Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das „ökologische Wunder“von Ludwigsfeld
Neues Wohngebiet soll bei Umweltschutz richtungsweisend sein - Stadträte sind begeistert, aber auch skeptisch
NEU-ULM - Das klang schon fast ein wenig nach Jubelarie. Das geplante Baugebiet „Wohnen am Illerpark“im Neu-Ulmer Stadtteil Ludwigsfeld sei ein „Leuchtturm“, ein „ökologisches Wunder“, ein „tolles Projekt“und eben ein „Modell“. So sprachen verschiedene Redner im Stadtrat über ein Vorhaben, bei dem sich die Stadt tatsächlich viel Mühe gibt, daraus ein Vorzeigeprojekt zu machen. Allerdings stand auch die Frage im Raum, ob das nicht alles ein wenig teuer werde, sodass sich dort eher Betuchte niederlassen.
In Planung befindet sich das Baugebiet mit mehr als 600 Wohnungen schon länger, nun wurden weitere wesentliche Bestandteile auf den Weg gebracht. Das Gelände, das grob gesagt zwischen der Emil-SchmidMittelschule und der Nuvisan-Forschungsklinik liegt, soll in mehrerlei Hinsicht richtungsweisend sein, beispielsweise bei der Wärmeversorgung. Die erfolgt unter anderem mit CO2-neutralen Wärmequellen. In 30 Jahren könnten nach Schätzung von Stadtbaudirektor Markus Krämer mehr als 32 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Das sei ein großer Schritt zur CO2-neutralen Wärmeversorgung und trage dazu bei, die Klimaschutzziele der Stadt Neu-Ulm im Speziellen und Deutschlands im Allgemeinen zu erreichen. Ursprünglich war geplant, den Illerkanal als Wärmequelle anzuzapfen, mittlerweile soll die Energie
aus Grundwasserbrunnen kommen. Mithilfe von Wärmepumpen und Strom aus dem benachbarten Wasserkraftwerk werde CO2-freie Wärme bereitgestellt.
Zusätzlich erhalten die Häuser einen obligatorischen Anschluss an das Fernwärmenetz Neu-Ulm/Senden. Für das Konzept, welches sich modernster Technologien bedient, haben die Stadtwerke bereits eine Förderzusage über 70 Prozent aus der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums bekommen.
Als ausgezeichnet im wahrsten Sinne des Wortes kann auch das Konzept gelten, mit dem im Illerpark das Regenwasser behandelt wird. Die Stadt heimste vom bayerischen Umweltministerium einen ersten Platz beim sogenannten Abwasser-Innovationspreis 2020 ein, mit der Folge, dass sich der Freistaat mit bis zu 750 000 Euro an den Projektkosten beteiligt. Vorgesehen ist, das Regenwasser über ein oberflächliches und ein unterirdisches System zu Mulden zu leiten, die das Baugebiet durchziehen. Dort versickert es. Auch das Wasser von den Hausdächern fließt über das Leitungssystem zu den Sickeranlagen. Sie bilden einen Teil des Grünzugs, der durch die Siedlung läuft und als Erholungsgebiet gedacht ist.
Einen Beitrag zum Umweltschutz stellt bereits die notwendige Beseitigung von Altlasten dar, die sich an immerhin drei Stellen im Gebiet des Illerparks gefunden haben. Dazu gehört die ehemalige Befehlsstellung einer Flakanlage, die nach dem Zweiten Weltkrieg als wilde Müllkippe diente. In der Nähe des Baugebiets liegt auch eine ehemalige Kiesgrube, die beim Bau von Bunkeranlagen entstand. An allen drei Altlastenstellen
fanden sich zahlreiche Schadstoffe im Boden. All das zu entfernen, kostet eine Menge Geld. Veranschlagt hat die Stadt zwei Millionen Euro.
Um das Baugebiet voranzubringen, hat der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung Ausgaben von fast 13 Millionen Euro genehmigt. Die fließen neben der Altlasten-Beseitigung in den Straßenbau, die Schmutz- und Regenwasser-Kanalisation sowie in die Gestaltung der Freianlagen. Das Ja fiel einstimmig aus, da alle Fraktionen das Projekt grundsätzlich gutheißen. Bernhard Maier (CSU) sprach von einem „Leuchtturm„ und einem zukunftsweisenden Modellprojekt. Er lobte die Verwaltung ausdrücklich für ihre Arbeit und ihre Ideen. Dem schloss sich Rudolf Erne (SPD) an. Er sparte nicht mit „uneingeschränktem Lob“. Die Stadt sei innovativ und kreativ unterwegs. Allerdings hegt er Befürchtungen, dass all das Modellhafte wohl seinen Preis habe, den sich nicht alle leisten können. Eine soziale Durchmischung sei da nicht mehr möglich. Auch Andreas Schuler (FWG) hoffte, dass dies ein Baugebiet „nicht nur für Bessergestellte“werde. Grundsätzlich hielt er das Ganze jedoch für ein „ökologisches Wunder“. Was die Kosten betrifft, so haben die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen nach Darstellung von Stadtbaudirektor Krämer bereits Früchte getragen und für die bereits erwähnten Förderungen gesorgt. Das wirke sich auf die Preise aus.