Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zeitenwende auch in der Agrarpolitik?
Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbands zeigt Situation und Perspektiven
NEUFRA - Der Präsident des Deutschen Bauernverbands Joachim Rukwied hat als Hauptredner bei der 21. Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbands Biberach-Sigmaringen (KBV) am Freitag in Neufra gesprochen. Etwa 130 Mitglieder – vorwiegend Männer – hörten in der Donauhalle seine Rede zum Thema „Zeitenwende auch in der Agrarpolitik? Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherung und Umweltschutz“.
Frei und kurzweilig berichtete Rukwied über Maßnahmen und Ausblicke die Landwirtschaft betreffend. In seiner Eigenschaft als Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV) seit 2012 und des Zusammenschlusses der europäischen Bauernverbände seit 2017 sei er über zahlreiche politische Entscheidungen deutschland- und europaweit unterrichtet, arbeite in verschiedenen Gremien mit. „Wir sind gefragt, weil wir eine sachorientierte Politik machen“, findet er: „Die Landwirtschaft muss eine Zukunft haben.“
Große Zustimmung des Publikums in Neufra erhielt Joachim Rukwied mit seiner Aussage, dass die Bauern der entsprechenden Raumschaft einbezogen werden müssten. Der Leitfaden dafür solle das Fachwissen der Menschen vor Ort sein: Was für die Alb passe, müsse nicht gleich für Oberschwaben gelten. Allerdings – und damit war er direkt in seinem Thema – gebe es tatsächlich eine Zeitenwende auch in der Agrarpolitik, die sich auf die Politik im Allgemeinen auswirke, nicht erst seit dem Ukrainekrieg.
Diese Wende betreffe die Energieversorgung, die Handelswege, den Militärschutz, sei geopolitisch. Besonders beim Thema Ernährungssicherung müssten die Bauern eingebunden sein in Entscheidungsfindungen. Da sei noch viel zu tun. Für zahlreiche Politiker, so sein Eindruck, sei dies jedoch kein Thema.
Joachim Rukwied ist sich sicher, dass die Ernährungskrise sich verschärfen werde: „Und jetzt wäre Zeit zum Handeln.“Eine gute Ackerkultur sei vorrangig; nicht produktive Flächen sollten mit mehr Flexibilität geregelt werden.
Zum zweiten Themenbereich, dem Umweltschutz, ist Joachim Rukwied überzeugt: „Da sind wir Bauern die richtigen Ansprechpartner.“Die Klimaveränderungen belasteten die Berufsgruppe erheblich. Auf hochwertigen Ackerflächen Biokraftstoff anzubauen oder Photovoltaik-Anlagen großflächig zu installieren, betrachtet er als den falschen Weg; diese Flächen würden für Wichtigeres gebraucht. „Fläche ist unsere Lebensgrundlage als Bauern“, fügte er an.
Beim Thema Tierwohl sieht Joachim Rukwied auch die Verbraucher in der Pflicht. Verbesserungsvorschläge
würden intensiv erarbeitet; Wirtschaft und Handel müssten jedoch mitmachen. Regionalität und Qualität hätten ihren Preis und müssten den auch erzielen. Das Essen als Teil eines Lebensgefühls müsse vorangebracht werden. Bei den Verbrauchern dagegen sei zurzeit ein „gegenteiliger Trend“sichtbar: Die Hofläden verzeichneten zurückgehende Einnahmen, wie auch die Anbauer von Spargel und Erdbeeren. Einzig die Milchwirtschaft floriere einigermaßen. Aber ein Steigen des Milchpreises, sei es auch nur um wenige Cent, führe jedes Mal zum Aufschrei: „Das geht gar nicht!“Bei Kraftstoff akzeptiere der Verbraucher das klaglos.
