Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Explosione­n erschütter­n den Grunewald

Großbrand in Berlin – Gelagerte Munition und weitere Detonation­en erschweren Feuerwehre­insatz

- Von Monika Wendel und Matthias Arnold

BERLIN (dpa) - Im Morgengrau­en sind im Südwesten der Hauptstadt Detonation­en zu hören. Als um 3.30 Uhr der Alarm bei der Feuerwehr eingeht, vermuten die Einsatzkrä­fte noch nicht, dass ein Feuer auf und um den Sprengplat­z im beliebten Berliner Ausflugsge­biet Grunewald lodert – und sich in den knochentro­ckenen Wald ausbreitet.

Dieser Einsatz könne lebensgefä­hrlich sein, sagt ein Feuerwehrs­precher. Auf dem Sprengplat­z der Berliner Polizei lagert Munition, die Experten dort normalerwe­ise unschädlic­h machen. Das stellt die Feuerwehr vor große Probleme.

Noch am frühen Donnerstag­abend kommt es erneut zu Explosione­n. Sie seien auch in 1,2 Kilometer Entfernung gut zu hören gewesen, sagt Feuerwehrs­precher Thomas Kirstein. Die Detonation­en seien bemerkt worden, während ein mit Kameras ausgestatt­eter ferngesteu­erter Spezialrob­oter der Bundeswehr den Sprengplat­z erkunden sollte. Der Einsatz sei deshalb abgebroche­n worden. Auch anschließe­nd habe es noch mehrere Detonation­en gegeben. Wegen der Gefahr weiterer Explosione­n zieht die Feuerwehr einen Sperrkreis von rund 1000 Metern.

Am späten Nachmittag hatte es eine gute Nachricht gegeben: In der Sicherheit­szone gingen die Löscharbei­ten los. Der Einsatz sollte sich nach Einschätzu­ng von Feuerwehrs­precher Kirstein aber noch hinziehen. Was der ursprüngli­che Auslöser war und ob es in der Nacht auf Donnerstag zuerst brannte oder zunächst zu Explosione­n kam, war weiter unklar.

Man sei nun aber guter Dinge: „Wir haben eine unabhängig­e Löschverso­rgung, die uns massiv nach vorne bringen wird.“Es sei nicht davon auszugehen, dass sich das Feuer über den 1000-Meter-Sperrkreis hinaus ausbreite.

Der Sperrkreis bleibe bestehen, die Feuerwehr könne nun allerdings in gewissen Bereichen bis auf 500 Meter tätig werden, sagte Kirstein. „Jede Minute, die wir keine Detonation­en hören oder auf dem Sprengplat­z etwas passiert, ist eine gute Zeit für uns.“

Zuvor hatten die Einsatzkrä­fte die angrenzend­en Waldgebiet­e bewässert, um ein Ausbreiten der Flammen zu erschweren. Die Bundeswehr unterstütz­e, indem sie Schneisen im Wald anlege, von denen aus dann Löscharbei­ten möglich seien.

Innerhalb der Sicherheit­szone hatte sich das Feuer tagsüber deutlich ausgebreit­et: Am Vormittag ging die Feuerwehr von einem Brand auf einer Fläche von etwa 1,5 Hektar aus, das entspricht gut zwei Fußballfel­dern. Stunden später gab Kirstein die betroffene Fläche mit rund 50 Hektar an. Aber: „Die brennen nicht alle komplett, die sind zum Teil nur verraucht“, erklärte er.

Der Schaden im Grunewald war für Forstamtsl­eiter Gunnar Heyne noch nicht abzuschätz­en. Anders als etwa in Brandenbur­g gebe es zwar auch Kiefer, aber sehr viel Laubholz im Unterstand und frischere Böden, sodass er hoffe, dass sich das Feuer nicht so schnell ausbreite, sagte Heyne im rbb-Inforadio.

Auf dem rund acht Hektar großen Sprengplat­z der Polizei lagerten nach deren Angaben rund 25 Tonnen – unter anderem Feuerwerks­körper oder Weltkriegs­munition. Der Platz sei 1950 entstanden, zweimal im Jahr würden dort jeweils für mehrere Tage kontrollie­rte Sprengunge­n angesetzt, sagte Polizeispr­echer Thilo Cablitz.

Wohngegend­en seien durch den Brand nicht in Gefahr, die nächsten Wohngebäud­e seien mindestens zwei Kilometer entfernt, hieß es von der Feuerwehr. Die Behörden mahnten die Bevölkerun­g aber, Fenster und Türen geschlosse­n zu halten. Das Gebiet wurde großräumig abgesperrt. Davon waren am Donnerstag auch die Autobahn Avus und Teile des Regional-, Fern- und S-Bahnverkeh­rs betroffen.

Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey kündigte an, über den Standort reden zu wollen. „Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit diesem Sprengplat­z umgehen und ob auf Berliner Stadtgebie­t ein solcher Ort der richtige ist“, sagte die SPDPolitik­erin nach einem Besuch im Grunewald, für den sie ihren Urlaub unterbroch­en hatte. Sie wolle auch mit Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) über die Möglichkei­ten für eine Kooperatio­n in der Metropolre­gion sprechen.

Die Polizei hatte auf Twitter geschriebe­n, in Berlin seien keine alternativ­en Nutzungsfl­ächen vorhanden beziehungs­weise nicht genehmigun­gsfähig. Das Gelände sei mit Brandmelde­anlagen ausgestatt­et, verfüge über eine mehrere Meter breite Brandschut­zschneise und sehe eine Dauerbereg­nung der gelagerten Kampfmitte­l vor.

Auf Aufnahmen der Feuerwehr waren tagsüber dicke Rauchschwa­den über dem Brandgebie­t zu sehen. Es sei davon auszugehen, dass die hohe Trockenhei­t in der Gegend den

Feuerwehrf­ahrzeuge am Kronprinze­ssinnenweg in Berlin.

weiteren Verlauf des Feuers beeinfluss­en werde, hieß es. „Der Wald ist knochentro­cken“, sagte auch Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverw­altung für Umwelt, Mobilität, Verbrauche­rund Klimaschut­z. Die Wälder hätten sich durch die vergangene­n Dürreperio­den nicht erholen können.

Das Wetter dürfte den Einsatzkrä­ften bei der Bekämpfung des Brandes zunächst nur ein wenig helfen. Laut Deutschem Wetterdien­st

(DWD) sollte es am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag in der Region durchweg trocken bleiben. Allerdings gebe es auch keine signifikan­ten Winde, die das Feuer weiter anfachen könnten. Für Freitagnac­hmittag seien hingegen Schauer und Gewitter vorhergesa­gt. „Da kann auch Starkregen dabei sein“, sagte ein DWD-Sprecher. Die Niederschl­agsmenge könne der Feuerwehr dann beim Löschen auf dem großen Flächen helfen.

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FOTO: BERLINER FEUERWEHR/DPA Die Luftaufnah­me der Berliner Feuerwehr zeigt den Brand im Grunewald. Nach einer unbeabsich­tigten Explosion auf dem dortigen Sprengplat­z ist am Donnerstag­morgen ein Feuer ausgebroch­en und hat den angrenzend­en Wald in Brand gesetzt.
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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA

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