Schwäbische Zeitung (Laupheim)
In Ladesäulen für E-Autos werden Kartenlesegeräte Pflicht
Spontane Nutzung soll erleichtert werden – Autobranche beklagt gravierenden Rückschritt
BERLIN (dpa) - Fahrer von Elektroautos können beim Tanken an der Ladesäule bald häufiger mit Karte zahlen. Ab Juli 2023 müssen in alle neuen Ladepunkte Lesegeräte für gängige Debit- oder Kreditkarten eingebaut sein. Einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung stimmte der Bundesrat am Freitag zu. Ältere Ladesäulen müssen nicht umgerüstet werden. Aus Sicht der Autobranche ist die neue Pflicht ein Rückschritt.
Derzeit gibt es für das Bezahlen an Ladesäulen kein einheitliches System. Es gibt mehr als 46 000 öffentliche Säulen, aber Hunderte Betreiber,
Vertragsmodelle und Tarife. Teils klappt das Laden über Kundenkarten, teils über Apps. Mal wird monatlich eine Grundgebühr gezahlt, mal nur pro Ladevorgang. In der Regel müssen die Autofahrer bestimmte Ladesäulen ansteuern und können nicht spontan jede beliebige auf ihrem Weg nutzen.
Bund und Länder wollen das Laden von Elektroautos einfacher und unabhängiger machen. Wenn man überall mit der Debit- oder Kreditkarte zahlen kann, könnte es leichter werden, spontan Ladepunkte zu finden.
Auch Kreditwirtschaft, Städte, Gemeinden und Kreise sind dafür. Der Verbraucher müsse an jeder Ladesäule
mit der Karte bezahlen können, die er im Portemonnaie habe, heißt es etwa beim Deutschen Sparkassenund Giroverband. Der ADAC lobt die Entscheidung als „Sieg für die Verbraucher“.
Die Befürworter der Kartenlesegeräte argumentieren, dass die Kartenzahlung international verbreitet und sicher sei. So könnten Urlauber in Deutschland ihre E-Autos einfacher laden.
Außerdem könne man an den Terminals auch kontaktlos zum Beispiel mit dem Smartphone bezahlen – genau wie an der Supermarktkasse. Anders als bei App-Lösungen sei keine Registrierung mit sensiblen Daten nötig.
Die Präsidentin des Autoindustrieverbands VDA, Hildegard Müller, hält die Entscheidung des Bundesrats hingegen für einen Rückschritt. EC-Kartenterminals bedeuteten zusätzliche Kosten für die Nutzer, das Innovationstempo werde gebremst, und digitale Bezahldienstleister würden zugunsten überholter Geschäftsmodelle ausgeschlossen. Die Autobranche setzt stattdessen auf digitale Lösungen, also etwa Apps oder mobile Anbieter wie Paypal. Derzeit würden mehr als 90 Prozent der Ladevorgänge ohne Kredit- oder EC-Karten bezahlt, erklärt etwa Volkswagen. Daher seien verpflichtende Kartenlesegeräte unnötig.