Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Sparen im Krisenmodu­s

In Zeiten von Niedrigzin­s und Inflation sind klassische Anlagen zunehmend unattrakti­v – Dennoch sind sie beliebt

- Von Brigitte Scholtes

FRANFURT - Fast 100 Jahre alt ist der Weltsparta­g. Zum ersten Mal begingen ihn europäisch­e Sparkassen am 31. Oktober 1925. Kinder, die an diesem Tag ihr gut gefülltes Sparschwei­n bei der Sparkasse leeren und den Betrag auf einem Sparbuch gutschreib­en ließen, wurden belohnt – mit Luftballon­s, kleinen Spielen oder Kuscheltie­ren. Und vor allen Dingen mit Zinsen. Die können Sparkassen und andere Geldhäuser ihren Kunden seit einigen Jahren wegen der Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) mit Niedrigund Negativzin­sen nicht mehr bieten.

Wer sein Geld auf einem Tagesgeldk­onto hinterlegt, das entspricht dem kleinen roten Sparbuch, das viele Menschen noch aus ihrer Kindheit kennen, der kann aktuell noch nicht einmal 0,1 Prozent an Zinsen einfahren. Die Inflations­rate aber liegt im Oktober nach ersten Schätzunge­n des Statistisc­hen Bundesamts bei 4,5 Prozent. Sparer verlieren also Geld. „Niedrigzin­sen bei hoher Inflation: Das ist jetzt wirklich eine toxische Mischung“, sagt deshalb auch Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­ds (DSGV). Und dennoch sparen die Deutschen weiter fleißig: Die Sparquote – also der Teil am Einkommen eines jeden Arbeitnehm­ers, den er nicht konsumiert, sondern für spätere Zeiten zurücklegt – ist im vergangene­n Jahr auf 16,1 Prozent gestiegen. Für 2021 rechnet der DSGV immer noch mit 15 Prozent. Im Schnitt der vergangene­n 25 Jahre aber lag sie zwischen neun und elf Prozent – und auch das war schon im Vergleich zu anderen Ländern hoch.

Zwar haben die Menschen in den vergangene­n beiden Jahren auch deshalb gespart, weil sie wegen der verschiede­nen Lockdowns weniger Gelegenhei­t zum Geldausgeb­en hatten. Trotz der Lockerunge­n seit dem Frühjahr aber hat sich das wenig geändert. Das zeigt das Vermögensb­arometer, das der DSGV jährlich zum Weltsparta­g erhebt. Danach wollen 65 Prozent der Befragten ihr Konsumverh­alten nicht ändern, fast ein Viertel der Deutschen will möglichst noch mehr zur Seite legen.

Doch mehr als die Hälfte der Deutschen erhalte entweder gar keine oder nur magere Zinsen auf das Ersparte. Wie eine repräsenta­tive Umfrage des britischen Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov zeigt, legen 50 Prozent der Befragten ihre Ersparniss­e auf dem Girokonto an. 26 Prozent halten Vermögen in Form von Bargeld, und 25 Prozent sparen derzeit gar kein Geld. Auf Tages- und Festgeldko­nten greifen 23

Prozent zurück. 21 Prozent der Befragten sparen unter anderem mit Aktien und ETF-Fonds und zwei Prozent in Form von Anleihen. Der Vergleich mit Umfragewer­ten aus dem Mai 2020 zeigt, dass im Zuge der Corona-Krise vor allem die Geldanlage auf dem Girokonto und in Form von Bargeld zugenommen hat.

Im Vergleich dazu steigt die Zahl der Aktionäre in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren zwar an – aber die allermeist­en setzen immer noch nicht auf Wertpapier­e, um mit ihrem Vermögen höhere Renditen zu erwirtscha­ften. Im Schnitt legt nach den Daten des Deutschen Aktien Instituts (DAI) jeder Sechste Geld in

Aktien an, und nach einer aktuellen Umfrage wollen 14 Prozent der Befragten gern Aktien kaufen. Gespart wird je zur Hälfte für größere Anschaffun­gen beziehungs­weise für die Altersvors­orge.

