Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schweizer Investor sorgt für Unmut
Die BG Business Group lässt zum Ärger von Kommunen und Anlegern Bauprojekte ruhen
EHINGEN/ÖPFINGEN/MUNDERKINGEN - Das alte Gasthaus Hirsch in Öpfingen, das frühere Kaufhaus Eglinger in Munderkingen, eine Baugrube in der Hauptstraße in Ehingen: Drei Sanierungs- beziehungsweise Bauprojekte, die auf den ersten Blick nichts eint. Fast nichts. Denn alle stehen in Verbindung mit der BG Business Group aus der Schweiz – und die Umsetzung zieht sich seit Jahren hin. Dies sehr zum Ärger der Kommunen, wie der nachfolgende Blick auf die erwähnten und andere Projekte zeigt.
Groß ist derzeit die Hoffnung in Ehingen, dass das hässliche Loch in der Unteren Stadt neben dem Hotel Adler zeitnah Geschichte wird. Vor rund sechs Jahren hat die Stadt auf einen Gemeinderatsbeschluss hin das Grundstück samt Gebäude des ehemaligen Cafés Roßmanith an das Ulmer Unternehmen Scherr und Klimke verkauft, die das Haus abreißen, eine Baugrube ausheben ließ und danach nichts mehr unternahm. Bis sie es im Herbst 2019 verkaufte – an die BG Business Group aus dem schweizerischen Cham am Zuger See, die an der Stelle ein Mehrfamilienhaus mit neun Wohnungen plus einer Gewerbeeinheit errichten möchte.
Doch auch seither ruht die Bautätigkeit, die der aus dem Raum Ehingen stammende BG-Finanzchef Johannes Joachim mit coronabedingten Hürden beim Vertrieb der Wohnungen begründet. Auch spricht Joachim gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“von einem nicht ganz einfachen Untergrund an der Schmiech, der zusätzlichen Planungsaufwand erfordere. „Aber das wussten wir“, sagt er. Nun aber wolle man zeitnah loslegen, wobei man jedoch einen ersten Rückschlag habe hinnehmen müssen. „Wir wollten eigentlich mit einem örtlichen Unternehmen bauen und waren mit einem aus dem Kreis Biberach und einem aus dem Alb-Donau-Kreis in Kontakt. Beide haben uns aber mitgeteilt, dass sie frühestens 2023 anfangen könnten. Und das ist uns eindeutig zu spät“, erklärte Joachim. Denn, so ließ das Unternehmen verlauten, die Wohnungen seien mit Bezugsziel 2023 bereits verkauft.
Man strebe nun eine Zusammenarbeit mit einem überregionalen Generalunternehmen an. Die Verhandlungen liefen, Johannes Joachim geht davon aus, „dass wir im ersten Quartal 2022 beginnen können“. In Ehingen hört man das gerne, wie auch Oberbürgermeister Alexander Baumann bestätigt: „Mein Wunsch ist schon, dass das Projekt bald verwirklicht wird.“
Mit dem „bald“ist das bei der BG Business Group freilich so eine Sache. Davon weiß man in mehreren Städten und Gemeinden zu berichten, so auch in Öpfingen. Dort hatte die BG vor sechs Jahren das fast 300 Jahre alte, ehemalige Gasthaus „Hirsch“erworben, um dort Wohnungen für Kapitalanleger und Eigennutzer einzurichten. „Das Haus bewegt die Menschen in Öpfingen. Es hat eine zeitgeschichtliche Bedeutung und eine exponierte Lage. Wir haben auch den Bedarf an den Wohnungen und sehnen die Aufwertung des Bereichs herbei“, erklärt hierzu Öpfingens Bürgermeister Andreas Braun. Doch seit Jahren tut sich an dem Gebäude nahezu nichts. Bei Rückfragen werde man vertröstet mit Versprechungen, die nicht eingehalten würden, so Braun.
Vor zwei Jahren nahm Helge Faber von der BG Business Group im Gemeinderat zu den Verzögerungen Stellung, begründete diese mit mit dem Verweis auf komplexe Denkmalschutzvorschriften.
Man sei aber mithilfe einer Spezialfirma aus Italien dabei, die Probleme zu lösen. Die daraus resultierenden Kostensteigerungen hätten dazu geführt, dass man den bereits erfolgten Verkauf der Wohnungen an Kapitalanleger aus der Schweiz habe rückgängig machen müssen. Man werde nun über die VR Laupheim-Illertal eine neue Vertriebsoffensive starten, so Faber damals. Er versprach die Fertigstellung bis Ende 2020, begleitet von skeptischen Bemerkungen und Fragen aus dem Gemeinderat.
Die Skepsis erwies sich als begründet, denn bis heute ist nichts geschehen. Bei der Laupheimer Bank, so hat die SZ auf Nachfrage erfahren, weiß man nichts von einem Verkaufsauftrag für Wohnungen im „Hirsch“in Öpfingen. Und vor rund einem Jahr hat die BG Business Group das Objekt an das Münchner Unternehmen Primus Concept veräußert. Das bestätigt Finanzchef Joachim. Er begründet diesen Schritt mit „nachträglichen Auflagen des Denkmalschutzes, die für uns nicht zu erfüllen sind“. Dass auch der neue Eigentümer offensichtlich noch nicht tätig geworden sei, zeige, wie schwierig die Umsetzung sei.
