Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Nur ums Geld ging es noch nicht
Im Tarifstreit der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie gehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufeinander zu
FRIEDRICHSHAFEN - Konstruktiv, so lautet das Fazit nach der fünften Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften in den Tarifgesprächen der baden-württembergischen Metall- und Elektroin-dustrie. Allerdings haben IG Metall und Südwestmetall das bislang brisanteste Thema noch nicht angesprochen: Über Geld sei nicht verhandelt worden, wie beide Seiten nach der Verhandlungen in Kornwestheim am Mittwoch in einer virtuellen Pressekonferenz bestätigten.
„Wir sind einen Schritt weitergekommen, wir haben für alle Fragen Ansatzpunkte gefunden, um zu einem Ergebnis zu kommen“, erklärte Roman Zitzelsberger, Baden-Württembergs IG-Metall-Chef, der für die Arbeitnehmer die Gespräche führte. Für alle Fragen, bis auf die Frage, welche Spielräume es für Lohnerhöhungen gibt. Da standen die Positionen von Unternehmen und Beschäftigten zuletzt ziemlich unvereinbar gegenüber.
Die Gewerkschaft forderte Lohnerhöhungen von vier Prozent, der Arbeitgeberverband Kostensenkungen für alle Betriebe. „Die materielle Seite fehlt noch, in einem nächsten Schritt müssen wir übers Geld reden“, sagte Zitzelberger. Vorbereitet hatte die Gespräche eine Expertenrunde, die nach Angaben der IG Metall vor allem bei den Themen Zukunftstarifverträge, Beschäftigungssicherung und duale Ausbildung erhebliche Fortschritte erzielt habe. So lange allerdings die Arbeitgeberseite nicht auch in Bezug auf eine Lohnerhöhung ein verhandlungsfähiges Angebot vorlege, so lange werde „die IG Metall nicht den Fuß vom Gas nehmen und ihre Forderungen mit neuen Warnstreiks weiter auf die Straße tragen“, sagte Zitzelsberger.
Mit Warnstreiks so wie am Mittwoch in Friedrichshafen: Dort traten mehr als 7000 Beschäftigte des Automobilzulieferers ZF, des Motorenherstellers Rolls-Royce Power Systems, des Baumaschinenhändlers Zeppelin und des Gussspezialisten DGH in den
Ausstand. 1500 von ihnen schlossen sich zu einem „Band der Solidarität“zusammen, mit dem sie den gesamten Kern der Industriestadt am Bodensee umschlossen.
Die Arbeitgeber kritisierten die wiederholten Warnstreiks. „Wir finden es wenig zuträglich, wenn die eine Seite sich auf die Straße begibt, während die Verhandlungen noch laufen“, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende Wilfried Porth. Aber auch der Daimler-Personalvorstand bestätigte, dass die Gespräche vorangegangen seien und dass man Lösungskorridore gefunden habe. Auf die Frage, ob die Arbeitgeber weiter auf Kostensenkungen für alle Unternehmen beharrten, obwohl es doch einige, vor allem größere Konzerne gibt, die überraschend gut durch die Krise kommen, antwortete Porth: „Ich gehe davon aus, dass wir sowohl eine Differenzierung als auch etwas für alle Unternehmen hinbekommen werden.“
Eine neue Verhandlung haben die Parteien nicht vereinbart. Zuvor seien erst wieder die Experten am Zug.