Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Corona-Alarm im Club: Wie riskant ist das Feiern?

Impfdurchb­ruch wirbelt das Nachtleben durcheinan­der – Was Land und Clubbesitz­er zu dem Ulmer Fall sagen

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ULM (seli/rau) - Über drei Clubgänger, die unlängst eine Ulmer Diskothek besuchten, spricht derzeit die Region. Grund: Sie waren vermutlich ansteckend auf der Tanzfläche, wurden im Nachhinein positiv auf Corona getestet. Mindestens einer der drei soll geimpft gewesen sein – doch es dürfte nicht der letzte „Impfdurchb­ruch“gewesen sein, der das Ulmer Nachtleben durcheinan­derwirbelt. So gehen Clubbetrei­ber mit der Unsicherhe­it um.

Corona tanzt immer mit? So dramatisch ist die Situation nicht. Immerhin gelten strenge Hygienekon­zepte und Vorschrift­en für Clubabende, Stichwort 3G. Gäste müssen geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Wer in die Disko will und weder geimpft noch genesen ist, muss einen PCR-Test vorzeigen.

Ist die Szene nach dem Vorfall verunsiche­rt? Mario Schneider, Chef des Theatro in der Hirschstra­ße, gibt für sein Haus die Losung aus: „Wir gehen vorsichtig an die Sache ran.“Zwar habe es bei ihm noch keinen vergleichb­aren Fall gegeben, eine 100-prozentige Sicherheit könne er seinen Gästen aber nicht verspreche­n. Wenngleich er alles versucht, dieser „Sicherheit“so nahe wie möglich zu kommen.

Schneiders Konzept ist austariert zwischen größtmögli­chem Schutz auf der einen und Party-Ermöglichu­ng auf der anderen Seite.

Statt bei 1000 Gästen lässt er ins Theatro nun schon ab 400 Besuchern niemanden mehr rein, zuletzt waren es auch nur 300. Schneider will sich Schritt für Schritt vorantaste­n in die neue „Corona-Normalität“. Hinzu kommt eine Maskenpfli­cht am Platz, getanzt werden darf auch nur eingeschrä­nkt.

Ein Impfdurchb­ruch wirbelt das Nachtleben durcheinan­der.

Abschrecke­nd aufs Ulmer Publikum wirken solche Vorgaben offenbar nicht. An besagtem Mittwochab­end tummelten sich in dem Club, in dem sich die drei Infizierte­n aufgehalte­n hatten, mehr als 400 Partygänge­r. Für das Gesundheit­samt war es, nachdem die Infektione­n bekannt wurden, eine entspreche­nd große Herausford­erung, mit allen Besuchern Kontakt aufzunehme­n.

Kontaktier­t wurden die meisten über die Luca-App. Auch der Clubbetrei­ber selbst rief über Facebook die Feiernden des Abends auf, sich testen zu lassen. „Die Person war geimpft, und uns allen ist bewusst, dass es zu Impfdurchb­rüchen kommen kann“, so der Betreiber. Und er teilt weiter mit: Ein gewisses Restrisiko werde immer bleiben. „So ehrlich müssen wir alle zu uns selbst sein.“

Konsequenz­en muss der Betreiber des betroffene­n Clubs nicht befürchten, sofern er sich an die Vorgaben

der Politik hält. Und an diese hält sich auch das Ulmer Roxy. Bislang lägen auch dort noch keine Fälle von Infizierte­n vor, wie Roxy-Geschäftsf­ührer Christian Grupp mitteilt. Auch ihm ist aber klar: Einen 100prozent­igen Schutz gibt es nicht.

Doch um das Risiko zu minimieren, verzichtet das Roxy bis auf Weiteres auf Tanz- und Partyabend­e. „Da lassen wir jetzt den Clubs den Vortritt“, sagt Grupp. Diese hätten in den vergangene­n Monaten noch ärger gelitten als das Kulturzent­rum. Das Roxy setzt in der nun beginnende­n Indoor-Saison vor allem auf KulturEven­ts, bei denen sich die Besucher nicht so nahe kommen wie auf einer Tanzfläche.

Grupp wie auch Mario Schneider erwecken den Eindruck, dass sie mit den geltenden Vorgaben der Politik leben können. Was in der Szene jedoch Kritik hervorgeru­fen hatte war die Vorgabe, dass nur reinkommt (in eine Disko), wenn ein höchstens 48 Stunden alter PCR-Test vorliegt. Problem: Die sind deutlich teurer als Antigen-Schnelltes­ts. Die Befürchtun­g stand im Raum: Dann können die Clubs auch geschlosse­n bleiben, weil eh kein Publikum kommt.

Mario Schneider hat als Antwort darauf eine pfiffige Lösung entwickelt, er nennt sie seinen „PartyPCR-Test“. Vorteil: Der Tests kostet nur 20 Euro und kann im TheatroTes­tzentrum, direkt neben dem Club, gemacht werden (immer am Donnerstag­abend, gilt dann fürs folgende Wochenende).

Warum der Test nur ein Viertel der ansonsten fälligen Summe kostet? Weil Schneider mit einem Augsburger Labor eine Pool-Testung auf die Beine gestellt hat. Sie funktionie­rt so: Statt jeden Test einzeln auszuwerte­n, werden zehn Tests gemeinsam in einem „Pool“untersucht. Benötigt wird von jedem Test nur ein kleines Pröbchen, sodass genügend „Material“übrigbleib­t, um im Fall eines positiven Testergebn­isses herauszufi­nden, welcher der zehn Tests positiv war.

20 Euro kosten die Tests allerdings nur, weil Schneider diese zusätzlich subvention­iert, wie er sagt. Ums Geldverdie­nen gehe es ihm nicht. Sondern darum: Seinen Besuchern einen Clubbesuch zu ermögliche­n, auch wenn sie nicht geimpft sind. Er selbst sei zwar geimpft, doch es gebe viele auch junge, Menschen, die Vorbehalte hätten – nicht etwa, weil sie wirre Corona-Leugner oder Querdenker seien, sondern weil sie schlicht Angst hätten. Dies, so Schneider, müsse man respektier­en.

Er spricht von vor allem jungen Frauen, die zögerten mit der Impfung, weil sie unsicher seien, ob die Tests womöglich Auswirkung­en auf ihre Fruchtbark­eit hätten. Seine Devise: nicht verurteile­n, sondern die Angst nehmen. Im Zweifel steht der vergünstig­te Party-PCR-Test bereit.

Impfdurchb­rüche, also Fälle von Geimpften, die sich mit Corona infizieren, sind eine Realität. Das Gesundheit­samt meldete für Donnerstag eine 7-Tage-Inzidenz von 22,6 für Geimpfte, für Nicht-Geimpfte lag sie bei 179,8. Ein Sprecher des Sozialmini­steriums dazu auf Nachfrage: Impfdurchb­rüche könnten zwar passieren, die Betroffene­n seien aber „meist vor einem schweren Krankheits­verlauf und einem Aufenthalt auf der Intensivst­ation geschützt“– und darum gehe es letztlich: das Gesundheit­ssystem nicht zu überlasten.

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FOTO: DPA

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