Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wie die Umstellung auf Öko-Landbau Sri Lanka in den Staatsbankrott führte
Kurzfristig wurde den Bauern in Sri Lanka Mitte 2021 verboten, chemischen Dünger und Pflanzenschutzmittel zu importieren. Die Folgen von 100 Prozent Bio? Eine Katastrophe.
Manchmal sagt eine Grafik mehr als tausend Worte. Der Elendsindex von Sri Lanka, der Inflationsrate und Arbeitslosenquote addiert, lag für viele Jahre hinweg um den Wert 10 herum. Mitte 2021 stieg er dann exorbitant, mittlerweile auf über 60. Was war passiert? Der kürzlich nach Massenprotesten gestürzte Präsident Gotabaya Rajapaksa, der das Land in den Staatsbankrott geführt hat, hatte die heimische Landwirtschaft auf 100 Prozent
Bio umgestellt. Der Import von chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln wurde den zwei Millionen Bauern verboten, stattdessen durften sie nur noch heimischen Bio-Dünger verwenden. Die Folgen waren verheerend: massive Ernteausfälle, die zu einer Lebensmittelknappheit geführt haben. Innerhalb von sechs Monaten fiel die Reisproduktion um 20 Prozent – während der Preis für das Grundnahrungsmittel um 50 Prozent stieg. Ende vergangenen Jahres lockerte Ex-Präsident Rajapaksa dann zwar das Verbot, doch da war der Schaden bereits angerichtet. „Die dortige Regierung hat aus Unfähigkeit und der Not heraus einfach diese Maßnahmen verhängt. Mir war sofort klar, dass das zum Scheitern verurteilt ist“, sagt Urs Niggli im Gespräch. Der Schweizer Agrarwissenschaftler ist ein Vordenker der ökologischen Landwirtschaft. Aber für ihn ist klar: „Biolandbau per Dekret, das geht einfach nicht.“100 Prozent Bio, das schaffe nicht einmal der Zwergstaat Liechtenstein – und dort gebe es 100 Bauern. „Selbst dort liegt der Ökolandbau-Anteil erst bei 50 Prozent.“Erschwerend kommt hinzu, dass dieses missglückte Experiment unter schwierigen Bedingungen stattgefunden hat. Denn Sri Lanka hat kein gemäßigtes Klima, wie wir es aus Mitteleuropa kennen. „Dort herrschen tropische Bedingungen, die eine sehr inputintensive Landwirtschaft erfordern“, sagt Niggli – „und die hat man auf null gestellt.“Auch für den Göttinger Agrarökologen Teja Tscharntke ist klar: „Man kann nicht einfach Pestizide weglassen und sonst bleibt alles beim Alten.“Gerade bei Hochertragssorten laufe man sonst Gefahr, mit Krankheiten und Schädlingen kämpfen zu müssen. Was bedeuten die Erfahrungen aus Sri Lanka für die Fähigkeit des Biolandbaus, die Welt zu ernähren? Für Urs Niggli „wäre es absurd zu glauben, dass Ökolandbau eine Methode ist, die global flächendeckend angewendet werden kann“. (dgu)