Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Blauer Reiter trifft Hollywood
Dieter Blums „Blue horses“steht im Skulpturenpark in Neu-Ulm
NEU-ULM (veli) - Dieser Anblick schmeckt nach Tabak und WildWest. Erinnerungen ploppen auf aus vergangenen Zeiten. Von ZigarettenKampagnen, die Freiheit versprachen statt den sicheren Lungenkrebs. Denn in diesem Foto reitet der „Marlboro-Mann“auf: ein veritabler Cowboy mit Hut und Lasso, ein Dutzend Pferde bändigend. Nur ist dieses Bild eben nicht mit Werbespruch versehen und in Marlboro-Rot getaucht. Sondern in Chagall-Blau. Dabei steckt vor allem viel Franz Marc in diesem Bild, Blauer Reiter trifft Hollywood. Eingelassen ist dieses Foto von Dieter Blum in einen handbreitdicken Plexiglasblock. Kunstsammler Werner Schneider freut der Anblick – dieses Werk ist der neuste Neuzugang in seinem Skulpturenpark, am Venet-Haus in Neu-Ulm.
Weiße Pferde und ein gestandener Mann – verschlossen in Glas. Dieses Werk sträubt sich ein bisschen gegen seine Umgebung im Skulpturenpark. Glas ist in dieser Sammlung ein neues Material und überhaupt findet sich keine andere Fotografie in diesem kleinen, feinen, gut versteckten Kunst-Lustgarten.
Hier im Grün rundum liegen zum Beispiel rostbraune Eisen-Skulpturen des Franzosen Bernar Venet. Der hat schließlich auch der Schneiderschen Galerie im und dem ganzen Venet-Haus seinen Namen gegeben.
„Blue horses“heißt der Frischling im Park, „Blaue Pferde“. Gedanken zum Werk hat sich die Kunsthistorikerin Katrin Großpeter gemacht. Sie spürt dem Motiv nach: Dieser Schuss von Dieter Blum machte tatsächlich Karriere als Motiv in der ZigarettenWerbung, für Marlboro, aber schon seine nächste Station war die Graphische Staatliche Sammlung in München. Hier ging Blums Bild ein in die Kunstwelt, in der Ausstellung „Vermisst. Der Turm der blauen Pferde“.
Franz Marc ließ in vielen Werken diese Tiere in allerlei Farben über die Leinwand tanzen. Aber dieses eine Bild, Marcs „Turm der blauen Pferde“, verscholl. 20 Künstler ehrten 2017 Marc und das verlorene Meisterstück. Blum steuerte seine Perspektive bei. Und was er eigentlich schwarz-weiß fotografiert hatte, tünchte er schon damals in Lapislazulitöne. Werner Schneider, experimentierfreudiger Sammler, sah das
Foto in München – und sei hellauf fasziniert gewesen, sagt Großpeter.
In seinen Skulpturengarten wollte Schneider Blums Pferde haben, im Großformat. Was der Sammler und der Fotograf dann gemeinsam aus diesem Evergreen-Foto entwickelt haben, nennt Blum unbescheiden seinen „Doktortitel aller Werke“.
Schneider brachte den Unternehmer Heinz Fritz auf den Plan und dieser Experte für Plexiglas schuf Testblock um Testblock. Testete mit künstlichem und natürlichem Licht. Der Digitaldruck im Glas sollte Wind, Wetter, und UV-Strahlung trotzen. Und so steht es nun: ein Bildkoloss von drei mal zwei Metern, Gewicht: 1,8 Tonnen. Der Block ist einbetoniert und beleuchtet.
„Er ist mit einer speziell bedruckten Folie beklebt, wurde gefräst, geschliffen und poliert und zehn Tage lang in einem Temperofen gebrannt“, erklärt Großpeter. Seine Einweihung erlebte das Stück in der Bahnhofstraße 41 nun vor Stadtprominenz wie der Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger. Dieses Foto setzt seine ganz eigene Marke in den Park, Marke Marlboro, Marke Marc.