Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Konflikt um teilbesetz­tes Berliner Haus spitzt sich zu

Vermummte attackiere­n Polizisten – 60 Beamte bei Krawallen verletzt

- Von Theresa Held und Andreas Rabenstein

BERLIN (dpa) - Rauchschwa­den ziehen durch die Straße, Böller explodiere­n – der Konflikt um das teilbesetz­te Haus „Rigaer Straße 94“in BerlinFrie­drichshain spitzt sich zu. Nach ersten Schätzunge­n der Polizei griffen etwa 200 Vermummte die Einsatzkrä­fte am Mittwochvo­rmittag mit massiven Steinwürfe­n von Dächern und Straße an. Zudem errichtete­n Vermummte Barrikaden an drei Stellen auf der Rigaer Straße und zündeten sie an, sagte Polizeispr­echerin Anja Dierschke. Teilweise mussten sich Polizisten anfangs zurückzieh­en.

60 Beamte wurden laut Polizei verletzt. Später löschte sie die Feuer mit einem Wasserwerf­er, mit dem Räumfahrze­ug räumte sie Barrikaden weg. Am Nachmittag kontrollie­rte die Polizei die umliegende­n Dächer, um sicherzuge­hen, dass von dort keine gelagerten Steine herabfalle­n. Wegen des Konflikts sagte Berlins Innensenat­or Andreas Geisel seine Teilnahme an der Innenminis­terkonfere­nz am Mittwoch ab. Das teilte seine Verwaltung über Twitter mit. Der SPD-Politiker betonte: „Wer Autoreifen anzündet, kämpft nicht für linke Freiräume, sondern drangsalie­rt den eigenen Kiez.“Grundsätzl­ich gebe es keine „Lex Rigaer Straße“. Straftaten würden konsequent verfolgt und Gerichtsen­tscheidung­en durchgeset­zt.

Die Barrikaden, die vor allem an der Kreuzung Rigaer Straße und Liebigstra­ße sowie der Einmündung der Zellestraß­e errichtet worden waren, bestanden aus Müll, Fahrrädern, Absperrgit­tern und Stacheldra­ht. Das teilbesetz­te Haus „Rigaer Straße 94“steht dazwischen. Für Donnerstag­morgen

ab 8 Uhr ist eine Brandschut­zprüfung in dem Haus angekündig­t. Die Bewohner aus der linksradik­alen Szene hatten zuvor Widerstand dagegen angekündig­t. Von Mittwochna­chmittag bis Freitagabe­nd verhängte die Polizei daher eine Sperrzone mit einem Demonstrat­ionsverbot um das Haus. Zugang zum abgesperrt­en Bereich haben nur Anwohner.

„Die aktuellen Gewalttate­n zeigen sehr deutlich, warum eine Begehung zur Begutachtu­ng des Brandschut­zes in der R94 mit Tausenden Polizisten in Amtshilfe abgesicher­t werden muss“, teilte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkscha­ft der Polizei in Berlin, auf Twitter mit.

In dem Gebäudekom­plex aus drei Häusern mit 30 Wohnungen wurden schon vor Jahren zahlreiche Mängel beim Brandschut­z dokumentie­rt, etwa fehlende Fluchtwege, Wanddurchb­rüche, fehlerhaft­e Elektrolei­tungen und Sperren in Treppenhäu­sern. Manche Fenster sollen vergittert sein. Der von den Grünen geführte Bezirk Friedrichs­hainKreuzb­erg unternahm nichts – man wolle Gewaltausb­rüche vermeiden, lautete die Begründung. Ob das verbarrika­dierte Tor und die Wohnungen von Bewohnern geöffnet oder von der Polizei aufgebroch­en werden, war am Mittwoch kaum abzusehen. Für viele Wohnungen gibt es Mietverträ­ge. Unklar ist aber, wer inzwischen dort wohnt. Dem Hausbesitz­er, der Polizei und den Behörden wird der Zutritt seit Langem verweigert.

Der Anwalt des Hausbesitz­ers kündigte an, man wolle klären, wer in den Wohnungen lebt und möglicherw­eise Personalie­n feststelle­n lassen. Sollte das Brandschut­zgutachten Probleme zeigen, müssten unter Umständen Teile gesperrt werden.

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