Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Erste Einblicke in Zimmers „Zauberwürfel“
Star-Magier weiht Leser in Geheimnisse seines Magietheaters ein – Bald soll es eröffnet werden
ULM - Wenn er schweben kann, dann ist Florian Zimmer, Star-Magier aus Hüttisheim, in seinem Element. Er schwebte bereits unter viel Aufsehen über die Donau und ließ schon einen neuen Audi zur Premiere vor versammelter Weltpresse auf die Bühne „einfliegen“. Dabei ist der 38-Jährige, der in Neu-Ulm bald sein „Magietheater“eröffnet und Besucher aus ganz Deutschland anlocken möchte, ein ganz bodenständiger Typ. Ziemlich verwurzelt sogar.
Diesen Eindruck bekamen neun SZ-Leser – inklusive eines Pudels – am Donnerstag bei einer Führung durch den Rohbau des Magietheaters an der Neu-Ulmer Europastraße (B10). Es war die erste Führung überhaupt, die der mit Zauber-Preisen hochdekorierte Magier Interessierten gab.
Mit dem einige Millionen Euro teuren Projekt erfüllt sich Zimmer einen Traum. Er sei nun auch nicht mehr der Jüngste, kokettierte er, der Nachwuchs talentierter Magier enorm, auch in Deutschland. Und um nicht auf ewig durch Shows „tingeln“zu müssen – Zimmer ist international eine große Nummer, war eng mit Siegfried und Roy befreundet –, um unabhängig von Auftraggebern zu sein, habe er sich an den Bau dieses etwas anderen Theaters gemacht. Irgendwie aberwitzig, jedoch konsequent für einen, der sich auch schon in einem gläsernen Sarg lebendig begraben ließ und drei Tage ohne Nahrung auskam.
Siegfried und Roy waren zum Höhepunkt ihrer Karriere Show-Gastgeber im Hotel „Mirage“in Las Vegas. Zimmer zimmert sich jetzt seinen eigenen „Showroom“auf die grüne Wiese.
Sein gesamtes Erspartes habe er in das Vorhaben gesteckt, dessen Nachbarschaft kaum passender sein könnte. Mit dem Kino Dietrich-Theater direkt ums Eck teilt er sich das Parkhaus, nur einen Steinwurf entfernt die Ratiopharm-Arena. Das Magietheater stuft die Gegend, wenn es im Mai 2022 eröffnet sein wird, endgültig zum „Broadway an der Donau“hoch.
Zimmer selbst kommt vollkommen bescheiden daher. Er weiß, wo er herkommt. Seine Lehre zum Bankkaufmann absolvierte er bei der Ulmer Volksbank. In diese Zeit wurde er beim Besuch der SZ-Leser auf seiner Baustelle zurückversetzt, denn unter ihnen ist ein ehemaliger, mittlerweile pensionierter Kollege Zimmers, der sich noch lebhaft an den gewitzten Azubi erinnert. Schon damals sei klar geworden: Der verdient sein Geld später nicht mit Bausparverträgen, sondern damit, dass Menschen angesichts seiner Tricks und Illusionen Bauklötze staunen. Und im Zweifel genügt dem geborenen Ulmer dafür auch ein Rohbau.
Nicht nur auf dem Papier beeindruckt das Magietheater mit seinem großen und zentralen schwarzen Aufführungssaal, dessen Fassade nachts funkelt. Zimmers Ausführungen zu all den Details und „Geheimnissen“des Baus, den er gemeinsam mit einer Architekten entworfen hat, die früher für den Disney-Konzern arbeitete, sind so lebendig, dass der magische „Zauberwürfel“an der B10 vor dem inneren Auge der Baustellenbesucher regelrecht zum Leben erweckt wird.
Foyer, Toiletten, Restaurant: So weit, so normal. Doch das Magietheater ist mehr als ein gewöhnliches
Theater. Noch bevor der Vorhang zur Vorstellung gefallen ist, sollen die Sinne des Besuchers Achterbahn fahren.
Hände kommen scheinbar greifend aus der Wand, Spiegel und Glas erzeugen optische Illusionen, dazu ein magischer Aufzug und durchzogen wird das Gebäude – kein Witz – von einer unsichtbaren Rutsche (am Ende eines Geheimgangs), über die der Chef des Hauses von seinem Büro direkt auf die Bühne zu seinem Publikum sausen kann.
