Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Verstappen flucht sich an die Spitze
Formel-1-Champion ist zurück – Leclerc wird erstmals auch vom Pech erwischt
BARCELONA (SID) - Unter der kühlen Champagner-Dusche genoss Max Verstappen seine völlig unwahrscheinliche Rückkehr an die Spitze des WM-Klassements. Der Weltmeister war durch den Kies geholpert, hatte geschwitzt, seinen erneut zickigen Red Bull mehrfach verflucht – doch seinem großen Rivalen war es in Barcelona noch schlechter ergangen: Erstmals schlug das Technikpech auch bei Charles Leclerc zu. „Das Rennen hatte einen schwierigen Anfang, aber ein gutes Ende“, sagte Verstappen, der in Spanien trotz Probleme mit seinem Auto den bereits dritten Sieg in Folge feierte. Zum ersten Mal seit dem Saisonfinale 2021 führt er nun die WM an.
Möglich war das nur, weil Leclerc in Führung liegend von seinem Ferrari im Stich gelassen wurde: Antriebsprobleme. Und so fand die Podest-Party ohne ihn statt, auch das war eine Premiere in diesem Jahr. „Es kam wie aus dem Nichts“, sagte Leclerc: „Ich habe vorher überhaupt nichts am Auto gespürt.“
Sechs WM-Punkte Vorsprung hat Verstappen nun, der in diesem Jahr bereits zweimal wegen streikender Technik leer ausgegangen war. Hinter dem Niederländer sorgte Sergio Perez für einen Red-Bull-Doppelsieg, George Russell bestätigte als Dritter den Aufschwung bei Mercedes. Lewis Hamilton wurde nach einer Aufholjagd Fünfter.
Mick Schumacher indes verpasste schon wieder seine ersten Punkte in der Formel 1, der Haas-Pilot wurde 14. und lag damit hinter Sebastian Vettel im Aston Martin, der Rang elf belegte. „Nach der ersten Runde waren die Hoffnungen groß. Nach den nächsten Runden kam das Gefühl auf, dass es schwer werden könnte. Jetzt müssen wir noch ein Rennen länger warten“, sagte Schumacher. Vettel blieb ebenfalls realistisch, sagte: „Es waren keine Fehler dabei. So weit bin ich zufrieden. Dennoch ist es ein elfter Platz. Ich bin schon schlechtere Rennen gefahren und war ganz vorne. Von daher kann man zufrieden sein, so ist es im Sport: Wir sind abhängig von unserem Auto. Die meiste Zeit hatte ich ein gutes Auto und derzeit nicht. So ist es und da müssen wir jetzt durch.“
Wie in jedem Jahr hatte es in Barcelona eine große Update-Welle gegeben, fast jedes Team brachte neue Teile an die Autos – zumindest ganz vorne änderte sich dadurch aber wenig. Leclerc raste am Samstag souverän und nervenstark zu seiner bereits vierten Pole-Position im sechsten Saisonrennen, und mal wieder stand der Weltmeister direkt neben ihm: Verstappen holte Rang zwei, es war mal wieder alles angerichtet.
Und auch die Wetterbedingungen sollten ein Faktor werden. Es war drückend heiß am Renntag, 37 Grad Lufttemperatur, der Asphalt heizte sich auf fast 50 Grad auf. Dazu wehte recht starker Wind, der nur für die Fans in der Hitze angenehm war.
Nach dem Start blieb Verstappen nah dran an Leclerc, doch dann begann eine Phase voller Unheil für den Niederländer. Zunächst schubste ihn der heftige Wind in Kurve vier ins Kiesbett, an derselben Stelle war dies zuvor schon Ferrari-Pilot Carlos Sainz passiert. Verstappen fiel zurück, lag nun hinter Russell, als sich das nächste Problem auftat: Wie schon in der entscheidenden Phase des Qualifyings konnte Verstappen die Überholhilfe DRS nicht verlässlich nutzen. Mal öffnete sich der Klappflügel auf der Geraden nur kurz, mal öffnete er gar nicht – und der Weltmeister kam einfach nicht vorbei am Mercedes.
„Wir können nicht mal das scheiß DRS zum Laufen bringen, unglaublich!“, fluchte Verstappen im Funk. Er biss sich weiter die Zähne aus und holte sich frische Reifen an der Box. Ganz vorne war Leclerc in dieser Phase schnellster Mann im Feld, schien ungefährdet dem Sieg entgegenzufahren, da streikte auch beim Monegassen die Technik.
Ganz plötzlich verlor Leclerc an Geschwindigkeit und stellte das Auto in die Garage. „Das ist enttäuschend, aber nicht frustrierend“, sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto: „Die WM ist lang, jetzt geht es erst richtig los.“Für Verstappen war am Ende mit frischen Reifen alles einfacher, ebenso wie Perez spielte er nun seinen Geschwindigkeitsvorteil gegen Russell aus und fuhr zum Sieg.
Großer Preis von Spanien: 1. Verstappen (Niederlande/Red Bull) 1:37:20,475 Std., 2. Perez (Mexiko/ Red Bull) +13,072 Sek., 3. Russell (Großbritannien/Mercedes) +32,927,
4. Sainz (Spanien/Ferrari) +45,208, 5. Hamilton (Großbritannien/Mercedes) +54,534, 6. Bottas (Finnland/Alfa Romeo) +59,976, 7. Ocon (Frankreich/Alpine) +1:15,397 Min., 8. Norris (Großbritannien/McLaren) +1:23,235,
9. Alonso (Spanien/Alpine) + 1 Rd., 10. Tsunoda (Japan/Alpha Tauri) + 1 Rd.,
11. Vettel (Heppenheim/Aston Martin) + 1 Rd., 12. Ricciardo (Australien/ McLaren) + 1 Rd., 13. Gasly (Frankreich/Alpha Tauri) + 1 Rd., 14. Schumacher (Gland/Haas) + 1 Rd., 15. Stroll (Kanada/Aston Martin) + 1 Rd.,
16. Latifi (Kanada/Williams) + 2 Rd.,
17. Magnussen (Dänemark/Haas) + 2 Rd.; 18. Albon (Thailand/Williams + 2 Rd., Ausfälle: Leclerc (Monaco/Ferrari), Zhou Guanyu (China/Alfa Romeo. – Fahrer-Wertung (nach 6 von 22):
1. Verstappen 110 Pkt., 2. Leclerc 104,
3. Perez 85, 4. Russell 74; 5. Sainz, 65; 6. Hamilton 46.