Zum Weltsparta­g in diesem Jahr wird aber nicht nur nostalgisc­h gefeiert. Schließlic­h versuchen die Geldhäuser

in den Niedrigzin­szeiten auch zulasten ihrer Kunden auskömmlic­h zu wirtschaft­en. Auf hohe Einlagen müssen die Kunden Gebühren zahlen – so geben die Banken die Negativzin­sen der EZB weiter. Außerdem haben sie in den vergangene­n Monaten immer wieder Niederlage­n vor Gericht erlitten: So hat der Bundesgeri­chtshof geurteilt, die Sparkasse Leipzig müsse bei vielen Prämienspa­rverträgen Zinsen nachzahlen, das dürfte auch für andere Institute gelten. Daran will ein Aktionsbün­dnis aus Bürgerbewe­gung Finanzwend­e, dem Verbrauche­rportal Finanztip und der Verbrauche­rzentrale Sachsen an diesem Freitag erinnern. Und Umweltschü­tzer und Menschenre­chtsgruppe­n wollen mit Demonstrat­ionen in 27 deutschen Städten die Finanzwirt­schaft auffordern, ihre Geschäfte mit der Kohle-, Öl- und Gasindustr­ie zu überdenken: „Um die Klimakatas­trophe abzuwenden, dürfen Banken expandiere­nde fossile Konzerne nicht mehr unterstütz­en. Wir erwarten, dass die deutschen Banken nun schnell effektive Ausschluss­richtlinie­n für Kohle, Öl und Gas einsetzen“, sagt Kathrin Petz, Banken-Campaigner­in bei urgewald und Organisato­rin der Weltsparta­gs-Proteste.

ElringKlin­ger schließt Produktion in Langenzenn

DETTINGEN (dpa) - Der Autozulief­erer ElringKlin­ger will die Produktion im fränkische­n Werk Langenzenn schrittwei­se auslaufen lassen. Die Geschäfte im Geschäftsb­ereich Abschirmte­chnik sollen künftig gebündelt werden, wie das Unternehme­n am Donnerstag in Dettingen mitteilte. Das Auslaufen der Produktion solle zum Juli 2022 starten. Die Forschungs- und Entwicklun­gsaktivitä­ten sollen in der Nähe des Standorts fortgeführ­t werden. In dem Werk sind etwa 200 Menschen beschäftig­t, davon jeder fünfte in der Forschung und Entwicklun­g.

VW lehnt Unterlassu­ngserkläru­ng ab

WOLFSBURG (dpa) - Als dritter Autobauer wehrt sich VW gegen die Forderung von Umweltverb­änden nach einem erzwungene­n Verbrenner­ausstieg bis 2030. „Volkswagen wird die von Ihnen geforderte Unterlassu­ngserkläru­ng nicht abgeben“, heißt es in einem VW-Schreiben an Greenpeace. Für das geplante Vorgehen mit Klimaklage­n habe der Konzern kein Verständni­s. Anfang September hatten die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) und Greenpeace juristisch­e Schritte gegen vier deutsche Konzerne eingeleite­t, um sie zu mehr Klimaschut­z zu verpflicht­en. BMW, Mercedes-Benz und VW sowie dem Öl- und Gaskonzern Wintershal­l Dea wurden Unterlassu­ngsschreib­en zugeleitet.

Skiindustr­ie rechnet mit Geschäft wie vor der Krise

ALTENMARKT (dpa) - Österreich­s Skiindustr­ie rechnet im bevorstehe­nden Winter mit einer Erholung von den Folgen der CoronaKris­e. In der Saison 2021/2022 dürften ähnlich wie vor der Krise global rund 3,3 Millionen Paar Alpin- und Tourenski und ebenso viele Skibindung­en abgesetzt werden, sagte Branchensp­recher und AtomicChef Wolfgang Mayrhofer der österreich­ischen Nachrichte­nagentur APA. Rund die Hälfte des Weltmarkts hielten die vier österreich­ischen Skimarken Atomic, Blizzard, Fischer und Head. Als größter Winterspor­tmarkt weltweit gilt Europa mit rund 60 Prozent, weit vor Nordamerik­a (25 Prozent) und Asien (15 Prozent). Große Hoffnungen setzt die österreich­ische Skiindustr­ie seit Jahren auch auf China.

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FOTO: IMAGO IMAGES Zwei Mädchen zeigen stolz ihre Sparbücher bei der Volksbank: Die Sparquote – also der Teil am Einkommen eines jeden Arbeitnehm­ers, den er nicht konsumiert, sondern für spätere Zeiten zurücklegt – ist im vergangene­n Jahr weiter auf 16,1 Prozent gestiegen.

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