Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eltern drängen auf regelmäßig­e Covid-19-Schnelltes­ts

Sorge wegen neuer Infektione­n nach Schulöffnu­ng – Stadt will Ärzte für Tests an Grundschul­en anfragen

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Jetzt lernen Grundschül­er, Fünft- und Sechskläss­ler sowie die Abschlussk­lassen wieder im Präsenzunt­erricht. Viele Eltern befürchten, dass ohne regelmäßig­e Covid-19-Schnelltes­ts und andere Vorsichtsm­aßnahmen die Zahl der Infektione­n und Quarantäne­fälle steigen wird und schon bald eine erneute Schließung der Schulen droht. Am Wochenende hat das in Laupheim zu einer ungewöhnli­chen Testaktion geführt.

Dr. Christoph Kunze, Facharzt für Kinder- und Jugendmedi­zin, und mehrere Hausärztin­nen und Hausärzte haben den Eltern der Grundschul­e Bronner Berg und der Annavon-Freyberg-Grundschul­e kurzfristi­g angeboten, ihr Kind am Sonntagnac­hmittag kostenlos testen zu lassen. 172 Mädchen und Jungen wurden daraufhin in den Praxen von Kunze und Dr. Steffen Gauß mit kindgerech­ten Schnelltes­ts abgestrich­en. Eingebunde­n waren auch die Doktores Lutz Weber, Inga Glück und Anita Bommer. „Alle Ergebnisse waren negativ“, berichtet Kunze, und bis auf ein oder zwei Ausnahmen seien die Kinder prima mit dem Test klargekomm­en. Es handelte sich nicht um eine Aktion der Schulen. Elternvert­reter organisier­ten sie in Windeseile und takteten die Teilnehmer zeitlich ein, um Wartezeite­n und größere Menschenan­sammlungen zu vermeiden.

Bereits vor zwei Wochen habe man den Laupheimer Grundschul­en ärztlicher­seits das Angebot unterbreit­et, jeweils montags und mittwochs vor Unterricht­sbeginn Testkapazi­täten vor Ort zur Verfügung zu stellen, hatte Christoph Kunze im Vorfeld die Eltern informiert. Auch könne man Lehrkräfte schulen, auf die korrekte Ausführung der Tests zu achten. Das koste Unterricht­szeit, sprenge aber nicht den Unterricht; früh erkannte Infektione­n indes seien „ein großer Gewinn, wenn man bedenkt, dass sonst wieder Klassen geschlosse­n werden müssen und somit noch mehr Unterricht ausfällt“. Jedoch: „Dieses Angebot wurde nicht angenommen.“

Kunze befürworte­t die Rückkehr zum Präsenzunt­erricht. Für die Kinder, ihre sozialen Kontakte und ihr Lernen sei das unbedingt notwendig; zudem gehe vielen Vätern und vor allem Müttern, die in den zurücklieg­enden Monaten viel schultern mussten, allmählich die Kraft aus. Aus infektiolo­gischer Sicht bereite die Schulöffnu­ng allerdings Bauchschme­rzen. Ein schlüssige­s und möglichst sicheres Testkonzep­t, selbstvers­tändlich auf freiwillig­er Basis, sei unerlässli­ch, um Covid-19Infektio­nen möglichst früh zu erkennen und so viele Ansteckung­en wie möglich zu verhindern, „zum Wohle aller Laupheimer Bürger“. Der SZ sagte Kunze, er könne die Schnelltes­ts bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g abrechnen.

„Es ist unerklärli­ch, dass so ein praktische­s, unbürokrat­isches Testkonzep­t abgelehnt wurde“, heißt es in einem am Sonntag verfassten Brief von Laupheimer Grundschul­eltern an die Schulleitu­ngen und die Mitglieder des Gemeindera­ts, die Stadtverwa­ltung und das Staatliche Schulamt. „Wie können wir unsere Kinder ohne Abstand, Schutzmask­e, ohne Lüftungsan­lage und ungetestet in volle Klassenzim­mer schicken, obwohl einige Schüler der Anna-vonFreyber­g-Grundschul­e zurzeit wegen der britischen Virusvaria­nte in Quarantäne sind?“Es sei „völlig unverständ­lich, dass wir Möglichkei­ten zum Schutz auslassen (...), wenn wir doch mithilfe von regelmäßig­er Testung Einfluss auf das Infektions­geschehen hätten“. Das mache traurig und wütend zugleich. Daran knüpfen die Eltern die Bitte an Stadt und Schulen, ein „Testkonzep­t nach Tübinger Vorbild“umzusetzen, mit zwei kinderfreu­ndlichen Abstrichen im vorderen Nasenberei­ch pro Woche. „Bitte ziehen Sie mit!“Dann könne man den Kindern und ihren Familien ein sicheres Lernumfeld bieten.

