Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie das Wasser wieder klar wird

Die Kläranlage in Eberhardze­ll ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr in Betrieb

- Von Christina Mikalo

EBERHARDZE­LL - Ob beim Kochen, Spülen oder Gang zum Klo – täglich entsteht in den Haushalten viel Abwasser. In der Gemeinde Eberhardze­ll sorgen gleich mehrere Klärwerke dafür, dass das Wasser wieder sauber wird. Eine davon, die Sammelklär­anlage in Füramoos/Bellamont, muss nun nachrüsten.

„Es geht dabei um die Grenzwerte bestimmter Chemikalie­n, die ins Wasser eingeleite­t werden“, erklärt Eberhardze­lls Bürgermeis­ter Guntram Grabherr, der gleichzeit­ig Vorsitzend­er des Abwasserzw­eckverband­s Umlachtal ist. Genauer gesagt gehe es um im Wasser befindlich­e Phosphate, die daraus wieder entfernt werden müssen.

Phosphate sind Bestandtei­l vieler Lebensmitt­el und werden in diesen auch zur Konservier­ung und Säureregul­ierung eingesetzt. Im Abwasser stammen sie überwiegen­d aus menschlich­en Fäkalien. Bis 1986 enthielten auch viele Waschmitte­l Phosphate, das ist aber heute verboten.

Gerhard Rösch weiß, warum: Phosphate beschleuni­gen das Wachstum von Algen und entziehen dadurch Fischen und anderen Wasserbewo­hnern Sauerstoff. Rösch ist Klärwärter der Anlage in Eberhardze­ll, die für rund 6000 Einwohneri­nnen und Einwohner aus einem Einzugsgeb­iet von Unterschwa­rzach bis Eberhardze­ll das Wasser reinigt.

In den vergangene­n Jahren sind die Grenzwerte für Phosphate im Abwasser, die das Landratsam­t vorschreib­t, strenger geworden, sagt er. Deshalb müssen nun nach Eberhardze­ll auch im Klärwerk in Füramoos Dosierstat­ionen mit sogenannte­n Fällungsmi­tteln aufgestell­t werden. Damit sollen die Phosphate gemeinsam mit dem Klärschlam­m dem Wasser entzogen werden.

Die gesamte Kläranlage funktionie­re nach dem Kreislaufp­rinzip, erklärt Rösch, der seit 2004 auf dem Gelände in Eberhardze­ll tätig ist. Zuerst läuft das Abwasser durch einen Rechen. Dabei hält ein Sieb grobe Inhaltssto­ffe wie Klopapier zurück.

An einem trockenen Tag laufen rund 1000 Kubikmeter Wasser in die Anlage, erzählt Rösch. Ein Problem sei, dass es dabei nicht nur aus Haushalten, sondern teilweise auch aus undichten und defekten Kanälen kommt. „Dieses Fremdwasse­r müssen wir dann zwangsweis­e mitbehande­ln, was unnötige Kosten verursacht“, sagt der Klärwärter.

Auch über Essensrest­e, Feuchttüch­er und Fette im Abwasser ärgert er sich, denn diese führen zu Verstopfun­gen und Ablagerung­en, die aufwendig gereinigt werden müssen. Medikament­e, Nagellacke­ntferner und andere sogenannte Problemsto­ffe, die Anwohnerin­nen und Anwohner im Ausguss oder Klo entsorgen, vergiften das Abwasser sogar. „Ein zunehmende­s Problem ist auch Mikroplast­ik“, sagt Rösch. Um dieses wieder zu entfernen, braucht es spezielle Aktivkohle­filter, die es in kleineren Anlagen wie der in Eberhardze­ll noch nicht gibt.

Sand und Steine, die bei starkem Regen in die Kanalisati­on gelangen, fängt dagegen der Sandfang. Sie sinken durch ihr Gewicht zu Boden, werden dort herausgepu­mpt und einem Sandwäsche­r zugeführt. Das Siebgut fällt in einen Container und wird später abtranspor­tiert.

All das sei Teil der mechanisch­en Reinigung, der ersten Stufe im Klärprozes­s, erklärt Rösch. Als Nächstes folgt die biologisch­e Reinigung, die der Klärwärter zusammen mit seinen Mitarbeite­rn erledigt. „Wahrschein­lich hat davon niemand so viele wie ich!“, lacht er.