Die politischen Ziele seien richtig, so Joachim Rukwied, die entsprechenden Maßnahmen jedoch oft falsch. Sie böten den Landwirten keine Perspektive: „So kann das nicht funktionieren! Sonst ist das eine Sackgasse.“Die Bauern und ihre Familien müssten in der Lage sein, von ihrer Arbeit zu leben – die Work-Life-Balance müsse stimmen. Die Ernährungssicherung dürfe nicht infrage gestellt sein, habe Priorität. Die Vorgaben des „Green Deal“müssten in der Praxis umsetzbar und wirtschaftlich interessant sein. Daran arbeite der DBV mit zahlreichen Vorschlägen. Sein Blick in die Zukunft sei positiv: „Wir haben gute landwirtschaftliche Voraussetzungen hier.“Die Landwirte seien „innovativ und schaffen“, ergänzt er mit einem Schmunzeln. Auch für die junge Generation sehe er ein Leben in und mit der Landwirtschaft – „gestärkt durch sau-gute Frauen“.
Karl Endriß, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Biberach-Sigmaringen (KBV), betonte ebenfalls, wie wichtig eine „kluge Synthese von traditionellen Methoden als auch neuen Technologien“sei. Kritik übte er an einigen Aussagen aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium zur Begrünungspflicht beispielsweise. Die Kulturlandschaft sei über Jahrhunderte landwirtschaftlich geprägt. Er forderte die entsprechende Wertschätzung.
Niklas Kreeb, Geschäftsführer des KBV, blickte zurück auf die Arbeit während der Pandemie mit ausgefallener Jahreshauptversammlung 2021, deren Verschiebung in diesen Mai. Digitale Angebote seien notwendig geworden. Die Landwirtschaft habe schwierige Jahre hinter sich mit reduzierten Abnahmen von Fleisch, beispielsweise wegen geschlossener Restaurants.
Doris Härle, Vorsitzende des Landfrauenverbands innerhalb des KBV, verwies ebenfalls auf die schwierigen Bedingungen der vergangenen beiden Jahre. Dennoch konnten einige Veranstaltungen und Angebote für Frauen und Familien stattfinden, oft online, kontaktlos oder im Freien.
Die oben angesprochene „Zeitenwende“sah der Erste Landesbeamte Walter Holderried in seinem Grußwort auch im Hinblick auf den neu gewählten Vorstand des KBV. Während der Zeit der Vorgänger in den zurückliegenden 30 Jahren waren die Veränderungen groß: „Vieles wurde von den Füßen auf den Kopf und wieder zurückgestellt.“Der gesellschaftliche Druck auf die Landwirte habe sich erhöht und bleibe hoch. Die Verwaltung offeriere ihre Unterstützung, um „miteinander am gleichen Strick“zu ziehen.
Im Schlusswort griff die erste stellvertretende Vorsitzende des KBV Martina Magg-Riedesser ebenfalls die Problematik der Bauern auf: „Unsere Bauern brauchen Perspektiven.“Sie wünscht sich weniger Bürokratie, eine Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Familienbetriebe und eine Stärkung der Frauen im ländlichen Raum.
Noch freie Plätze für berufliche Fortbildung
LANDKREIS BIBERACH (sz) - Der Förderverein für berufliche Fortbildung an den beruflichen Schulen im Landkreis Biberach hat in folgenden Kursen noch Plätze frei: Excel 2016, Aufbaukurs, und MS Teams, Grundkurs, jeweils im KreisBerufsschulzentrum Biberach und Grundkurs Schweißen in der Beruflichen Schule Riedlingen. Infos unter www.foerderverein-bc.de
Sprechstunde für PC und Smartphone
LANDKREIS BIBERACH (sz) - Der Digitalmentor im Digital-Treff Peter Fischer steht am Mittwoch, 25. Mai, von 10 bis 12 Uhr in der Wielandstraße 24 in Biberach (Diakonische Bezirksstelle) für Fragen oder Probleme mit dem Android-Smartphone und Windows-PC zur Verfügung. Eine Anmeldung ist hilfreich über Telefon 07351 / 15 02 10 oder gils@diakonie-biberach.de
Museumsdorf Kürnbach öffnet Holzwerkstatt
LANDKREIS BIBERACH (sz) - An Christi Himmelfahrt lädt das Museumsdorf Kürnbach zum Vater- und Kindtag in die Holzwerkstatt ein. Am Donnerstag, 26. Mai, von 10 bis 16 Uhr darf drauflos gewerkelt werden: Mit Hilfe bauen die Jungen und Mädchen Nisthilfen und Insektenhotels und tragen damit aktiv zum Artenschutz bei.