sich nicht in Quarantäne begeben. Gerade jüngere Erwachsene seien von Corona-Müdigkeit befallen, „wollen nicht mehr“.
Das kostenlose Angebot hatte auch Irritationen ausgelöst. Weil sich eine der drei Schnelltest-Stellen auf bayerischer Seite befindet, am Donaubad. Doch weil die Tests aus dem Ulmer Budget bezahlt werden, sind sie für Neu-Ulmer Testwillige noch tabu. Czisch kündigte am Freitag an, man bemühe sich gemeinsam mit der Stadt Neu-Ulm und dem Kreis Neu-Ulm um eine Lösung, dass auch Neu-Ulmer nichts für die Tests bezahlen müssen. Wobei diese eigentlich schon privilegiert sind. Kostenlose Tests bei Hausärzten oder in Apotheken sind in Bayern schon länger möglich.
Czisch will das Testangebot noch ausweiten. Die SWU werde zeitnah einen Bus in die Stadtteile schicken, um den Menschen wohnortnahe Tests zu ermöglichen. Und auch in Schulen werde bald ja mehr getestet – nicht nur die Lehrer. Schon ab kommender Woche sollen sich landesweit auch Schüler regelmäßig testen (lassen) können.
ANZEIGE