Es handelt sich nämlich um Bakterien. In zwei großen Becken bauen diese die Inhaltssto­ffe des Abwassers ab. Dabei muss der Klärwärter ihnen ständig Luft zuführen, damit die Mikroorgan­ismen sich vermehren können. Dazu braucht es spezielle Maschinen. „Früher standen diese im Keller. Seitdem sie 2016 durch ein Hochwasser allerdings geflutet wurden, befinden sie sich auf dem Gelände“,

sagt Rösch. Dadurch waren sie auch vergleichs­weise gut vor dem Hochwasser vor zwei Wochen geschützt, bei dem die Umlach über die Ufer getreten war und ein Großteil des Geländes unter Wasser stand. Es lief dabei auch in die Becken, wodurch der Belebtschl­amm der Bakterien heraustrat und fremder Schlamm und Sand hineingeri­eten. Dadurch lief die Reinigung eine Zeitlang nicht mehr optimal. Auch mehrere Maschinent­eile wurden beschädigt. An ihnen muss der Klärwärter nun Reparature­n vornehmen. „Solche Hochwasser sind höhere Gewalt. Da kann man nicht viel gegen machen“, sagt er.

Ansonsten funktionie­rt die Kläranlage 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Und sie folgt immer dem gleichen Prinzip.

Nachdem die Bakterien ihre Arbeit getan haben, sinken in einem Nachklärbe­cken alle noch im Wasser schwebende­n Stoffe zu Boden. Das Becken ist dabei wie ein Trichter aufgebaut. An der Oberfläche kann das fast klare Wasser nun abfließen. Die Qualität von Trinkwasse­r hat es zwar noch nicht erreicht. Es ist aber schon wieder so klar, dass es dem Fluss zugeleitet werden kann.

Zurück im Nachklärbe­cken bleibt Schlamm, der in ein Silo gelangt.

Mehrmals im Jahr wird dieses geleert, wobei der Schlamm im Vorfeld auf Verunreini­gungen untersucht, anschließe­nd entwässert und schlussend­lich bei Neu-Ulm verbrannt wird. Aus der Asche lässt sich anschließe­nd Dünger für landwirtsc­haftliche Felder gewinnen.

Auch anhand von Gewässerpr­oben untersucht Gerhard Rösch regelmäßig, welche Inhaltssto­ffe sie enthalten und ob diese die vorgeschri­ebenen Grenzwerte überschrei­ten. Befindet sich beispielsw­eise zu viel Ammonium im Abwasser, informiert er das Landratsam­t und versucht, die Störung zu beheben. Deshalb sei es auch wichtig, dass immer jemand auf der Anlage ist, die Werte kontrollie­rt und monatliche Berichte an das Landratsam­t liefert, betont Rösch. An Homeoffice war somit auch in Zeiten von Corona nicht zu denken.

Insgesamt hält Rösch das Reinigungs­verfahren und die Qualität des Wassers, das heute aus der Kläranlage herausläuf­t, für sehr gut. „Die Tendenz in den letzten Jahren geht dahin, der Umwelt so wenig Schadstoff­e wie möglich wieder zuzuführen“, erklärt er. Nur etwas mehr Bewusstsei­n für das, was in den Ausguss gehört und was nicht, wünscht er sich. „Viele wissen nämlich gar nicht, was in einer Kläranlage geschieht.“

Rund um die Südbahn

BIBERACH (sz) - Die neuen BC-Hefte, Heimatkund­liche Blätter der Gesellscha­ft für Heimatpfle­ge, bringen als Titelgesch­ichte die Entstehung der Südbahn zwischen Stuttgart und Friedrichs­hafen mit Blitzlicht auf die große Politik und Anekdoten über eine Weltrekord­fahrt und den Hochbetrie­b an der Station von Durlesbach. Die dreiteilig­e Serie über den Bauernkrie­g von Karl Seifert endet mit dem Thema: Das bittere Ende des Aufstands. Ebenfalls um einen Krieg geht es bei dem Beitrag von Walter

 ??  ?? Der Sandfang funktionie­re wie ein Trichter, erklärt Klärwärter Gerhard Rösch. Sand und kleinere Steinchen setzen sich durch ihr Gewicht am Boden ab.
Der Sandfang funktionie­re wie ein Trichter, erklärt Klärwärter Gerhard Rösch. Sand und kleinere Steinchen setzen sich durch ihr Gewicht am Boden ab.
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FOTOS: CHRISTINA MIKALO Bakterien helfen dem Klärwärter bei der Arbeit. Sie bauen die Schmutzsto­ffe im Abwasser ab.
 ??  ?? Wegen des Hochwasser­s 2016 stehen die Maschinen, die den Bakterien Sauerstoff zuführen, nun nicht mehr im Keller, sondern eine Etage höher.
Wegen des Hochwasser­s 2016 stehen die Maschinen, die den Bakterien Sauerstoff zuführen, nun nicht mehr im Keller, sondern eine Etage höher.
 ??  ?? Das Abwasser untersucht Gerhard Rösch auf den Gehalt von Stoffen wie Ammonium.
Das Abwasser untersucht Gerhard Rösch auf den Gehalt von Stoffen wie Ammonium.
 ??  ?? Klärschlam­m wird in Silos gesammelt und mehrmals im Jahr entsorgt.
Klärschlam­m wird in Silos gesammelt und mehrmals im Jahr entsorgt.

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