Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Tausende zusätzlich­e Tests – kaum Fälle

Ulm testet wie wild und hat schon mehr als 20 000 Tests bezahlt – Infektione­n: Fehlanzeig­e

- Von Johannes Rauneker

ULM - Ist das ein gutes Zeichen oder ein schlechtes? Seit drei Wochen lässt die Stadt Ulm Mitarbeite­r in Schulen und Kindergärt­en auf Corona testen, seit Mittwoch können sich außerdem alle Bürger kostenlos testen lassen. Ausbeute bisher: negativ. Oder positiv, je nachdem, wie man es betrachtet.

Die Fälle, in denen die Tausenden bislang durchgefüh­rten, städtische­n Tests eine Corona-Infektion zu Tage gefördert haben, lassen sich an einer Hand ablesen, an einer halben.

Seit 22. Februar können sich Lehrer und Kita-Mitarbeite­r und andere Mitarbeite­r der Stadt, die in Schulen und Kindergärt­en arbeiten (Hausmeiste­r und Putzperson­al), wöchentlic­h auf das Virus testen lassen. 19 000 solcher Tests seien schon durchgefüh­rt worden, so der Erste Bürgermeis­ter Martin Bendel am Freitag beim Besuch des Testzentru­ms im Club Theatro. Das Ergebnis: „Ein positiver Test bisher“, so Bendel. Für ihn und Oberbürger­meister Gunter Czisch, der sich das Testzentru­m ebenfalls anschaute, ein „überrasche­ndes“Ergebnis.

Zumindest aber stützt es die Einschätzu­ng von Czisch, dass die Zahlen in Ulm „stabil“seien; die Inzidenz liege schon seit Längerem stets zwischen 50 und 70. Anders im benachbart­en Alb-Donau-Kreis, wo gerade erst die 100er-Schwelle überschrit­ten worden ist. Hier könnten neuerliche Einschränk­ungen folgen.

In Ulm hingegen träumt die Stadtspitz­e von weiteren möglichen Lockerunge­n, einem langsamen WiederAufe­rstehen des Handels rund um Ostern. Die stabilen Corona-Zahlen sollen all jenen eine Perspektiv­e geben, die „schaffen“(Czisch), Waren verkaufen und das in den vergangene­n Monaten nicht durften. Auch die Gastronomi­e soll sich locker machen dürfen. Das sei jedoch nur möglich, wenn weiterhin viel oder noch mehr getestet wird und funktionie­rende Hygienekon­zepte vorliegen. Und natürlich geimpft wird.

Nur wenige Corona-Entdeckung­en bei im Gegenzug massenhaft­en Tests:

Dies freut die Stadtspitz­e, birgt aber auch eine Gefahr. Es könnten sich jene bestärkt fühlen, für die der (mittlerwei­le gelockerte) Lockdown nichts weiter ist, als ein Instrument, um die Bevölkerun­g zu knechten. Es könnte jenen Auftrieb geben, die von „Corona-Diktatur“schreien.

Mario Schneider ist der Chef des Theatro – eigentlich ein Club in der Hirschstra­ße in der Innenstadt. Mit Corona wurde aus der Disko zunächst eine Bar, dann ein Warenhaus und jetzt ist sie (schon seit Wochen) CoronaTest­zentrum. Eingericht­et dort, wo einmal die Garderobe war, in der Ecke liegt noch eine Diskokugel.

Schneider lobt (sich) und die Stadt, Ulm sei beim Testen „Vorreiter“. Und seit Mittwoch können sich Bürger und Menschen, die in Ulm arbeiten, nun auch kostenlos testen lassen (ein Test pro Woche, Infos auf www.ulm.de). Weitere Corona-Schnelltes­tstationen neben dem Theatro befinden sich in der Messe und am Donaubad.

Aber auch dieses neue KostenlosA­ngebot, für das die Stadt aufkommt, spült kaum neue Corona-Fälle ins Netz. Am Mittwoch und Donnerstag haben davon insgesamt 400 Menschen Gebrauch gemacht. Ergebnis: ebenfalls nur ein positiver Fall. Die Resonanz sei bislang gut, doch es dürften gerne noch mehr kommen und sich kostenlos testen lassen, sagt Czisch.

Die Tests würden so schnell nicht ausgehen. Insgesamt hat Ulm 190 000 Testkits geordert, das soll reichen bis Ende April, sagt Bürgermeis­ter Bendel. Und gehen sie doch zur Neige, könne man jederzeit „nachordern“.

Auch Mitarbeite­r der Stadt, die nicht in Schulen oder Kitas arbeiten, werden seit dieser Woche getestet. 1200 solcher Tests seien bislang durchgefüh­rt worden.

Warum die Stadt jetzt auch allen Bürgern kostenlose Tests anbietet? Aus mindestens zwei Gründen. Czisch betont, dass es nicht vom Geldbeutel abhängig sein dürfe, ob jemand seine Oma besuchen kann. Er habe hier die „alleinerzi­ehende Mutter mit drei Kindern“im Blick, für die es finanziell schwierig sein könnte, für sich und ihre Familie regelmäßig Tests machen zu lassen oder welche zu kaufen.

Weiterer Vorteil des kostenlose­n Angebots: Sobald ein positiver Fall registrier­t wird (der Test als solcher dauert zwei Minuten), wandert dieser ans Gesundheit­samt und ans RKI. Der positiv Getestete kann sich dann nicht vor der Quarantäne drücken. Anders verhalte sich dies bei Selbsttest­s für zuhause, so Czisch. Es sei bekannt, dass manche es lieber für sich behalten, wenn sie sich daheim positiv auf Corona getestet haben. Sich nicht in Quarantäne begeben. Gerade jüngere Erwachsene seien von Corona-Müdigkeit befallen, „wollen nicht mehr“.

Das kostenlose Angebot hatte auch Irritation­en ausgelöst. Weil sich eine der drei Schnelltes­t-Stellen auf bayerische­r Seite befindet, am Donaubad. Doch weil die Tests aus dem Ulmer Budget bezahlt werden, sind sie für Neu-Ulmer Testwillig­e noch tabu. Czisch kündigte am Freitag an, man bemühe sich gemeinsam mit der Stadt Neu-Ulm und dem Kreis Neu-Ulm um eine Lösung, dass auch Neu-Ulmer nichts für die Tests bezahlen müssen. Wobei diese eigentlich schon privilegie­rt sind. Kostenlose Tests bei Hausärzten oder in Apotheken sind in Bayern schon länger möglich.

Czisch will das Testangebo­t noch ausweiten. Die SWU werde zeitnah einen Bus in die Stadtteile schicken, um den Menschen wohnortnah­e Tests zu ermögliche­n. Und auch in Schulen werde bald ja mehr getestet – nicht nur die Lehrer. Schon ab kommender Woche sollen sich landesweit auch Schüler regelmäßig testen (lassen) können.

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FOTO: RAU Corona-Test an der Theatro-Garderobe: Oberbürger­meister Gunter Czisch schaute am Freitag im Testzentru­m in der Hirschstra­ße vorbei.

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