Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein letzter Gefallen des legendären Verteidige­rs

Spaniens nicht nominierte­r Ramos nimmt Trainer Enrique aus der Schusslini­e

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SEVILLA (SID) - Sergio Ramos tat Luis Enrique diesen Gefallen wohl eher ungewollt. Nicht etwa die Seleccion, sondern der Abschied ihres langjährig­en Kapitäns von seinem Klub Real Madrid bestimmte am Donnerstag­morgen die Titelseite­n der spanischen Zeitungen. Die besorgnise­rregende Torflaute der Nationalma­nnschaft war zwei Tage vor dem wegweisend­en Krisen-Duell mit Polen nur Randthema – ausnahmswe­ise.

„Eine Legende geht“, stand in riesigen Buchstaben auf dem Cover der Marca, die wie andere Medien die nach 16 Jahren endende Erfolgs-Ära des Kapitäns auch der Königliche­n würdigte. Die Sportzeitu­ng As widmete gar ihre ersten drei Seiten ausschließ­lich Ramos. Am Donnerstag wurde er durch Präsident Florentino Perez in Madrid feierlich verabschie­det. „Die Zeit ist gekommen, eine der schwierigs­ten in meinem Leben, um mich zu verabschie­den“, sagte Ramos, ehe er mit Tränen in den Augen seine Rede kurzzeitig unterbrech­en musste. „Danke an Real Madrid, ich werde euch immer in meinem Herzen tragen.“

Ob auch Nationaltr­ainer Enrique im nahegelege­nen Teamquarti­er in Las Rozas bei der Zeremonie einschalte­te, ist nicht bekannt. Der Coach der Furia Roja dürfte allerdings froh gewesen sein, dass es in Spanien neben seinem Sturmprobl­em und der Reizfigur Alvaro Morata plötzlich ein anderes, großes Thema gibt.

Enrique hatte vor Turnierbeg­inn aus Fitnessgrü­nden ganz bewusst auf Rekordnati­onalspiele­r Ramos verzichtet – und damit zweifellos eine mutige und bemerkensw­erte Entscheidu­ng

getroffen. Denn Ramos,laut Toni Kross „Bester! Verteidige­r! Jemals“, gilt nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Kabine als Leitwolf. Seit 2006 hatte er in jedem Turnier für Spanien auf dem Feld gestanden.

Doch Enrique wollte lieber frische Gesichter, setzt auf gleich 18 Turnierdeb­ütanten. Das junge spanische Team ist am Samstag (21 Uhr/ARD und MagentaTV) gegen Polen um Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i gefordert, das 0:0 zum Auftakt gegen Schweden vergessen zu machen. Und das geht nur mit Toren. „Torflaute? Ich kann es nicht mehr hören, wir hatten doch eine Menge Chancen“, motzte Enrique.

Im Zentrum der Kritik steht unveränder­t Morata. Der Stürmer von Juventus Turin hatte gegen Schweden gleich mehrere Chancen liegen gelassen. Dass Enrique seinen Angreifer, der nach den Pfiffen bei seiner Auswechsel­ung sichtlich betroffen auf der Bank gesessen hatte, fallen lässt, ist jedoch unwahrsche­inlich. Am Freitagabe­nd darf Morata sich auf der Pressekonf­erenz vor dem Spiel gegen Polen selbst den kritischen Fragen stellen: Ein klares Indiz dafür, dass er am folgenden Tag auch spielen wird.

Ramos, das ist sicher, verfolgt die Spiele von daheim als Fan. Vor dem Schweden-Spiel hatte er dem Team über die sozialen Medien seine „Unterstütz­ung und Ermutigung“übermittel­t. Manch ein spanischer Fan würde wohl auch gern auf die Torgefährl­ichkeit des kopfballst­arken Defensivsp­ielers zurückgrei­fen. In 180 Länderspie­len gelangen Ramos immerhin 23 Treffer.

 ?? FOTO: ADAM DAVY/DPA ?? Nicht bei der EM dabei, trotzdem im Mittelpunk­t: Sergio Ramos sorgt mit seinem Abschied von Real Madrid für Schlagzeil­en.
FOTO: ADAM DAVY/DPA Nicht bei der EM dabei, trotzdem im Mittelpunk­t: Sergio Ramos sorgt mit seinem Abschied von Real Madrid für Schlagzeil­en.

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