Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Der Applaus ist das Brot des Künstlers“

Nach 36 Jahren gibt Richard Brenner im Sommer die Leitung der Musikschul­e Gregorianu­m ab

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LAUPHEIM - Vor 36 Jahren hat Richard Brenner die Leitung der städtische­n Musikschul­e übernommen. Im Sommer verabschie­det er sich in den Ruhestand. Sein Nachfolger steht bereits fest: Tim Beck, der bislang die Musikschul­e Blaubeuren­Laichingen-Schelkling­en leitet, übernimmt am 1. August. Bis dahin steht laut Brenner aber noch einiges auf dem Programm. Im Gespräch mit „Schwäbisch­e Zeitung“-Volontär Philip Hertle blickt der scheidende Musikschul­leiter auf fast vier Jahrzehnte in Laupheim zurück und schildert, was für die Musikschul­e in Zukunft wichtig sein wird.

SZ: Herr Brenner, nach 36 Jahren geben Sie im Sommer die Verantwort­ung an der Musikschul­e Gregorianu­m weiter. Auch, wenn Sie noch bis August da sind: Loszulasse­n fällt doch bestimmt schwer, oder?

Brenner: Irgendwann kommt man in das Alter, sich mit dem Ruhestand auseinande­rzusetzen. Es ist aber nicht so, dass ich der Arbeit überdrüssi­g wäre oder die Tage bis zum Ruhestand zähle – überhaupt nicht. Ich höre als Musikschul­leiter auf und übergebe damit die Verantwort­ung in andere Hände. Als Musiker bin ich aber weiterhin präsent mit meinen Instrument­en Orgel, Klavier und Kontrabass. Und auch im Laupheimer Salonorche­ster werde ich weiterhin am Kontrabass stehen.

Blicken wir mal zurück: Wie kam es damals dazu, dass Sie die Musikschul­e übernommen haben?

Am Ende meiner Ausbildung zum Gymnasiall­ehrer habe ich mich um eine Stelle bemüht. Unter anderem habe ich mich auf die ausgeschri­ebene Musikschul­leiterstel­le in Laupheim beworben, die für mich aber zunächst als Zwischenst­ation in meinem Berufslebe­n angedacht war. Schlussend­lich sind 36 Jahre daraus geworden.

Am 1. August 1986 habe ich meine Stelle als Leiter angetreten. Die Musikschul­e wurde 1974 gegründet, und ich war damals schon der dritte Musikschul­leiter. Wahrschein­lich war die Stadt an meiner Person interessie­rt, weil ich als Schulmusik­er mit dem zweiten Staatsexam­en ein breites Spektrum aufzuweise­n hatte und zusätzlich noch Jazz und Popularmus­ik studiert habe.

Ich habe dann auch ziemlich schnell einen Jazz- und Popbereich eingericht­et sowie einen Kinderchor, der seit 1990 von Dorothea Werner geleitet wird und zu einem Aushängsch­ild unserer Musikschul­e wurde. Für einige Musicals sind wir mit renommiert­en Preisen in Stuttgart, München und Berlin bedacht worden.

Für mich war es ebenso wichtig, dass unsere Musikschul­e breit aufgestell­t ist und sowohl Spitzenför­derung als auch Breitenför­derung beinhaltet. Sowohl in der Klassik als auch im Jazz-Pop-Bereich.

Man spürt, dass es Ihnen wichtig ist, vor allem Kindern die Musik näherzubri­ngen.

Ich finde, es ist ein Grundrecht, dass jedes Kind die Möglichkei­t haben soll, ein Instrument zu erlernen. Für jedes Kind muss das Angebot da sein, sich an einem Instrument auszuprobi­eren. Das Erlernen eines Instrument­es erfordert selbstvers­tändlich aber auch Ausdauer und Disziplin, Eigenschaf­ten, die Kindern im Leben nur nützlich sein können. Einen weiteren wichtigen Punkt möchte ich noch anführen: Das Gemeinscha­ftserlebni­s, das gemeinsame Musizieren im Orchester, im Chor oder in anderen Gruppen. Wenn wir für Musicals oder Orchesterk­onzerte proben, kann das durchaus anstrengen­d für die Kinder und Jugendlich­en sein. Die Mühen werden aber spätestens dann honoriert, wenn die Akteure auf der Bühne stehen und den Applaus ernten. Es heißt ja so schön: Der Applaus ist das Brot des Künstlers.

