Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Sedelhöfe brauchen neuen Eigentümer
Einkaufsquartier muss herben Rückschlag einstecken – Investor lässt Kauf rückabwickeln
ULM - Der Kauf war schon erledigt. Eigentlich. Dass der Projektentwickler DC Commercial nach der Fertigstellung an die „Aachener Grund“veräußert, schien klar, die Tinte auf den Verträgen trocken. Doch nun das: Die Hamburger Projektentwickler DC Developments/Values Real Estate und die Aachener Grundvermögen Kapitalverwaltungsgesellschaft werden den Kauf der Sedelhöfe laut einer Mitteilung rückabwickeln.
Dass die Investoren nach Fertigstellung verkaufen, stand von vornherein fest. Die „Aachener Grund“gilt als solide. Nicht zuletzt, weil dahinter über eine Schachtelbeteiligung zu 100 Prozent die katholische Kirche steckt und betont auf konservative und sichere Anlagen ihrer Gelder deutscher Bistümer und Orden setzt. 6,1 Milliarden Euro beträgt das Immobilienvermögen der „Aachener Grund“, das meiste davon ist in besten Einkaufslagen angelegt.
Nun die Kehrtwende: Als Grund geben die verhinderten Vertragspartner etwa die veränderten Bedürfnisse der Nutzer an, aber auch die veränderten Marktbedingungen, auf die der Projektentwickler reagieren musste. Unter anderem habe dies zu Bauverzögerungen geführt. Die dadurch veränderten Bedingungen seien nicht mehr mit dem im Jahr 2016 abgeschlossenen Kaufvertrag vereinbar.
Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter bei DC Developments, wird so zitiert: „Die Welt befindet sich aktuell in einem großen Wandel. Innerhalb eines halben Jahrzehnts hat sich der Markt vollständig geändert, somit musste sich auch die Strategie der urbanen Stadtentwicklung von den Sedelhöfen anpassen. Wir haben den Anspruch im Laufe der Entwicklung gehabt, das Innenstadtquartier entsprechend den neuen Nutzerbedürfnissen anzugleichen und dynamisch im Bau und in der Anpassung des Vermietungskonzeptes zu agieren. Somit sind die Sedelhöfe ein anderes Produkt als 2016 konzeptioniert.“
„Wir sind froh, mit der Rückabwicklung eine Lösung gefunden zu haben, mit der beide Parteien zufrieden sind,“sagt Frank Wenzel, Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen. „Wir hatten uns in einer sehr frühen Projektphase gebunden. Die damals nicht absehbare Entwicklung hat dazu geführt, dass das Produkt Sedelhöfe, das nach wie vor ein wichtiges Stück Stadt für Ulm ist, in seiner heutigen Form in zu vielen Parametern vom abgeschlossenen Kaufvertrag abweicht“, so Wenzel weiter.
Was Wenzel wohl meint, aber nicht sagt: Die Vermietung hatte sich schwieriger gestaltet als zunächst erwartet. Durch die Corona-Pandemie gab und gibt es bei vielen der „Mieter-Wunschkandidaten“ein absolutes Nein zu jeglicher Expansion. Statt dem ursprünglich angedachten neuen, zugkräftigen Namen belegt in Zukunft H&M ein großes Ladenlokal an prominenter Stelle. Und mit Zalando Lounge und TK-Maxx ziehen zwei Mieter ein, die sich durch Rabattschlachten ihre Kunden ins Haus holen. „Wir hätten uns das anders erhofft“, sagt die Ulmer Citymanagerin Sandra Walter. Ein wertiger Magnet, den es vorher noch nicht gab, ist nicht gekommen, so die verbreitete Meinung in Ulm. Zudem wird nach Meinung vieler Händler durch den Umzug von H&M von der Hirschund Bahnhofstraße in die Sedelhöfe der Kannibalisierung Vorschub geleistet. „Die Zeiten der großflächigen Expansionen sind vorbei“, sagt Josef Röll, der Einzelhandelsexperte der Industrie- und Handelskammer in Ulm. Die Umsätze pro Quadratmeter wie in früheren Zeiten seien in Zeiten des Online-Handels nicht zu realisieren. Damit einher geht eine Veränderung der Struktur Sedelhöfe, die nun zum Platzen des Vertrages mit der Aachener Grundvermögen führte. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Aachener Grund gewisse Sperrvermerke in den Verträgen hatte, was Mieter angeht, die sich im Jahr 2021 nicht aufrecht halten lassen. Dass ein Käufer gefunden wird, steht wohl außer Frage. Denn Geld werde gerne in Immobilien „geparkt“, so Röll.