Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ex-Mitarbeiter der Stadt mit Haftbefehl gesucht
36-Jähriger soll Neu-Ulm um Tausende Euro abgezockt und Abschlusszeugnisse gefälscht haben
NEU-ULM - Der Mann, der sich vor dem Amtsgericht Neu-Ulm verantworten sollte, kann sich laut Anklage so manches kriminelles Husarenstück ans Revers heften. Um „diverse Straftaten“handele es sich, kündigte Alexander Kessler, der Direktor des Amtsgerichts Neu-Ulm, bereits im Vorfeld des Verfahrens an. Die Verhandlung versucht der Angeklagte offenbar zu umgehen, auch hier mit eigenwilligen Mitteln.
Ihren Anfang fand die Geschichte im März 2019. Damals bewarb sich der heute 36-Jährige als Sachbearbeiter bei der Poststelle der Stadt Neu-Ulm. Problem nur: Die Noten des vorgelegten Hochschul-Abschlusszeugnisses sollen größtenteils gefälscht gewesen sein. Der mutmaßliche Betrug fiel nicht auf, die Stadt stellte den Mann an. Während seiner Tätigkeit soll er dann eine Vielzahl an Rechnungen gefälscht haben.
Die Zahlungen der Stadt NeuUlm flossen anschließend direkt auf sein Bankkonto. Laut Kessler handelte es sich dabei um rund 13 000 Euro. Doch damit ist die Liste an Vorwürfen noch nicht beendet. In den Jahren 2020 und 2021 soll der 36-Jährige in insgesamt 57 Fällen mit Fahrzeugen der Stadt Neu-Ulm gefahren sein, obwohl er überhaupt keine Fahrerlaubnis mehr besessen habe. Im September vergangenen Jahres teilte die Neu-Ulmer Polizei mit, dass der Mann seinen Führerschein verloren hatte, seinem Vorgesetzten hatte er das aber nicht gemeldet.
Im gesamten Zeitraum seiner Anstellung hat der Angeklagte offenbar auch zahlreiche Gegenstände, die im Fundbüro abgegeben wurden, unterschlagen. Mittlerweile ist der Mann aber nicht mehr für die Stadt tätig, wie Pressesprecherin Sandra Lützel auf Nachfrage sagte.
Am Mittwoch sollte der Mann vor dem Amtsgericht Neu-Ulm erscheinen. Richter Alexander Kessler war mitsamt seinen Schöffen, Oberstaatsanwalt Markus Schroth und Pflichtverteidiger Georg Mayer bereits im Saal 03 versammelt. Nur einer fehlte: der Angeklagte. Er hatte sich nicht einmal zwei Stunden vor Prozessbeginn per Mail krankgemeldet. Es sei ihm bereits am Abend zuvor schlecht gegangen und über Nacht hätten sich die Symptome weiter verschlechtert. Ein Attest könne er jedoch noch nicht vorweisen, er habe vor Verhandlungsbeginn keinen Arzttermin mehr bekommen.
Mit seiner kurzfristigen Absage präsentierte der Angeklagte noch zwei alternative Vorschläge: Man könne entweder einen neuen Termin vereinbaren oder die Verhandlung einfach ohne seine Anwesenheit führen. „Ein kreativer Vorschlag“, sagte Kessler schmunzelnd. Möglich ist das natürlich nicht.
Kessler schickte eine Polizeistreife zur Wohnung des Mannes, dieser war jedoch nicht anwesend. Oberstaatsanwalt Schroth beantragte schließlich, einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Mitarbeiter der Stadt zu erlassen. Sollte die Polizei ihn erwischen, kommt der Mann in Untersuchungshaft.