Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wollte dieser Mann die Synagoge anzünden?

Polizei sucht mit Fotos nach dem Verdächtig­en – Er ist mittelalt und tätowiert

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ULM (rau) - Ermittler sind dem Urheber des Anschlags auf die Ulmer Synagoge offenbar dicht auf den Fersen. Am Donnerstag veröffentl­ichte die Polizei Fotos und sogar ein Video des Mannes (auf schwaebisc­he.de), von dem sie glaubt, dass er in den Morgenstun­den des 5. Juni das Gotteshaus in Brand setzen wollte. Wer den Mann kennt, soll sich bei der Polizei melden.

Schwarzer Kapuzenpul­li, Jeans, weiße Turnschuhe. Der Mann mittleren Alters mit der leicht stämmigen Statur, der am Samstag, 5. Juni, um 7.45 Uhr an der Haltestell­e „Lehrer Tal“in den Bus der Linie 5 einsteigt mit dem Zielort Ulmer Rathaus (so zeigen es die nun veröffentl­ichten Fotos der Bus-Kameras), wirkt nicht sonderlich auffällig. Eher der Typ: Durchschni­ttsbürger. Das Haar schon etwas licht, Bart. Auch seine Tätowierun­gen am linken Unterarm fallen kaum auf.

Die Tat allerdings, die er laut Polizei im Anschluss dann begangen haben soll, hat für großes Entsetzen gesorgt. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n sprach vom „heimtückis­chen Gesicht des Antisemiti­smus“und sagte: „Wir stehen den jüdischen Gemeinden bei. Nach den Anschlägen von Halle haben wir im Land bereits die Sicherheit­smaßnahmen verstärkt.“

Nachdem der Mann am Rathaus ausgestieg­en war – im Gepäck hatte er eine orangene Einkaufsta­sche –, soll er sich aufgemacht haben zur Synagoge am Ulmer Weinhof, nur ein Steinwurf entfernt. An einem Eck des massiven Bauwerks, eine regelrecht­e Festung, soll der Mann dann eine Flüssigkei­t ausgeschüt­tet und diese angezündet haben. Die Polizei: „ein Brandansch­lag“.

Der Ulmer Rabbi Shneur Trebnik zeigte sich erschütter­t. Genauso wie große Teile der Ulmer Stadtgesel­lschaft. Innenminis­ter Thomas Strobl reiste an, es gab eine Mahnwache. Sogar das Internatio­nale AuschwitzK­omitee schaltete sich ein. Wollte hier jemand tatsächlic­h die Ulmer Synagoge in Brand setzen – knapp zehn Jahre, nachdem sie eröffnet wurde? Die alte Ulmer Synagoge war von den Nazis im Winter 1938/39 zerstört worden.

Belastend auch: die Ungewisshe­it. Wer steckt hinter der Tat, was hat den Täter angetriebe­n. Handelte er allein oder ist gar ein Netzwerk dafür verantwort­lich?

Schlimmere­s konnte zum Glück verhindert werden. Ein Zeuge beobachtet­e das Geschehen und rief umgehend die Feuerwehr. Es entstand Sachschade­n, sichtbar in Form eines schwarzen Brandfleck­s. Der Mann, den die Polizei seit Donnerstag öffentlich sucht, flüchtete nach der Attacke.

Die Polizei, die eine eigene Ermittlung­sgruppe eingericht­et hat, geht davon aus, wohl den Richtigen zu haben. Es könnte sich um die Person handeln, die „für den Anschlag verantwort­lich ist“. Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei einen Verdächtig­en nach einer Attacke auf die

Ulmer Synagoge mittels Foto sucht. 2017 trat ein Mann mehrmals gegen die Fassade, beschädigt­e sie. Dieser Mann konnte allerdings bis heute nicht ermittelt werden.

Wer Hinweise geben kann zu dem Gesuchten, wendet sich an die Kriminalpo­lizei: 0731/188-4999.

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FOTO: STEFAN PUCHNER Innenminis­ter Thomas Strobl mit Rabbiner Shneur Trebnik an der Synagoge.
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FOTOS: POLIZEI Der Tatverdäch­tige beim Einstieg in den Bus.
 ??  ?? Der Tatverdäch­tige von vorne.
Der Tatverdäch­tige von vorne.
 ??  ?? Der Mann ist am linken Unterarm tätowiert.
Der Mann ist am linken Unterarm tätowiert.
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