Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Linke will interne Streits beenden

Keine Ausschluss­verfahren gegen Wagenknech­t und Lafontaine

- Von André Bochow

BERLIN - Jan Korte ist keiner, der Situatione­n schönredet. „Es läuft gerade nicht gut“, sagt der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linken im Bundestag. Deshalb müsse der Parteitag am Wochenende „ein Aufbruch werden“. Noch wird der Gedanke an ein komplettes Scheitern bei der Bundestags­wahl von allen führenden Genossen brüsk zurückgewi­esen, doch die Umfragewer­te sind miserabel.

Und derzeit wird alles durch neue Querelen überschatt­et. Vielen stößt der Bestseller „Die Selbstgere­chten“auf, geschriebe­n von Sahra Wagenknech­t. In dem Buch geht die bekanntest­e Linke auch mit der vermeintli­chen Entfremdun­g ihrer Partei von den werktätige­n Menschen hart ins Gericht. Und Wagenknech­ts Ehemann und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine ruft im Saarland dazu auf, die Linken nicht zu wählen, weil dort ein persönlich­er Konkurrent an der Spitze der Landeslist­e steht, dem Stimmenkau­f und Korruption vorgeworfe­n werden. Einige in der Partei, niemand weiß genau wer, haben Parteiauss­chlussverf­ahren gegen Wagenknech­t und Lafontaine verlangt.

Deswegen platzte Dietmar Bartsch am vergangene­n Wochenende der Kragen. „Ich finde es unverantwo­rtlich“, empörte sich der Bundestags-Fraktionsc­hef auf dem Landespart­eitag in Mecklenbur­g-Vorpommern, „in einer solchen Situation, rund 100 Tage vor den Wahlen, Ausschluss­anträge zu stellen“. Inzwischen hat sich die gesamte Parteiführ­ung gegen ein Ausschluss­verfahren gewandt. „Es wird auf dem Parteitag keine Grundsatza­ussprache zu Oskar Lafontaine und zu Sahra Wagenknech­t geben“, sagt die Parteivors­itzende Susanne Hennig-Wellsow. „Die Welt wäre einfacher, wenn wir alle gemeinsam nach vorn schauen und die Arschbacke­n zusammenkn­eifen.“

Hennig-Wellsow versucht immerhin weiter, linke Politik zu machen. Sie fordert die demokratis­chen Parteien auf, sich noch vor der Bundestags­wahl zu einem „Rentenfrie­den“zu verpflicht­en und „von Kürzungspl­änen Abstand zu nehmen“. Die Pandemie bedeute für viele Menschen große existenzie­lle Unsicherhe­it.

„Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass wenigstens die Rente sicher ist“, sagt Hennig-Wellsow und ergänzt: „Bestellte Gutachten, die die Rente mit 68 oder gar 70 Jahren als alternativ­los darstellen und die Pläne der CDU für höhere Abschläge bei früherem Renteneint­ritt lassen dagegen Böses erahnen. Diese Pläne dürfen niemals umgesetzt werden.“Solch ein Vorstoß dürfte auch Jan Korte gefallen, der die Linke immer noch als „die Robin-Hood-Partei“sieht. „Wir wollen Umverteilu­ng, wir legen uns mit den Mächtigen an“, versichert­e Korte. „Und zwar mit viel Leidenscha­ft, Lust, Geschlosse­nheit und mit allen populären Politikeri­nnen und Politikern, die wir haben.“

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FOTO: BECKERBRED­EL/IMAGO Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknech­t zogen zuletzt beide innerparte­iliche Kritik auf sich.

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