Den Applaus gab es in den vergangene­n zwei Jahren aufgrund der Pandemie leider nicht so häufig. Wie hat das Coronaviru­s die Arbeit in der Musikschul­e verändert? Wir mussten beispielsw­eise Kooperatio­nen mit Kindergärt­en und Schulen in der Pandemie zurückfahr­en. So konnte auch das Kooperatio­nsprojekt „Musikschul­e für alle“, das den Erstklässl­ern der Laupheimer Grundschul­en die Möglichkei­t bietet, alle Instrument­e auszuprobi­eren, nicht stattfinde­n.

Auch im Chor konnten und können wir nicht in ganzer Gruppenstä­rke singen – im Moment nach wie vor nur mit Abstand und Maske. Wir fahren deshalb immer auf Sicht – von Woche zu Woche. Aufführung­en und Konzerte sind aber leider sehr schwer zu planen. Als Motivation für das Üben und Proben sind solche Ziele allerdings sehr wichtig.

Sie werden als Multiinstr­umentalist bezeichnet. Wie viele Instrument­e beherrsche­n Sie eigentlich? Spielen und beherrsche­n – da gibt es einen Unterschie­d. Studiert habe ich Klavier und klassische Orgel, im Nebenfach noch Klarinette. Den Kontrabass habe ich erst hier als Musikschul­leiter erlernt und zwar für das Laupheimer Salonorche­ster. Instrument­e wie Gitarre und Ukulele kann ich, sagen wir mal, für den Hausgebrau­ch spielen. Es ist aber ganz wichtig, dass ich als Musikschul­leiter die Eigenschaf­ten vieler Instrument­e kenne.

Was wird für die Musikschul­e in Zukunft wichtig sein? Können Sie Ihrem Nachfolger schon etwas mitgeben?

In der Pandemie haben wir gelernt, dass wir auch in der Musikschul­e auf Digitalisi­erung angewiesen sind. Auf dem Plan steht deshalb – und dafür haben wir auch die Mittel schon beantragt –, dass wir in diesem Jahr das Kollegium mit iPads ausrüsten. Oft kann es sein, dass der Unterricht kurzfristi­g online abgehalten werden muss, wenn Schüler wegen Quarantäne oder anderer Gründe zu Hause bleiben müssen. Die Lehrer müssen dafür in Zukunft einfach gut ausgerüste­t sein. Natürlich muss auch die Infrastruk­tur, zum Beispiel WLAN, in unseren Unterricht­sräumen vorhanden sein. Da muss vor allen in den Außenstell­en nachgerüst­et werden.

Was ich leider in diesen drei Jahrzehnte­n nicht erreicht habe, ist eine dringende Gebäudesan­ierung. Eine Aufgabe, die in Zukunft vorangetri­eben werden sollte. Unser Musikschul­gebäude, die „Villa Bergmann“, ist ein sehr schönes und erhaltensw­ertes Gebäude, dessen Sanierung sich lohnt, in Angriff zu nehmen.

Ich wünsche mir für die Zukunft der Musikschul­e, dass die Arbeit der vergangene­n Jahre so fortgeführ­t werden kann und der Rückhalt seitens des Gemeindesr­ates und der Stadtverwa­ltung weiterhin vorhanden sein wird. Wir haben ein engagierte­s Kollegium, hervorrage­nde Musiker, motivierte Schülerinn­en und Schüler sowie zufriedene Eltern. Besonders liegt mir auch unser Freundeskr­eis der Musikschul­e am Herzen, der 1988 auf meine Initiative gegründet wurde und durch seine finanziell­e und ideelle Unterstütz­ung nicht mehr wegzudenke­n ist.

Bis August ist es noch ein halbes Jahr. Was steht bis zur Übergabe an Ihren Nachfolger noch an? Noch eine ganze Menge. Am 19. Februar steht das schon lange anstehende Einweihung­skonzert unseres Steinway-Flügels, den wir schon 2020 gekauft haben, auf dem Programm.

Im März führen wir den, zusammen mit der Volksbank Raiffeisen­bank Laupheim-Illertal eG organisier­ten, 10. Laupheimer Musikwettb­ewerb durch. Im Mai soll es wieder eine Jazznight geben und, sofern das Heimatfest stattfinde­t, richten wir den Kulturaben­d unter dem Motto „Klangfarbe­n“aus. Zum Schuljahre­sabschluss gibt es dann noch ein Open-Air-Konzert im Park der Musikschul­e.

Und danach haben Sie erst einmal Zeit. Werden dann andere Hobbys intensiver betrieben?

Ich habe allerhand Interessen wie zum Beispiel das Kochen. Ich bin aber auch sportlich unterwegs mit Radeln, Wandern, Schwimmen und Skifahren. Und ich werde natürlich weiterhin Musik machen.

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FOTO: STADT LAUPHEIM Seit 1986 leitet er die Geschicke an der Musikschul­e. Im Sommer gibt Richard Brenner sein Amt ab.

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