Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die schwere Geburt des Alb-Donau-Kreises
Ventur Schöttle erinnert sich zurück – Warum Emeringen auf den letzten Drücker in den Kreis kam
EHINGEN - Der 24. Juli des Jahres 1971 wird dem ehemaligen Landtagsabgeordneten und Staatssekretär Ventur Schöttle aus Granheim ewig in Erinnerung bleiben. Denn diesen Tag bezeichnet der CDU-Politiker als die Geburtsstunde des heutigen Alb-Donau-Kreises. Eine große Rolle dabei spielte an diesem Tag die kleinste Gemeinde des Kreisgebiets – nämlich Emeringen.
Um zu verstehen, warum der AlbDonau-Kreis heute so ist, wie er ist, geht die Reise weit zurück. Genauer gesagt zum Ende der 1960er-Jahre, als im politischen Stuttgart ein großer Streit um die richtige Bildungspolitik tobte. Die Schulen waren damals meist streng nach Konfessionen getrennt. „Ich erinnere mich noch gut, wie so manche Dörfer ihre Schulen verloren haben“, sagt Ventur Schöttle, der schon Ende der 1960er Jahre spürte, wie es in den Gemeinden brodelte. Und genau in diese Zeit fiel dann auch die größte Verwaltungsstrukturreform und -vereinheitlichung der noch jungen Landesgeschichte.
Um größere und vor allem effizientere Verwaltungsgemeinden zu erhalten, wurde die Anzahl der Gemeinden immens reduziert. Von den ursprünglich über 3000 Städten und Gemeinden blieben nach der Reform nur noch 1101 übrig. „Und dabei ging es auch um unseren Altkreis Ehingen, zu dem damals neben Ehingen auch Schelklingen, Munderkingen, die Winkelgemeinden und auch Oggelsbeuren gehörten“, sagt Schöttle, dessen Wahlkreis damals Ehingen/ Münsingen hieß.
Wegweisende Entscheidungen, die unsere Region noch heute prägen, wurden damals quasi wie am Fließband getroffen. „Ulm war immer bei Nord-Württemberg und ist dann zu Süd-Württemberg gelegt worden. Plötzlich war Ulm viel näher bei uns. Ulm ist damals zu uns gekommen“, erinnert sich Schöttle, der dann zu einer wesentlichen Figur der Kreisreform wurde, die den Altkreis Ehingen in seiner damaligen Form auflöste.
„Ich habe damals massiv für den Altkreis Ehingen gekämpft. Ich wollte nicht, dass dieser aufgelöst wird und im neuen Landkreis Ulm untergeht. Das damalige Ehinger Stadtoberhaupt Wilfried Henger kämpfte für Ehingen als Sitz des Landkreises. Der Widerstand war brutal“, betont Schöttle, der damals Städte wie Laupheim, Münsingen und Riedlingen in den Altkreis Ehingen integrieren wollte, um diesen als eigenen Kreis halten zu können.
„Das alles ist mir nicht gelungen und ich habe den Kampf verloren. Es war für mich eine Katastrophe, ich war persönlich richtig betroffen davon, dass der Altkreis Ehingen aufgelöst wird. Das war meine politische Heimat“, so Schöttle, der noch heute davon enttäuscht ist.
In der Nacht bevor der neue Landkreis, der den Namen Landkreis Ulm erhalten sollte, im Landtag beschlossen wurde, hatte Ventur Schöttle eine Eingebung. „Ich wollte den Namen Ulm unbedingt verhindern. Da ist mir der Landschaftsname AlbDonau eingefallen, den ich dann in Stuttgart ins Spiel brachte“, so Schöttle. Und tatsächlich wurde dieser Name in der Landeshauptstadt wohlwollend aufgenommen und Ventur Schöttle wurde nicht nur zum Namensgeber des Alb-DonauKreises, sondern auch zum Ideengeber für andere Landkreise, wie zum Beispiel Neckar-Alb, die sich auch nach der dort vorhandenen Landschaft benannt haben. „Ich hätte es als Beleidigung empfunden, wenn der neue Landkreis Ulm geheißen hätte. Mir war klar, dass ich den Altkreis Ehingen nicht retten konnte, aber wenigstens konnte ich dem neuen Konstrukt einen Namen geben“, sagt Schöttle rückblickend.