Nach wie vor im Eigentum der BG Business AG ist indes ein Dreifamilienhaus direkt neben dem „Hirsch“, an dem ebenfalls seit Jahren gebaut wird, ohne erkennbaren Fortschritt. Joachim begründet dies mit einem pleite gegangenen Subunternehmen im Bereich Sanitär, für das man noch keinen Ersatz gefunden habe. In Öpfingen sorgt der Stillstand ebenso für Verwunderung wie die Tatsache, dass die BG Business Group vor einigen Jahren aus Verkehrssicherungsgründen das Dach des „Hirsch“neu hat decken lassen – aber ohne Dachgauben zu installieren, obwohl in den Plänen auch Dachgeschosswohnungen vorgesehen sind.
Nicht besser ist die Situation in der Stadtmitte von Munderkingen. Dort hat die BG Business Group vor rund fünf Jahren zwei ehemalige Geschäftshäuser erworben, um sie zu sanieren und Wohnraum zu schaffen: das einstige Modehaus Braun in der Martinstraße und das Haus Eglinger am Marktplatz direkt gegenüber dem Rathaus. Die damalige Freude von Bürgermeister Michael Lohner ist mittlerweile einer großen Enttäuschung gewichen. „Was da abgeht, ist desolat“, urteilt er heute. Nichts Erkennbares habe sich an den beiden für das innerstädtische Erscheinungsbild so wichtigen Häusern getan, dabei schätzt er den Aufwand am Haus Braun für überschaubar ein. „Vor zwei Jahren war mal ein Gipser da, der wollte in einer Woche das ganze Haus Eglinger streichen und das Aufstellen eines Gerüsts abklären. Doch er kam nicht wieder“, berichtet Lohner. Er habe in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, mit Vertretern des Unternehmens zu sprechen, aber meist vergeblich. „Und wenn es Zusagen gab, wurden sie nicht eingehalten“, klagt der Bürgermeister. Das Einzige, was ihn in der Angelegenheit froh stimmt, ist die Tatsache, „dass es sich um einen Privatverkauf handelte und die Stadt auch sonst in keiner Weise finanziell daran beteiligt ist“.
Durchaus zuversichtlich äußert sich unterdessen Rottenackers Bürgermeister Karl Hauler. In seiner Gemeinde plant die BG Business Group seit rund vier Jahren den Bau eines Mehrfamilienhauses in der Hauffstraße, ein in der Gemeinde nicht unumstrittenes, aber in Zeiten der gebotenen Innenverdichtung für die Gemeindeverwaltung
Die Baugrube in der Unteren Stadt in Ehingen.
Das ehemalige Kaufhaus Eglinger in Munderkingen.
willkommenes Projekt. Doch auch in Rottenacker hat sich noch nichts getan, wobei Hauler das auf schwierige Grundstücksverhandlungen wegen der Zufahrten zurückführt, die noch geklärt werden müssten. „Unser Rechtsanwalt steht dazu im Austausch mit dem Unternehmen.
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Das Baugesuch wurde vor zwei Jahren eingereicht, der Fall liegt nun beim Landratsamt.“Der Bürgermeister ist aber zuversichtlich, dass das Projekt zeitnah umgesetzt wird, wenn die rechtlichen Hürden gemeistert sind. „Die hatten ja auch schon Kosten für das Grundstück und die
Planung. Warum sollen sie also nicht bauen?“
Ähnlich sieht man die Lage in Gerhausen und Albeck, wo der Investor aus der Schweiz im großen Stil bauen möchte. Acht große Terrassenhäuser mit bis zu 60 Wohnungen sollen auf schwierigem Gelände an der Beininger Straße in Blaubeuren-Gerhausen entstehen, in Langenau-Albeck sind es 25 Wohneinheiten. Für das Projekt stimmte der Blaubeurer Gemeinderat der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu, in Albeck hat eine Bauvoranfrage bereits die maßgeblichen Gremien durchlaufen. Weil die BG zwischendurch den Architekten austauschte und dieser plötzlich ganz anderes bauen wollte, sodass die Aufstellung eines Bebauungsplans notwendig geworden wäre, kam es zu einer Verzögerung. Ortsvorsteher Walter Wiedenmann steht dem Vorhaben im Grundsatz positiv gegenüber: „In Dorfgemeinden ist so etwas eine willkommene Innenverdichtung.“
Das dachte man einst wohl auch im südbadischen Bad Bellingen. In der 4000-Einwohner-Gemeinde sollen seit fast drei Jahren vier exklusive Panorama-Terrassenhäuser mit 32 Wohnungen zum Verkaufspreis von rund 6000 Euro je Quadratmeter mit einem Gesamtvolumen von 11,4 Millionen Euro entstehen. Die Badische Zeitung berichtete darüber Mitte Juli dieses Jahres ausführlich, denn gebaut wurde wie in Gerhausen bislang nicht. Auch in dem Bericht wird BGFinanzchef Joachim zitiert, der Probleme mit der Baustatik als Grund nennt. Ein vom Generalunternehmer Econ Bau beauftragter Statiker sei mit dem Problem überfordert gewesen. Man habe mittlerweile ein neues Büro beauftragt. Die Zeitung berichtet von Anlegern, die für die geplanten Wohnungen Kredite aufgenommen hätten und Bereitstellungszinsen zahlen müssten, andere hätten ihr Haus verkauft, erste Käufer seien bereits zurückgetreten, aber die Rückabwicklungen liefen schleppend, die Kommunikation mit BG sei schlecht.
