Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Eltern warten auf Geld für stornierte Klassenfahrten
Auch Achtalschule in Baienfurt harrt der Kostenerstattung – Gesamtzahl betroffener Schulen unklar
STUTTGART - Enttäuschte Kinder, verärgerte Eltern: Die Corona-Pandemie hat Klassenfahrten im vergangenen Jahr unmöglich gemacht. Geplante Reisen mussten storniert werden. Das meiste Geld haben die Eltern wohl zurück erhalten, auf den Kosten für die Stornogebühren sitzen viele aber bis heute – obwohl das Kultusministerium versprochen hatte, die Kosten zu übernehmen. Ein Fallbeispiel aus dem Kreis Ravensburg zeigt, wie langsam sich die bürokratischen Mühlräder drehen.
Langsam aber sicher verliert Familie Rist den Glauben daran, dass sie ihr Geld wiedersieht. „Alle wissen um dieses Problem, aber es interessiert niemanden“, sagt Steffi Rist aus dem Bad Waldseer Teilort Reute (Kreis Ravensburg). Ihre Tochter besucht die Achtalschule im nahe gelegenen Baienfurt – eine Gemeinschaftsschule mit rund 500 Schülern. Die Neuntklässler hatten für Herbst 2020 eine Abschlussfahrt geplant, weil einige Kinder nach Klasse 9 ihren Abschluss machen und die Schule verlassen.
Bis heute warten die Eltern der Neuntklässler laut Rist auf 1540 Euro. Es handele sich dabei um Stornierungskosten, die nicht zurückgezahlt werden. Diese Kosten wollte das Kultusministerium übernehmen. Die Zusage dafür habe die Achtalschule bereits im September erreicht, sagt Rist. Nun, mehr als ein halbes Jahr später, ist aber noch immer kein Geld geflossen.
Ein Sprecher von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) betont, dass die Zusage stehe. Zunächst galt diese für alle Fahrten, die bis Ende
April 2020 storniert worden seien. 10 200 entsprechende Anträge seien gestellt worden, von denen 8850 bis Ende 2020 bedient worden seien. Doch nicht alle Fahrten seien fristgerecht storniert worden, erklärt der Sprecher. Deshalb habe die Landesregierung die Frist auf Ende Juli verlängert – und dadurch weitere Anträge wie die der Achtalschule bekommen. „Insgesamt rechnet das Kultusministerium mit Stornokosten in Höhe von rund 18,2 Millionen Euro“, erklärt er.
Und warum warten viele Eltern wie die der Achtalschule noch immer auf ihr Geld? Das müsse das Regierungspräsidium (RP) in Tübingen beantworten, erklärt Eisenmanns Sprecher. Für den Geldfluss seien die vier RPen im Land zuständig. „Die Abwicklung der Anträge läuft über die Regierungspräsidien.“
Das stimmt zwar, erklärt ein Sprecher des RP Tübingen. Allerdings warte die Behörde noch immer auf die entsprechenden Weisungen vom Ministerium. Nach der Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“habe sich das RP nochmal mit dem Kultusministerium ausgetauscht. Es gebe noch Klärungsbedarf im Ministerium, darauf warte das RP nun, so der Sprecher.
Die Achtalschule scheint auch keine Ausnahme zu sein. Genaue Zahlen hat das RP Tübingen zwar nicht ermitteln können. Schätzungsweise warteten im Regierungsbezirk aber wohl noch rund 80 Schulen auf die Erstattung ihrer Stornokosten, erklärt der Sprecher. Hochgerechnet aufs Land würde dies bedeuten, dass noch eine mittlere dreistellige Zahl an Schulen auf das versprochene Geld vom Land wartet.