Um diesen neuen Landkreis mit Ortschaften zu füllen, hatte jede Gemeinde an den neu gezogenen Grenzregionen die Möglichkeit, per Votum im Gemeinderat sich für einen Landkreis zu empfehlen. Mehr als einen Wunsch konnten die Gemeinden allerdings nicht äußern.
„Die in Stuttgart hatten damals ursprünglich die Kreisgrenze zwischen Emerkingen und Unterstadion gezogen. Sprich der Winkel sollte dem Kreis Biberach zugeschlagen werden. Und Emeringen war beispielsweise schon in den Landkreis Reutlingen verortet. Das alles waren die Planungen des damaligen SPDInnenministers Walter Krause. Das war aber nicht mehrheitsfähig und wurde verworfen“, erinnert sich Schöttle.
Mit Innenminister Karl Schiess (CDU) kam dann der Schiess-Plan, der neue Kreisgrenzen definierte. „Die Diskussion, was wir mit den
Winkelgemeinden machen, blieb aber bestehen. Eine treibende Feder damals war Oberstadions Bürgermeister Hartmut Schneider“, sagt Schöttle. Es entstand die Idee, eine Verwaltungsgemeinschaft zu gründen, die Munderkingen aufwertet und den anderen Gemeinden die Eigenständigkeit bewahren konnte.
„Ich habe dann in Stuttgart dafür gekämpft, dass die VG-Gemeinden auch ihren Finanzausgleich bekommen und die Idee der VG war geboren“, so Schöttle, der sich dann an jenen 24. Juli 1971 erinnert, als im Landtag die dritte und letzte Lesung zur Kreisreform stattfand.
„Dabei ging es noch um die Zukunft der Gemeinden Moosbeuren und Emeringen. Es ist mir gelungen, Moosbeuren bei Oberstadion zu lassen. An Emeringen hatte ich einen Narren gefressen und wollte deshalb nicht einsehen, warum die in den Kreis Reutlingen sollen“, erklärt Schöttle.
Und jetzt kommt Paul Wiker ins Spiel, ein Mann, der sich momentan mit der Geschichte seiner Heimat Emeringen beschäftigt und damals als junger CDU-Mann mit von der Partie war. „Ohne Ventur Schöttle wäre Emeringen heute nicht im AlbDonau-Kreis. Es ist sein historischer Verdienst“, betont Wiker, der erklärt: „Bei der zweiten Lesung war die Gemeinde Emeringen nach wie vor dem Landkreis Reutlingen zugeordnet. Deswegen traten Bürger an mich heran, alles zu versuchen, damit die Gemeinde Emeringen nicht dem Landkreis Reutlingen zugeordnet wird“, erklärt Wiker. Der damalige Emeringer Gemeinderat hat sich dann nach einer Bürgerversammlung per Votum für den neuen AlbDonau-Kreis ausgesprochen. „Dieses Votum hat mir im Landtag dann auch geholfen. Ich konnte in der dritten Lesung erreichen, dass Emeringen seine Selbstständigkeit behält und dem Alb-Donau-Kreis zugeordnet wird. Emeringen kam quasi auf den letzten Drücker zu uns“, so Schöttle, der den 24. Juli 1971 als politische Geburtsstunde des Alb-Donau-Kreises bezeichnet. Und trotz aller Widerstände Schöttles und seinem unbedingten Willen, den Altkreis Ehingen zu halten und zu stärken, sagt der ehemalige Landtagsabgeordnete heute: „Im Nachgang hatten wir ein unwahrscheinliches Glück mit dem Alb-Donau-Kreis. Er ist gut zusammengestellt worden, wir haben gute Lösungen und gute Landräte gefunden und das Verhältnis zu Ulm hat sich wesentlich gebessert“, sagt Schöttle. Offiziell „in Kraft getreten“ist der Alb-Donau-Kreis dann am 1. Januar 1973. „Es war der zweitärmste Landkreis in BadenWürttemberg. Wir waren das Armenhaus im Land“, erinnert sich Schöttle und sagt mit einem Seufzer: „Der 24. Juli 1971 war einer der ganz wenigen Tage, an denen ich im und mit dem Stuttgarter Landtag zufrieden war.“
Junge Hunde rocken Biergarten
BIBERACH (sz) - Die Band Junge Hunde gastiert am Freitag, 20. August, von 19 Uhr im Biergarten Biberkeller. Mit insgesamt acht kulturellen Veranstaltungen verabschieden sich Manuela Ortlieb und Simone Göpper im August vom Biberkeller in Biberach.