200 Gäste sollen Platz haben, es gibt auch Logen. Doch Zimmer will seine Kunst keinem elitären Kreis darbieten, sondern Magie für alle machen. „Meine Eltern waren nicht reich“, sagt Zimmer, der bei der Führung von seiner Freundin begleitet wurde. Deshalb werde es in seinem Theater keine VIP-Plätze geben. „Alle meine Gäste sind VIPs.“Die Preise seien entsprechend moderat. Dass der Besuch einer Show trotzdem deutlich teurer sein wird als eine Kinokarte, liegt auch daran, dass ein zauberhaftes Menü enthalten sei. Fünf Gänge.
Im Oktober wird Richtfest gefeiert. Dass der Bau im Plan liegt, sei auch den vor allem lokalen Partnern zu verdanken, so Zimmer, die ihm beistehen und die an das Projekt glauben. Allen voran die Stadt Neu-Ulm, die ihm den Bauplatz verkauft habe, wobei er beim Besuch des damaligen Neu-Ulmer Oberbürgermeisters Noerenberg, dem er das Vorhaben vorstellen wollte, erst dachte: „Der schmeißt mich jetzt aus seinem Büro.“
Es kam anders. Und Zimmer durfte dann sogar anlässlich des 150-jährigen
Neu-Ulmer Stadtjubiläums vor zwei Jahren zaubern. Wobei die Ehre eher aufseiten der Stadt gelegen haben dürfte. Zimmer ist ein Weltstar der Magie. Er zauberte schon für Michael Jackson und entwickelte Spezialeffekte für die Show von dessen Schwester Janet.
Schweben ja – abheben nein. Sein Magietheater sei, sagt Zimmer, auch der Volksbank Laupheim-Illertal zu verdanken, seiner „Heimatbank“, die ihm finanziell die Stange halte, und anderen Firmen aus der Region.
Er wirkt dankbar, dass diese ihm helfen, diese Kathedrale der Zauberkunst in seiner Heimat zu verwirklichen. Mit teils enormem Knowhow. Das Glitzern der Fassade komme nur dank einer hier beheimateten Firma zustande, die auch schon die Golden Gate-Bridge in San Francisco illuminiert habe.
Auch in das Herzstück des Magietheaters, den großen Aufführungssaal, werfen die SZ-Leser einen Blick. Fotos waren hier jedoch verboten. Ein bisschen Rest-Überraschung soll für die Besucher ja noch bleiben, sagte Zimmer.
Da, wo derzeit noch kahle und hohe Betonwände stehen, sollen schon in wenigen Monaten die ersten Shows stattfinden. Der Titel steht schon fest: „Ulmglaublich“. Fünf Mal die Woche werde er die Show spielen, verstärkt an Ostern und Weihnachten. Das Besondere: Die gezeigten Illusionen sollen metergroß sein, „spektakulär“.
In Stadien wie der Allianz Arena in München gingen solche Shows aufgrund der Größe des Stadions optisch eher unter. Sein Magietheater hingegen sei extra zugeschnitten auf solche Effekte. Zimmer strebt Perfektion an, das Maximum.
Doch vergisst dabei die Kleinsten nicht. „Geld ist für mich keine Motivation“, sagt er. Sein ehemaliger BankMitarbeiter nickt. „Das stimmt.“So sei er, der „Flori“, schon immer gewesen.
Kindern und kleinen Zauberkünstlern will er sein Magietheater im Sommer überlassen, ihnen eine professionelle Bühne geben, damit sie an ihren Fertigkeiten feilen können. Zimmer schwebt ein „Sommercamp“für den Zaubernachwuchs vor. Inklusive natürlich: Rutschspaß hinunter auf die Bühne.
Woher er seine Ideen nimmt, seine Inspirationen? Das sprudele einfach so aus ihm heraus, sagt Zimmer. Es falle ihm dann nicht schwer, seine Vorstellungen auf Papier zu bringen – und schließlich umzusetzen. Trotzdem gelte auch für ihn: üben, üben, üben. Nicht nur die große Illusion mit Knalleffekt, sondern auch den kleinen Kartentrick. „Damit die Fingerfertigkeit bleibt.“
Dass diese noch ziemlich gut ist, beweist der Meister am Ende in einer kleinen Darbietung mit zwei Zauberwürfeln, die sich wie von Zauberhand gedreht in unmögliche Positionen bewegen. Groß war schließlich der Applaus der Besucher, der ebenso seiner Führung galt. Und dafür, dass er ein Kind der Region geblieben ist, das vieles ist – ein Illusionist im Grunde aber nicht. Ein solcher wäre er, würde er sein Leben nur träumen. Er macht es umgekehrt und lebt seinen Traum.