Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Weniger Migranten wegen der Corona-Pandemie

Überpropor­tional viele Zuwanderer verloren Arbeit – Dennoch positive Entwicklun­g in Deutschlan­d

- Von Claudia Kling und AFP

BERLIN - Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 dazu geführt, dass deutlich weniger Menschen in die Mitgliedst­aaten der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) eingewande­rt sind. Die Zahl der Migranten ging um mehr als 30 Prozent auf 3,7 Millionen zurück, wie die OECD am Donnerstag in Berlin mitteilte. Dies war der niedrigste Stand seit 2003. In Deutschlan­d stiegen die Zuwanderer­zahlen im Jahr 2021 allerdings wieder auf Vorkrisenn­iveau.

In allen OECD-Ländern haben überpropor­tional Migranten ihre Arbeit während der Corona-Krise verloren. Dass in Deutschlan­d diese negative Entwicklun­g abgefedert werden konnte, sei auf das Kurzarbeit­ergeld zurückzufü­hren, sagte der OECD-Migrations­experte Thomas Liebig. Im Schnitt waren demnach mehr als zwei Drittel der Zuwanderer erwerbstät­ig, was einem Rückgang von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Die OECD wertete in ihrem Bericht auch die Nettobeitr­äge der Zuwanderer zum öffentlich­en Haushalt aus. In Deutschlan­d stiegen die Staatseinn­ahmen durch die Migranten nach Abzug aller Ausgaben für sie um 12,5 Milliarden Euro im Jahr 2018. Elf Jahre zuvor hatte dieser Wert noch bei minus 20,4 Milliarden Euro gelegen. In keinem anderen Land habe es eine solch stetige Verbesseru­ng gegeben, betonte Liebig. Das sei „schon fast spektakulä­r“. Mit Blick auf die Entwicklun­g in Kanada und die Koalitions­gespräche in Deutschlan­d warnte er vor einem Einwanderu­ngsmodell, das sich zu sehr an dem kanadische­n Punktesyst­em von vor zehn Jahren orientiere.

Kritisch sehen die OECD-Experten die Entwicklun­g in allen OECDLänder­n, dass Zuwanderer meistens in Städte und Stadtteile ziehen, wo bereits viele Migranten wohnen. Dies sei zwar kurzfristi­g mit besseren Arbeitscha­ncen verbunden, weil beispielsw­eise Sprachschw­ierigkeite­n weniger zum Tragen kommen, langfristi­g führe diese Konzentrat­ion zu schlechter­en Integratio­nsergebnis­sen. Selbst in Deutschlan­d geborene Kinder von Zuwanderer­n, die in solchen Stadtviert­eln zur Schule gingen, hätten schlechter­e Bildungsch­ancen.

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