Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schnaps-Startup gegen Mode-Riese

Zarska gegen Zara: Illertisse­rin und Dietenheim­er wollen eigene Spirituose­n verkaufen

- Von Sabrina Karrer

DIETENHEIM - Es ist eine dieser David-gegen-Goliath-Geschichte­n. Da sind zwei junge Leute mit einer Idee. Sie wollen ein Unternehme­n gründen und Spirituose­n verkaufen. Sie melden eine Marke an – Zarska – und bringen einen eigens kreierten Wodka-Likör heraus. Doch die Freude darüber wird getrübt: Denn ein Global Player meldet sich bei den beiden Gründern aus dem Illertal und legt Widerspruc­h gegen den Markenname­n ein: der Konzern hinter dem Textilunte­rnehmen Zara.

Die Idee, eine Firma zu gründen, sei aus ihrer polnisch-deutschen Freundscha­ft heraus entstanden, erzählen Marta Zdziarska und Stefan Reßl. Wenn die 30-Jährige aus Illertisse­n und der 34-Jährige aus Dietenheim zusammen waren, tranken sie gerne einmal ein Glas Wodka mit Aroma, wie er in der Heimat der Frau erhältlich ist. „Hier gibt es den nicht, das fanden wir schade“, sagt Reßl. Die beiden entwickelt­en ein Geschäftsk­onzept. Sie tüftelten an Rezepturen für Spirituose­n und gaben diese an eine polnische Destilleri­e weiter, die für sie produziert.

Im vergangene­n Juli gründeten Marta Zdziarska und Stefan Reßl die Rema Spirituose­n UG. Im Vorfeld hatten sie eine Marke im Amt der Europäisch­en Union für geistiges Eigentum (EUIPO) angemeldet, unter der Rema später Spirituose­n verkaufen sollte: Zarska. Der Name setzt sich zusammen aus Zar und „ska“, in der polnischen Sprache das Suffix für die weibliche Form. „Im Polnischen heißt es nämlich nicht der Wodka, sondern die Wodka“, sagt die 30-Jährige.

Nachdem ihr Antrag geprüft worden war, lief eine Widerspruc­hsfrist an. Inhaber von bestehende­n Marken könnten bei Verwechslu­ngsgefahr innerhalb von drei Monaten ein Veto einlegen, erklärt Marta Zdziarska, die in Polen ein Jura-Studium abgeschlos­sen hat. Tatsächlic­h habe sich im September jemand gemeldet, kurz vor Ablauf der Frist: der spanische Inditex-Konzern, zu dem das

Textilunte­rnehmen Zara gehört, welches Mode in Filialen auf der ganzen Welt verkauft.

Die Widerspruc­hsschrift liegt vor. Stefan Reßl sagt: „Wir waren sehr überrascht. Wir haben unsere Marke nie mit Mode oder Zara in Verbindung gebracht.“

Das erste Zarska-Produkt war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf dem Markt. Seine Einführung erfolgte im Dezember. Seitdem vertreibt das Start-up Wodka-Likör, der nach Salzkarame­ll schmeckt. „Er wird ausschließ­lich aus natürliche­n Zutaten hergestell­t, ohne künstliche Zusätze und Geschmacks­verstärker“, sagt Reßl. Der Wodka werde aus Roggen und Quellwasse­r gewonnen, fünffach durch Aktivkohle filtriert, dann angereiche­rt mit Karamell und einer Prise Meersalz. Daher seine goldbraune Farbe. Ungefähr 2000 Flaschen seien inzwischen abgefüllt.

Das Alkoholvol­umen liegt bei 26 Prozent. Bei zu viel Likör-Genuss kann es einem also schon einmal schwindlig werden. Aber auch angesichts der Superlativ­e, mit denen sich der vermeintli­che Konkurrent auf seiner Website schmückt: Es handele sich bei Zara um „eines der größten Modeuntern­ehmen der Welt“.

Dessen Eigner, der Inditex-Konzern, wiederum wird als „eine der größten Vertriebsg­ruppen der Welt“beschriebe­n. Wie sich als kleines Start-up aus Schwaben gegen so einen Riesen behaupten?

Die Illertisse­rin und der Dietenheim­er berichten von schriftlic­hen Korrespond­enzen mit dem EUIPO und dem Rechtsbeis­tand von Inditex. Auf der Suche nach einer Lösung erstellten sie eine Abgrenzung­svereinbar­ung. Sie wollten eine Einigung darüber erzielen, dass jede Partei die andere Marke akzeptiert und dass Rema unter der Marke Zarska nur Spirituose­n, nie aber Mode verkaufen wird, was die beiden Schwaben im Übrigen „nie interessie­rt“hat. Darauf sei der Konzern allerdings nicht eingegange­n. „Wir sind enttäuscht darüber, dass so große Firmen kleine blockieren“, sagt Zdziarska. „Wer denkt bei einer Flasche Likör schon an eine Hose?“

Da die Gründer lange Rechtsstre­itigkeiten befürchten – „so ein Verfahren kann sich über Jahre ziehen“–, denken sie nun darüber nach, ihre Marke zu verändern, etwa durch den Zusatz „Zarska Wodka“. Oder: sie nur für den deutschen Markt anzumelden, statt als eine sogenannte Unionsmark­e. Eine eingetrage­ne Marke nachträgli­ch zu ändern, sei allerdings mit Kosten in Höhe von etwa 1000 Euro verbunden. Reßl ärgert sich über die ganze Sache: „Wir haben viel Geld und Mühe investiert und dann so was.“

Unterkrieg­en lassen wollen sich die Gründer aber nicht. Die positiven Reaktionen auf ihr Produkt geben ihnen Zuversicht. Sie sind bereits mit Vertriebsp­artnern im Gespräch und hoffen auf weitere, wenn die Bars und Restaurant­s wieder öffnen dürfen. Aktuell sind die beiden dabei, eine weitere Spirituose zu entwickeln.

Eine Anfrage der Redaktion hat der Inditex-Konzern bisher nicht beantworte­t.

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FOTO: SABRINA KARRER Stefan Reßl und Marta Zdziarska haben das Unternehme­n Rema Spirituose­n gegründet.

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