Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wolfsburg feiert Kantersieg gegen die Bayern-Frauen
WOLFSBURG (SID) - Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg haben mit einem Kantersieg gegen Bayern München für eine Vorentscheidung im Titelkampf gesorgt. Das 6:0 (3:0) im vorentscheidenden Topspiel gegen den Verfolger und Titelverteidiger lässt keine Fragen mehr offen. Den Vorsprung von vier Punkten werden sich die Wolfsburgerinnen in den ausstehenden drei Partien kaum noch nehmen lassen. „Das waren definitiv ganz wichtige Punkte für uns“, sagte Nationalmannschafts-Kapitänin Alexandra Popp, die nur schwer den Begriff Meisterschaft umgehen konnte: „Es sieht sehr gut aus für uns – aber ich will das Wort noch nicht in den Mund nehmen.“
Svenja Huth (8.), Joelle Wedemeyer (33.), Tabea Wassmuth (39.), Popp (77.), Lena Oberdorf (82.) und Ewa Pajor (90.+1) trafen vor 3037 Zuschauern für den VfL, der die Schale zurückhaben möchte. Die vergangenen neun Meisterschaften hatten die beiden Vorzeigeclubs unter sich ausgemacht – sechsmal triumphierte Wolfsburg, dreimal die Bayern.
„Glückwunsch an den VfL. Es war ein total verdienter Sieg. Aber natürlich müssen wir über das Spiel sprechen“, sagte Bayern-Coach Jens Scheuer, der vor dem Anpfiff von einem „Endspiel“gesprochen hatte.
„Wolfsburg war brutal effektiv“, sagte Bundestrainerin Martina VossTecklenburg: „Die Bayern-Leistung ist natürlich erklärbar. Ihnen fehlt körperlich und mental die Frische.“
Wolfsburg ist obenauf.
Es ist Deutschlands derzeit wohl meist diskutierte Fußballfrage: Wie wird die Bundesliga wieder interessant? Denn nach neun Meisterschaften für den FC Bayern München am Stück langweilt der Titelkampf der Eliteliga wahrscheinlich 98 Prozent der Fußballfans (Bayern-Anhänger und Verantwortliche des Rekordmeisters eingeschlossen). Doch müssen Entscheider überhaupt nicht groß über Play-offs, neue Geldverteilungs-Regelungen oder sonst was fachsimpeln, solange ein anderer Makel über allem schwebt: die Blauäugigkeit und Fahrlässigkeit der Konkurrenz.
Während viele Jahre lang die Dominanz des „Stern des Südens“einfach überwältigend war, ist das Manko der aktuellen Saison zur Abwechslung die Schwäche der anderen. RB Leipzig durchlebte (nach personellem Aderlass durch die Bayern) am Anfang der Spielzeit eine lange Findungsphase und war früh aus dem Meisterrennen. Warum nicht mal Leverkusen? Die Frage beantwortet sich schon aus der Historie. Bliebe die Dauerkonkurrenz aus Dortmund, die sich allerdings genau in einem Jahr, in dem die Bayern schwächeln und viele Chancen auslassen, in absurden Auswüchsen ihrer Bräsigkeit ergehen. Ständig zwickt es irgendwo bei der gelb-schwarzen Borussia. Entweder ist Superstümer Erling Haaland verletzt, sind die jungen Gelben zu verspielt und nicht abgezockt oder es fehlt schlichtweg die oft zitierte Mentalität (auch wenn Marco Reus das anders sieht). Selbst wenn der FC Bayern auf Anweisung von höchster Instanz dem SC Freiburg noch drei Punkte rüberschieben sollte und damit den 20 Sekunden-Aussetzer teuer bezahlt, sind die „ärgsten Verfolger“noch weit auf Abstand gehalten. Die jüngste Dortmunder 1:4 (0:2)-Niederlage gegen RB Leipzig steht sinnbildlich für die Saison des BVB. Auf hohe Erwartungen folgen bittere Enttäuschungen. Die Umstände unterstrichen die Tragik nur noch mehr. Zum ersten Mal nach 763 Tagen durfte der Fußballtempel mit 81 365 Zuschauern wieder ausverkauft werden – und dann das.
Doch geht es nicht nur um eine Niederlage, die immer mal passieren kann, sondern vielmehr um das, wofür sie steht. Gibt es Widerstand, ist es, als werde unten ein tragendes Bauklötzchen aus dem mühsam aufgerichteten Turm gezogen. Dann fällt der BVB auseinander. Wie schon das 2:5 gegen Bayer Leverkusen, das 0:4 bei Ajax Amsterdam, das PokalAus auf St. Pauli oder das 2:4 gegen die Glasgow Rangers war auch dieses Spiel wieder ein Wink mit dem ganzen Zaun: Diese Mannschaft benötigt einen schnellen, tiefgreifenden Umbruch. Sebastian Kehl, der als Sport-Verantwortlicher im Sommer Michael Zorc ablösen wird, hat das erkannt. Doch so einfach ist es nicht. „Wir streben Veränderungen an, Gespräche laufen. (...) Aber es wird halt ein bisschen darauf ankommen: Wird uns der eine oder andere Spieler verlassen? Viele haben noch längere Verträge. Welche Möglichkeiten ergeben sich, dass Spieler wechseln können oder wollen?“, sagte Kehl im „SZ“-Interview. Übersetzt: Die Dortmunder haben sich Spieler ans Bein gebunden, die für zu viel Geld zu wenig Leistung bringen. „Ich will hier lauter Jungs haben, die aber mal so richtig Bock auf diesen Verein haben, sich zerreißen“, sagte Kehl, er sprach vom Aufbrechen „verkrusteter Strukturen“.
Doch ist das ein schwieriger und vor allem langwieriger Prozess. Aktuell ist der Zug der Ziele für den BVB abgefahren. Realitätssinn zumindest ist bei den Akteuren vorhanden. Auch wenn es nicht nötig gewesen wäre – weil es mehr als offensichtlich ist –, erklärte Mats Hummels offiziell die BVB-Saison für beendet. „Den Blick nach oben gibt es nicht mehr“, sagte der Abwehrchef: „Jetzt geht es um einen Grundstein für das nächste Jahr“– für den BVB und die gesamte Bundesliga.