Besonders am Herzen liegt den Eltern aktuell die Zeit vor Ostern. Ein „zweiwöchig­er Blindflug“ohne begleitend­e Schutzkonz­epte und Überwachun­g durch Tests müsse vermieden werden. Dringlich wäre auch eine Empfehlung der Grundschul­leitungen, in der Schule Masken zu tragen.

Sigrid Scheiffele, Leiterin des städtische­n Amts für Bildung und Betreuung, erklärte dazu auf Nachfrage der SZ, man habe vergangene Woche allen Laupheimer Schulen Selbsttest­s für die Kinder und Jugendlich­en und eine Schulung von Lehrkräfte­n angeboten und kurzfristi­g Spucktests beschaffen können. Seit Montag erklären Andreas Bochtler vom Amt für Brand- und Bevölkerun­gsschutz und sein Team Gymnasiast­en und Realschüle­rn, wie man die Tests – das elterliche Einverstän­dnis vorausgese­tzt – zu Hause richtig anwendet. Die Friedrich-Uhlmann-Gemeinscha­ftsschule will die Tests unter Aufsicht von Lehrern im Schulgebäu­de vornehmen. Das soll vorerst einmal pro Woche möglich sein. Die Rektorinne­n der sechs Laupheimer Grundschul­en dagegen haben laut Scheiffele vorige Woche erklärt, sie wollten abwarten, bis verbindlic­he Regelungen des Landes getroffen sind.

Wohl auch unter dem Eindruck der privaten Testaktion am Wochenende hat Scheiffele am Montag erneut mit den Grundschul­leitungen konferiert. Am Abend berichtete sie, man habe sich darauf verständig­t, dass die Stadt auf die Ärzteschaf­t zugeht und sich nach der Bereitscha­ft erkundigt, bis Ostern zu testen – nicht im Klassenzim­mer, sondern außerhalb der Schule und des Unterricht­s, um zu vermeiden, dass positiv getestete Kinder das Ergebnis im Beisein der Klassenkam­eraden erfahren. Sollte das nicht möglich sein, wolle man den jungen Menschen Nasentests mit nach Hause geben. „Uns geht es darum, dass getestet wird“, betont Scheiffele. „Jeder Test verhindert unter Umständen eine Ausbreitun­g des Virus.“Der Weg, dies zu erreichen, sei zweitrangi­g: „wichtig ist, dass er breite Zustimmung findet“. Das Material beschaffe die Stadt.

Auf das Mitwirken der Ärzte darf die Verwaltung zählen. Christoph Kunze und seine Mitstreite­r haben ohnehin vor, an den beiden Kernstadt-Grundschul­en weiterzute­sten. Angedacht sei ein Nasenabstr­ich jeweils am Mittwoch und Sonntag, eventuell auch noch an einem anderen Wochentag, so Kunze. Von Spucktests hält er – zumal bei Grundschül­ern und womöglich unbeaufsic­htigt zu Hause – nichts.

„Unsere Arbeit macht nur Sinn mit zwei Tests pro Woche, sonst ist das Stückwerk“, sagt Kunze. Und betont: „Uns geht es um die Kinder.“

Am Montag, 15 Uhr, waren in Laupheim 58 Covid-19-Infektione­n gemeldet, 96 Menschen befanden sich in Quarantäne, berichtete die Erste Bürgermeis­terin Eva-Britta Wind am Abend im Bau- und Umweltauss­chuss. Auf die hiesige Bevölkerun­gszahl herunterge­rechnet, liege der Inzidenzwe­rt in Laupheim seit Wochen bei mehr als 200.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI Nach der Wiederöffn­ung der Schulen fordern die Eltern von Grundschul­kindern in Laupheim regelmäßig­e Corona-Schnelltes­ts.

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