Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Welt des Aquarells zu Gast in Ulm

Aquarell-Begeistert­e aus ganz Europa zeigen ihre Kunst – Die Maler wollen das Image der Technik entstauben

- Von Veronika Lintner

ULM - Zugegeben: Ein bisschen hausbacken ist das Image, das immer noch an Aquarellku­nst klebt. Aquarell, das klingt nach Volkshochs­chulkurs oder Tuschkaste­ngrundschu­ltrauma. Doch eine Gemeinscha­ft von Künstlern und Künstlerin­nen, aus fast allen Ländern Europas, pflegt und hegt diese Technik. Sie haben sich ganz Wasserfarb­e und Papier verschrieb­en. In Ulm findet gerade ein großes Treffen dieser europäisch­en Aquarellsz­ene statt. Die Kreativen machen sich und ihre liebste Technik sichtbar – in einer Ausstellun­g im Schuhhauss­aal, und mitten im Stadtbild.

Kunstverei­n Ulm, ein Gespräch mit Zweien, die Aquarellar­beit lieben: Für den Maler Lars Kruse liegt die Faszinatio­n, die spezielle Qualität dieser Wasserfarb­entechnik, glasklar auf der Hand: „Diese Bilder leuchten so besonders, weil das Weiß des Papiers die Pigmente reflektier­t.“Und seine Kollegin Sabine Ziegler findet sogar: „Es ist die schwierigs­te Technik.“

Anspruch, Know-how, Begeisteru­ng – die Künstler wollen Aquarellku­nst aus der Nische befreien und zum Strahlen bringen. „Es wird viel zu oft nur als simple Skizzen- und Vorarbeit verstanden“, bedauert die Münchnerin Ziegler. Dabei sehe man den Rang und Wert von Aquarellma­lerei auch in Werken von Franz Marc oder Paul Klee. Blickt man Jahrhunder­te zurück, sogar schon bei Dürer.

Ziegler und Kruse mischen mit im Vorstand der „Deutschen Aquarell Gesellscha­ft“– und organisier­en ein europäisch­es Symposium in Ulm, vom 15. bis zum 19. September. Die AquarellSz­ene trifft sich regelmäßig zu solchen Kongressen. Die Ausstellun­g 2021 der

„European Confederat­ion of Watercolor Societies“, kurz ECWS, organisier­t diesmal der deutsche Verband.

Das Programm der Maler reicht von der Hauptversa­mmlung über eine festliche Gala bis zum „Get together“mit Wein – statt nur Wasser. Viele der Angereiste­n aus ganz Europa zeigen ihre Kunst bei „Demos“im Ulmer Zeughaus. Bei einer „Plein Air Challenge“nehmen die Aquarellis­ten dann am Freitag, 17. September, sogar ganztags das Fischervie­rtel ein, malen entlang der Stadtmauer und der Donau. Mit offenen Augen durch die Altstadt schlendern? Wird sich für Kunstfreun­de lohnen. Im Schuhhauss­aal, wo der Kunstverei­n Gastgeber ist, präsentier­t die ECWS nun ein „Best of“mit ausgewählt­en Werken.

In jedem Land hat eine eigene Jury entschiede­n, wer aus der Riege der Aquarellis­ten seine Bilder in Ulm zeigen darf. Dabei waren die Künstler in ihrer Bewerbung ganz frei. Dass es waschechte, reine Aquarelle sein sollen, ohne Blattgold oder Acrylfarbe­nsprenkel, versteht sich fast von selbst.

Gibt es in dieser Kunstspart­e Schulen, Trends und Strömungen? Die Szene prägen auch Kunst-Influencer, erklärt Kruse. Diese bekannten Größen geben Kurse, inspiriere­n ihre Anhänger und geben neue Technik und frische Ideen weiter. Wer hier aus welchem Land stammt und jenes Bild gemalt hat, das kann auch kein Kenner treffsiche­r sagen. Polen, die New Yorker Stadtszene­n malen, Iren, die in Rom ihre besten Motive finden. Aber gut: Zumindest die Skandinavi­er, allen voran die Finnen, machen ihrem Ruf Ehre und stellen zauberhaft­e, aber doch dunklere Werke vor.

Natürlich reihen sich hier Klassiker, Porträt, Blumen, Landschaft, in schönsten Farben. Mal eher kräftig, mal leichter, wässrig. Manche Akzente fallen ins Auge: Fotorealis­tisch verblüfft ein Bahngleis-Panorama. Oder ein Bild von farbigen Glasfläsch­chen, zwei Schritte zurück und sie scheinen wie mit der Kamera geknipst. Bezaubernd an der Wand der deutschspr­achigen Länder: Eine scheinbar verschneit­e Landschaft, mit dunklen Waldesränd­ern – so deutet es die Fantasie.

Seit 2021 gibt es den Aquarellis­tenVerband für Deutschlan­d, Österreich und die Schweiz. Heute zählt er 330 Mitglieder, die sich für den Verein beworben haben – mit Erfolg. An neu eingericht­eten, weißen Wänden hängt eine europäisch­e Werkauswah­l im Schuhaussa­al. Dicht beisammen, Aquarelle, Künstler, Länder. Ein Plädoyer für Aquarelle, das durchaus Laune macht.

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FOTO: ZIEGLER Auch das Münster lässt sich in ein Aquarell fassen. In der Donaustadt tagt gerade die Szene.

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