Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Vom Flair der Stadt begeistert“
Weniger Besucher als erhofft bei Filmtagen Oberschwaben – Dafür berichtet die Intendantin von zufriedenen Gästen
RAVENSBURG - 60 Filmschaffende, 35 Filme und sechs Gewinner: Die ersten Filmtage Oberschwaben haben in Ravensburg für Festivalatmosphäre und Kinoerlebnis gesorgt. Intendantin Helga Reichert spricht im Interview mit Anke Kumbier über Besucherzahlen, die unter der Erwartung blieben, zufriedene Gäste und darüber, wie es weitergehen soll. Reichert hatte 2019 die Intendanz der Filmfestspiele Biberach von ihrem Mann Adrian Kutter übernommen. Anfang dieses Jahres kam es zum Bruch mit dem ehrenamtlichen Vorstand der Filmfestspiele. Reichert suchte sich daraufhin eine neue Wirkungsstätte. Die Wahl fiel auf das Frauentorkino in Ravensburg.
Frau Reichert, Ihre ersten Filmtage in Ravensburg sind geschafft. Was hat besonders gut geklappt?
Ich war mir nicht sicher, ob ich es schaffe, die Stimmung des Festivals, so wie ich sie mir wünsche, wachzurufen. Nämlich, dass sich Menschen gemeinsam Filme anschauen, sich hinterher darüber austauschen, miteinander reden – aber das hat geklappt! Genauso wie der Ablauf reibungslos funktioniert hat, trotz all der unbekannten Komponenten. Ich kannte vorher weder die Hotels, in denen die Filmschaffenden unterkamen, noch das Kino.
Mit Blick auf die Einnahmen und Besucherzahlen: Wie zufrieden
Helga Reichert
sind Sie?
Die Einnahmen sind etwas niedriger als erhofft. Ich hatte mit circa 2000 Tickets kalkuliert, im Endeffekt waren es knapp 1500. Wir sind noch weit davon entfernt, dass sich das Festival trägt, und natürlich hätte ich mir gewünscht, dass etwas mehr Karten verkauft werden. Aber ich möchte den Erfolg nicht nur an Zahlen festmachen. Die Filmschaffenden beispielsweise waren vom Flair der Stadt begeistert, und wir hatten nach den Filmen viele tolle Gespräche.
Was lief dieses Jahr nicht so gut, welche Anregungen nehmen Sie für nächstes Jahr mit?
Wir haben Kritik für die Ausleuchtung bei der Preisverleihung bekommen. Die Zuschauer haben zu wenig gesehen. Und beim Film „Borga“habe ich mich verschätzt. Den habe ich in einen kleineren Kinosaal gepackt, während im großen Saal Plätze frei geblieben sind.
Was waren die größten Unterschiede zu Biberach – abgesehen von der Besucherzahl, die vor Corona bei rund 13 000 lag?
Das ist schwer zu sagen. Ich habe immer wieder gehört, dass es in Ravensburg so war, wie ganz zu Beginn in Biberach, eben weil es deutlich kleiner, aber dadurch auch legerer war. Die Kinos sind natürlich auch unterschiedlich, aber beide haben ihren eigenen Charme. Ich habe in Biberach sehr gerne mit den Kinobetreibern zusammengearbeitet und bin glücklich, dass die Zusammenarbeit mit dem Frauentorkino hier in Ravensburg genauso gut lief.
Meinen Sie, die Region verträgt zwei Filmfestspiele, die sowohl örtlich als auch zeitlich so nah beieinander liegen?
Ja klar. Nathalie Arnegger, die neue Intendantin der Biberacher Filmfestspiele, wird ihren eigenen Spirit einbringen. Ich glaube, in zwei Jahren wird sich das sortiert haben und die Leute bekommen ein umso vielfältigeres Angebot.
Wie werden die Filmtage Oberschwaben 2022 aussehen und wie stellen Sie sich die Entwicklung vor?
Bei den ersten Filmtagen gab es eine Jury des Soroptimist-Frauenclubs aus Ravensburg/Weingarten und eine Ravensburger Kinderund Jugendjury. Wird es diesen lokalen Bezug weiterhin geben?
Die Schülerjury muss ich beibehalten (lacht). Sie haben schon gesagt, dass sie es nächstes Jahr unbedingt wieder machen wollen. Da denke ich auf jeden Fall drüber nach. Ich bin noch unentschieden, ob die Jurys gleich besetzt bleiben sollten, aber dass es wieder eine Kinderund Jugendjury aus Ravensburg gibt, steht fest und ich arbeite auch sehr gerne wieder mit dem Soroptimist-Frauenclub zusammen.