Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auch auf der Alpenhütte gilt die 3G-Regel
Einkehr auf dem Weg zum Gipfel ist mit Einschränkungen wieder möglich
Freundlich begrüßen die Hausschafe Lisa und Mara die Wanderer. Sie haben es sich im Schatten der Bochumer Hütte oberhalb Kitzbühels bequem gemacht. Enzian blüht blau auf der Almwiese, während die Gipfel darüber noch eine weiße Kappe tragen. Hüttenwirtin Ilona Hultsch war noch kurz im Tal und hat neue Gasflaschen geholt. Sie darf wieder Gäste empfangen.
Nicht nur in Österreich, auch in Bayern sind die Hütten inzwischen wieder offen. Anmeldung, Abstand, negativer Test: Noch gibt es viel zu beachten. Ilona Hultsch bleibt trotzdem entspannt: „Vor allem Familien tut es gut, wenn mal nichts scheppert außer den Kuhglocken. Sie waren so lange eingesperrt“, sagt die gelernte Sozialarbeiterin aus München. „Deshalb werde ich alle Regeln ganz brav befolgen.“
Doch ganz unkompliziert sind Bergtouren auch in diesem Jahr nicht. Viele Bergsteigerinnen und Wanderer sind besonders bei mehrtägigen Hüttentouren noch zurückhaltend.
Wenn der Rucksack gepackt wird, sind neben den üblichen AHA-Regeln noch ein paar mehr Dinge zu beachten. Jeder Tagesgast muss sich registrieren – das gilt für alle Hütten in Deutschland und Österreich. Da viele Wirte die Kontaktdaten digital verarbeiten, ist es ratsam, ein Handy dabeizuhaben. Auch eine Maske sollte im Rucksack sein, schon falls man auf dem Weg aufs Klo durchs Haus gehen muss.
Für Außen- und Innengastronomie gilt in Österreich die griffige 3GRegel: geimpft, genesen, getestet. Mit den entsprechenden Nachweisen darf man auf Terrassen und in Gaststuben. Seit dem 10. Juni sind größere Gruppen an einem Tisch erlaubt: drinnen acht Personen aus unterschiedlichen Haushalten und draußen 16. Kinder unter 14 Jahren sind von der Testpflicht ausgenommen. Minderjährige dürfen zuzüglich der Gruppengrößen an den Tisch.
In den bayerischen Alpen bleibt es kompliziert. Ob drinnen oder draußen gespeist wird, wie viele Personen aus wie vielen Hausständen am Tisch sitzen dürfen: All das ist von der Inzidenz im jeweiligen Landkreis abhängig. Immerhin sind seit dem 7. Juni Lockerungen in Kraft. So ist die Testpflicht für Tagesgäste bei Inzidenzen unter 50 in den Landkreisen aufgehoben und zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten plus Kinder dürfen an einen Tisch.
Wer seinen Test vergessen hat, der kann im Notfall oft To-go-Angebote der Hütte nutzen. Dann werden die Speisen eben nicht auf der Terrasse, sondern im Grünen konsumiert.
Auf mehrtägigen Hüttentouren ist jeder Gast in den bayerischen und österreichischen Alpen aufgefordert, vorher zu reservieren. Ein eigener Schlafsack, ein Kopfkissenbezug und ein Handtuch müssen im Rucksack sein. Nur eine Gruppe aus einem Zimmer darf gemeinsam den Waschraum benutzen. Danach muss gelüftet und desinfiziert werden. Für mehrtägige Touren sollte man Testsets mitnehmen.
Auch hier haben Bayern und Österreich im Detail unterschiedliche Vorgaben: Für die Schlaflager in Bayern gilt aktuell eine Maximalbelegung von zehn Personen, für Geimpfte und Genesene ist der Status noch nicht klar. In Österreich dürfen sie mit anderen Gruppen zusammengelegt werden.
Vor jeder Wanderung ist es also ratsam, sich telefonisch oder auf den Webseiten der Hütten zu informieren. Einen guten Überblick über die Hütten der Sektionen gibt es beim Deutschen Alpenverein (DAV). Mehr denn je sind Planung und Eigenverantwortung gefragt.
An einem Sonntagvormittag, wenn Ärzte und Apotheken geschlossen haben, bilden sich vor den Teststationen im Raum Kitzbühel schon einmal größere Schlangen. Da ist es cleverer, sich vorher zu Hause zu testen. Gepäck lässt sich reduzieren, indem man die Reiseapotheke in der Gruppe aufteilt. Moderne Schlafsäcke sind inzwischen ultraleicht.
Da weiter Abstandsregeln gelten, können die Wirte weniger Tische aufstellen. „An sonnigen Sommertagen könnte es eng werden“, warnt Hanspeter Mair vom DAV. Da hilft nur ein bisschen mehr Zeit einzuplanen oder eine eigene Brotzeit dabei zu haben. „Geduld ist das neue Stichwort“, sagt Mair. „Das sind wir unseren Hüttenbetreibern schuldig, die wir bei der Stange halten wollen.“
Immerhin ist auch beim DAV die Stimmungslage heller geworden, seit Lockerungen beschlossen worden sind. „Ganz zufrieden sind wir aber noch nicht“, sag Mair. „Mit den Regeln in Österreich können wir gut leben. In Bayern ist dagegen immer noch offen, wie man mit den Geimpften und Genesenen umgeht. Da würden wir uns für die großen Matratzenlager Maßgaben wünschen. Bisher dürfen nur zehn von manchmal bis zu 40 Betten belegt werden. Das ist ein heikles Thema.“
Zurück in die Kitzbüheler Alpen: Wirt Tom Gaaß auf der Hochwildalm braucht gerade ein starkes Organ. Trotz Eingangstor mit QR-Code und Hinweistafel strömt eine ganze Gruppe einfach so auf die Terrasse. Der Regensburger gibt an der Theke nicht nur Getränke aus, er prüft nun auch Dokumente.
Gut strukturiert und schnell sei die Anmeldung gewesen, sagt Manfred Lehner. Die Impfausweise hatten sie dabei – und mussten sie auch vorzeigen. Jetzt, da er zum ersten Mal wieder in der vertrauten Natur sitzt, kann er seine freudigen Gefühle nur mit einer ausladenden Bewegung der Arme ausdrücken.