Wenn derartige Projekte angestoßen, aber nur zögerlich oder gar nicht umgesetzt werden, wirft das auch Fragen nach den finanziellen Mitteln des seit elf Jahren aktiven Unternehmens auf. Zum Eigenkapital macht die BG gegenüber der Badischen Zeitung keine Angaben. Der Jahresabschluss von 2018 weise ein Aktienkapital von 100 000 Schweizer Franken aus, die für das Bad Bellinger Projekt gegründete Avantgarde TWO GmbH – bisher mit Sitz in Ehingen, mittlerweile in Konstanz – sei überschuldet, schreibt die Zeitung. BG bürge für die Tochter mit einer Patronatserklärung über 3 Millionen Euro, was laut eines Finanzexperten der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht zwingend mit einer Deckung verbunden sein müsse. Überdies liefen gegen zwei frühere Unternehmen des Geschäftsführers Erik Walter von Generalunternehmer Econ Bau beim Amtsgericht Ulm Insolvenzverfahren.
In der Broschüre für „Zinsbaustein“
zum Bauprojekt gebe die BG an, seit 2014 Wohnungen im Wert von 50 Millionen Euro realisiert zu haben. Als Referenz würde ein Projekt in Bad Schopfheim angeführt – bei dem die Bautätigkeit seit Langem ruht –, und auf der Internetseite ein Objekt in Bad Säckingen mit 27 Wohnungen, die alle verkauft sein sollen. Das Grundstück sei noch Wiesengelände. Die Zeitung zählt weitere brachliegende Baustellen wie etwa am Gleisdreieck Radolfzell (230 Wohnungen) oder in Friedrichshafen und Überlingen auf. Auf Nachfrage, wo Vorhaben realisiert wurden, reagiere die BG nicht.
Laut Finanzchef Johannes Joachim entbehren die Darstellungen in der Badischen Zeitung jeder Grundlage, man habe bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“nennt er mehrere Projekte, die die BG im Raum Ehingen verwirklicht habe: Unter anderem vier Einfamilienhäuser am Eschleweg in Dintenhofen, die Sanierung des Gebäudes Fischersteige 12 in Ehingen – dem ehemaligen Firmensitz verschiedener AvantgardeTochterunternehmen der BG –, Mehrfamilienhäuser in Öpfingen und Nasgenstadt und den Umbau eines früheren Obdachlosenhauses in Munderkingen ebenfalls zu einem Mehrfamilienhaus. „Das ist richtig“, bestätigt Bürgermeister Michael Lohner, die Sanierung sei „sukzessive“geschehen und nach zwei Jahren abgeschlossen worden.
Millionenschwere Objekte nennt Johannes Joachim auf Anfrage nicht. Auf der Internetseite finden sich keine konkreten Referenzen und aktuell lediglich vier geplante Projekte, darunter neben jenem in Albeck auch ein Mehrfamilienhaus mit 25 Wohneinheiten in Ehingen-Berg – an der Brückenstraße 6, dem ehemaligen Gelände der Spedition Seifert, an der Donau gegenüber der Papierfabrik Sappi. Eine Baugenehmigung seitens der Stadt liegt nach SZ-Informationen bereits vor. Die Umsetzung dauere aber noch, „ wir haben eine Projektgesellschaft in Zürich beauftragt“, sagt der Finanzchef.
Eines der kleineren realisierten Projekte im Raum Ehingen ist ein Fünf-Parteien-Haus am Fackelesberg in Lauterach. „Es ist von den Eigentümern oder Mietern mittlerweile bezogen“, bestätigt Bürgermeister Bernhard Ritzler. Allerdings habe sich der Bau über viele Jahre hingezogen. „Es stand lange im Rohbau.“
Dass etwas längere Verzögerungen schon mal vorkommen können, bestätigten ein erfahrenes Bauunternehmen und eine Investorengruppe aus dem Alb-Donau-Kreis der „Schwäbischen Zeitung“auf Anfrage. Vom Planungsbeginn bis zum Baustart dürften im Normalfall aber maximal eineinhalb Jahre vergehen. Und bei denkmalgeschützten Objekten „erkundigt man sich normalerweise nach den Auflagen, bevor man es kauft“, erklärt der Bauunternehmer. Und der Geschäftsführer der Investorengruppe sagt: „Es muss ja auch im Interesse des Investors sein, dass möglichst schnell gebaut wird. Denn die Zinsuhr tickt.“