Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ulmer Grünen-Abgeordneter will käuflichen Sex weiter erlauben – CDU-Frau für Verbot
Marcel Emmerich erteilt dem Wunsch des Ulmer Bürgermeisters eine Absage
ULM - Eindringlich haben sich die Unterzeichner eines Appells aus Ulm an die neue Bundesregierung gewandt. Ihre Forderung: Bordelle sollen geschlossen und käuflicher Sex verboten werden. Nur so, argumentieren sie, könne wirksam gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung vorgegangen werden. Marcel Emmerich, grüner Bundestagsabgeordneter aus Ulm, erteilt diesem Wunsch nun eine Absage.
Dabei hat sich auch Martin Bendel, der Ulmer Finanzbürgermeister, als einer der Unterzeichner am Mittwoch eindeutig positioniert. Er spricht sich dafür aus, dass die neue Bundesregierung ein „Sexkaufverbot“auf den Weg bringt. Dies würde bedeuten: Alle Puffs in Ulm müssten schließen. Nach dem gewünschten neuen Gesetz, das sich an dem „Nordischen Modell“orientieren soll, würden zwar Freier bestraft, nicht jedoch die Frauen, die der Prostitution nachgehen.
Ulms Bundestagsabgeordneter Marcel Emmerich, dessen Partei wahrscheinlich Teil der neuen Bundesregierung sein wird, hat dem Appell eine Absage erteilt. Unterschrieben haben ihn auch Ralph Seiffert (Donaubüro Ulm/Neu-Ulm), Marietta Hageney (Verein Solwodi) und Diana Bayer („Ulmer Bündnis gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution“). Der „Schwäbischen Zeitung“teilt Emmerich mit, dass das „Nordische Modell“(gilt unter anderem in Schweden) „keine Verbesserung“bringe, sondern Probleme, die mit Prostitution einher gehen, nur „in die Unsichtbarkeit der Illegalität“verschiebe. „Damit ist vor allem den Frauen nicht geholfen.“
Ulms Bürgermeister Bendel sieht das anders – und begründet, warum
Ronja Kemmer macht sich für ein Sexkaufverbot stark.
Auch Martin Bendel will Bordelle schließen.
Marcel Emmerich hält dagegen.
es in „seiner“Stadt nach wie vor – und trotz seiner Haltung – eine ausgeprägte Rotlicht-Szene gibt. „Solange Prostitution erlaubt ist, haben Polizei und Ordnungsbehörden keine ausreichende Handhabe, um den Betrieben das Handwerk zu legen.“
Deshalb der Appell an die neue Regierung, die Gesetze zu ändern.
Denn unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen sei Prostitution in Deutschland erlaubt und Städte wie Ulm hätten keine rechtliche Möglichkeit, Prostitutionsstätten zu verbieten, „sofern keine konkreten, unter Strafe stehenden Tatsachen gegen den Betrieb vorliegen“.
Bendel beklagt sich: „Darin liegt ja genau das Problem: Das Einzige, was wir im Augenblick tun können, ist, den von Menschenhandel betroffenen Personen Schutz und Beratung anzubieten, was wir durch die Förderung der entsprechenden Stellen auch tun.“
Bei Emmerich beißt er mit dieser Bitte auf Granit. „Statt einer Verbotsdebatte braucht es mehr Akzeptanz, Gesundheitsversorgung und den Ausbau der freiwilligen Beratung“, lässt er wissen.
Wie Bendel spricht sich auch er für ein energisches Vorgehen gegen Menschenhandel aus. Zudem müssten „der Schutz und die Stärkung der Rechte von Sexarbeiter*innen“(Emmerich) verbessert werden.
Gänzlich untätig würde seine Partei in der neuen Regierung jedoch nicht bleiben, verspricht Emmerich. „Wir wollen das Prostituiertengesetz evaluieren und überarbeiten.“
Auch der Ulmer CDU-Bundestagsabgeordneten Ronja Kemmer dürfte das nicht reichen. Sie stellt sich auf die Seite der Stadt. Bordelle müssten verboten werden.
Der „Schwäbischen Zeitung“schreibt Kemmer, dass sie diesbezüglich nicht untätig war (damals noch als Teil einer Regierungspartei). Im vergangenen Dezember habe sie eine Erklärung unterzeichnet (neben anderen Abgeordneten), wonach in Deutschland das „Nordische Modell“eingeführt werden sollte.
Kemmer widerspricht Emmerich: „Die allermeisten Prostituierten arbeiten nicht freiwillig in diesem Milieu, sondern werden getäuscht, bedroht und erpresst.“
Die jüngste Initiative aus Ulm unterstützt Kemmer daher. „Zwangsprostitution und Menschenhandel sind im Rotlichtmilieu nicht die Ausnahme, sondern die Regel.“So sieht das im Übrigen auch das EU-Parlament. Schon 2014 hatte es den Mitgliedsstaaten empfohlen, ein Sexkaufverbot einzuführen.