Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kein Sieg für Eriksen
Dänemark verliert hochemotionales Spiel nach Drama – Rückkehrer De Bruyne führt Belgien ins Achtelfinale
KOPENHAGEN (SID) - Christian Eriksens Daumendrücken im Krankenhaus hat nicht geholfen. Dänemark steht bei der Fußball-EM nach einem 1:2 (1:0) gegen den WM-Dritten Belgien im höchst emotionalen Spiel eins nach dem Drama um seinen kollabierten Mittelfeldstar vor dem Aus. Belgien hingegen schaffte als zweite Mannschaft nach Italien vorzeitig den Einzug ins Achtelfinale.
Zwar brachte in der symbolbeladenen Begegnung der Leipziger Yussuf Poulsen (2.) die Gastgeber früh in Führung. Nach der Pause aber drehten der Dortmunder Thorgan Hazard (55.) sowie der erstmals bei der EM zum Einsatz gekommene Topstar Kevin De Bruyne (70.) die Begegnung zugunsten des Weltranglistenersten. Die größte Chance zum Ausgleich hatte Martin Braithwaite mit einem Lattentreffer (87.). „Es war sehr emotional. Die Stimmung war brutal. Wir haben eine super Leistung abgeliefert, es ist schade, dass wir nichts mitnehmen“, sagte Poulsen im ZDF. Natürlich habe man Eriksen „im Kopf, wir sind einfach froh, dass es ihm gut geht. Das ist das A und O.“
Fünf Tage nach Eriksens Zusammenbruch und anschließender Wiederbelebung im Auftaktspiel der Dänen an selber Stelle gegen Finnland (0:1) stand das Spiel unter den Augen von Dänemarks Kronprinz Fredrik und seiner Gattin Mary ganz im Zeichen des Rückhalts für den 29-Jährigen, der nach seinem dramatischen Kollaps einen Defibrillator eingesetzt bekommen wird: Als die Mannschaft von Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand zum Aufwärmprogramm ins
Parken-Stadion zurückkehrte, erhoben sich die rund 23 000 Zuschauer einschließlich der belgischen Anhänger. Bei der Eröffnungszeremonie vor den mit Aufmunterungsbannern für den Star von
Inter Mailand behangenen Rängen war Dänemarks Trikot auf dem
Rasen mit Eriksens Rückennummer „10“gestaltet, und das belgische Team überreichte den Gastgebern zu „You’ll never walk alone“ein von allen Spielern signiertes Trikot mit dem Schriftzug „Gute Besserung“.
Direkt nach dem Anpfiff aber schienen die Dänen die Erinnerungen an Eriksens Kollaps buchstäblich wegwirbeln zu wollen. „Wir wollen sportlich etwas Außergewöhnliches für Christian tun“, hatte Hjulmand vor dem Spiel gesagt. Belgien wirkte völlig überrumpelt. Ehe sich die Roten Teufel auch nur annähernd auf die Offensivpower der Platzherren einstellen konnten, traf Poulsen schon zur Führung des früheren Europameisters. Ihre Führung feierten die „Wikinger“fast genau an der Stelle von Eriksens Zusammenbruch.
Erneut symbolträchtig in der zehnten Minute unterbrachen beide Mannschaften das Spiel und hielten inne: Spieler, Betreuer und alle Zuschauer applaudierten für Eriksen. Angetrieben von den frenetischen
Fans kaufte Dänemark den favorisierten Belgiern auch danach zunächst weiter den Schneid ab. Selbst der gefürchtete Stürmerstar Romelu Lukaku war gegen die dänische Abwehr wirkungslos, stand aber auch zumeist alleine auf weiter Flur.
Zu Beginn des zweiten Abschnitts besannen sich die Belgier offenkundig ihrer Stärken, zumal De Bruyne nach seinem Augenhöhlen- und Nasenbeinbruch im Champions-League-Finale vor zwei Wochen zu seinem Turnierdebüt ins Spiel gekommen war. Der Spielmacher von Englands Meister Manchester City war auch prompt im Zusammenspiel mit Lukaku Wegbereiter von Hazards Ausgleichstor.
Kurz danach hatten auch die Belgier ihren ganz eigenen emotionalen Moment: Axel Witsel feierte durch seine Einwechslung nur etwas mehr als fünf Monate nach seinem Achillessehnenriss sein Comeback. Zunehmend gewann Belgiens Starensemble die Kontrolle über das Spiel. Die Dänen hielten zwar weiter tapfer dagegen, konnten aber nicht mehr eine solche Wucht wie in der Anfangsphase der Begegnung entfalten. De Bruynes Tor brach ihren Willen.
Dennoch gab es nach dem Spiel Lob aus dem Krankenhaus: „Christian hat uns eine Nachricht geschrieben. Er schrieb, dass wir unglaublich waren“, berichtete Stürmer Martin Braithwaite.
1:0 Poulsen (2.), 1:1 T. Hazard (55.), 1:2 De Bruyne (70.). – Zuschauer: 23 395 in Kopenhagen.