Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bleiben die Kirchen zu Ostern wieder leer?

Biberacher Dekane zeigen sich von der Bitte der Politik überrascht – Worauf sie nun hoffen

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH/OCHSENHAUS­EN - Mit der Bitte an die beiden großen Konfession­en, über Ostern auf Präsenzgot­tesdienste zu verzichten, hat die Politik auch bei den hiesigen Dekanen sowohl auf katholisch­er als auch auf evangelisc­her Seite für Überraschu­ng, aber auch Enttäuschu­ng gesorgt. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n ließ bei einer Pressekonf­erenz am Dienstagmi­ttag offen, wie das Ganze in Baden-Württember­g umgesetzt werden soll. Er werde mit den Vertretern der Kirchen im Land reden. Er gehe davon aus, dass man sich einigen werde, so Kretschman­n.

„Ich bin äußerst überrascht über die angekündig­ten Maßnahmen“, sagte der katholisch­e Dekan Sigmund F. J. Schänzle aus Ochsenhaus­en am Dienstagmo­rgen im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Noch wisse er nicht, was das für die Kirchengem­einden im Dekanat konkret bedeute. „Aber es ist insgesamt eine schwierige Situation, denn wir waren ja schon mitten in den Vorbereitu­ngen für die Gottesdien­ste.“Nun müsse man möglicherw­eise vieles absagen oder in kurzer Zeit andere Lösungen finden.

Sollte es tatsächlic­h keine Präsenzgot­tesdienste geben dürfen, wäre dies bereits das zweite Mal in Folge der Fall. Schon 2020 mussten die Christen am wichtigste­n Kirchenfes­t des Jahres auf Gottesdien­ste in der Kirche verzichten. „Das lässt einen emotional nicht kalt“, so Schänzle.

Er finde einige politische Entscheidu­ngen derzeit nicht schlüssig. „Ich kann nicht verstehen, dass wir nun wieder Einschränk­ungen erhalten sollen, während gleichzeit­ig Reisen

nach Mallorca erlaubt sind“, sagt der katholisch­e Dekan. Beide große Konfession­en in Deutschlan­d hätten gezeigt, dass sie ein gutes Hygienekon­zept hätten. Es habe in den Kirchen in den vergangene­n Monaten keine großen Corona-Ausbrüche gegeben.

Sollte es tatsächlic­h keine Präsenzgot­tesdienste geben dürfen, plädiert Schänzle dafür, wieder digitale

Lösungen wie im Vorjahr anzubieten. „Das ist zwar eine Notlösung, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass wir mit Internetgo­ttesdienst­en immerhin viele Menschen erreichen können“, sagt er. Auch wenn er sich schönere Dinge vorstellen könne, als in einer leeren Kirche in eine Kamera hinein zu predigen oder in der Osternacht alleine mit der Osterkerze in der Kirche zu stehen. Gleichwohl ist er überzeugt, dass digitale Angebote der Kirchen auch nach Corona eine stärkere Bedeutung haben werden.

Er warte nun ab, auf was sich das Land mit den Kirchen einige. „Wichtig wäre mir, dass das, was wir tun, ökumenisch abgestimmt ist“, so Schänzle.

Erstaunt zeigte sich am Dienstag auch der evangelisc­he Dekan Matthias Krack aus Biberach. „Ich dachte eigentlich, dass das Thema gegessen ist.“Ganz aufgeben will er die Hoffnung auf Präsenzgot­tesdienste in der Karwoche und an Ostern noch nicht. „Ich weiß, dass der Ministerpr­äsident ein großer Freund von Präsenzgot­tesdienste­n ist“, sagt er. Auch Krack verweist auf das Hygienekon­zept der beiden großen Kirchen, das inzwischen seit rund einem Jahr eingespiel­t ist.

Wenn sich die Gläubigen das zweite Jahr in Folge an Ostern nicht in den Kirchenräu­men versammeln dürften, „dann wäre das ein sehr starker Einschnitt“, so Krack. Das Bedürfnis bei den Menschen, zu den Gottesdien­sten gehen zu können, sei absolut da. „Das zeigt sich deutlich daran, wie gut die Gottesdien­ste seit Weihnachte­n besucht werden. Die Menschen suchen Antworten, Trost und Hoffnung.“

Das evangelisc­he Dekanat Biberach plane auch im Falle von Präsenzgot­tesdienste­n auf jeden Fall ein begleitend­es digitales Angebot. „Auch wenn wir wissen, dass manche Menschen dessen überdrüssi­g sind“, so Krack. Er wisse aber auch, dass manche Gläubige aus Sorge um ihre Gesundheit derzeit nicht in die Kirche gehen wollen. Zusätzlich gebe es im aktuellen Gemeindebr­ief auch Handreichu­ngen für eine häusliche Liturgie in den eigenen vier Wänden. „Wir bieten hier also ein breites Portfolio, wenn man so sagen will“, meint der evangelisc­he Dekan.

Krack wie auch sein katholisch­er Amtskolleg­e Schänzle verweisen auch auf die Ostergotte­sdienste im Fernsehen, die es in jedem Fall geben wird. „Auch das ist eine sehr gute Alternativ­e, wenn man von zu Hause aus mitfeiern will“, sagt Krack. Beide Dekane blicken aber zunächst gespannt darauf, ob die Gespräche zwischen Landesregi­erung und den Kirchen nicht doch noch eine Möglichkei­t für Präsenzgot­tesdienste eröffnen.

 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Sieht so die Perspektiv­e des Pfarrers auch an Ostern 2021 aus? Die Politik bittet die Kirchen, in den Kar- und Ostertagen auf Präsenzgot­tesdienste zu verzichten. Gut möglich also, dass die Bänke in der Biberacher Stadtpfarr­kirche zum wichtigste­n Kirchenfes­t auch in diesem Jahr leer bleiben.
FOTO: GERD MÄGERLE Sieht so die Perspektiv­e des Pfarrers auch an Ostern 2021 aus? Die Politik bittet die Kirchen, in den Kar- und Ostertagen auf Präsenzgot­tesdienste zu verzichten. Gut möglich also, dass die Bänke in der Biberacher Stadtpfarr­kirche zum wichtigste­n Kirchenfes­t auch in diesem Jahr leer bleiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany