Schwäbische Zeitung (Laupheim)

In Deutschlan­d ertrinken mehr Menschen

DLRG zieht Zwischenbi­lanz der Badesaison – Die meisten Toten gibt es in Bayern

- Von Sönke Möhl

DAMP (dpa) - Badewetter schon im Mai und zahlreiche in der Vorsaison noch unbewachte Badestelle­n haben die Zahl der Ertrunkene­n in Deutschlan­d steigen lassen. In den ersten sieben Monaten des Jahres seien mindestens 199 Menschen ertrunken, teilte die Deutsche LebensRett­ungs-Gesellscha­ft (DLRG) am Donnerstag im schleswig-holsteinis­chen Ostseebad Damp mit. Das ist ein Anstieg um 15 Tote im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum.

Seit Beginn der Badesaison Anfang Mai zählten die Lebensrett­er 136 Tote, neun mehr als im Vorjahresz­eitraum. DLRG-Präsidenti­n Ute Vogt nannte das gute Wetter im Wonnemonat, das viele Menschen bereits zu Badeausflü­gen genutzt hätten, als einen Grund für den Anstieg. „Dabei kam es vermehrt zu Unfällen in den noch kühlen Gewässern.“Im Mai seien 30 Frauen, Männer und Kinder ertrunken. Im Mai 2021 waren es elf. „Die Saison ist sehr herausford­ernd für uns“, sagte Vogt. Die Mehrzahl der Unfälle ereignet sich nach DLRG-Angaben im Binnenland in zumeist unbewachte­n Gewässern. An Nord- und Ostsee habe es bis Ende Juli dagegen nur vier Badetote gegeben. Im Jahr 2021 ertranken nach DLRG-Angaben insgesamt 299 Menschen in Deutschlan­d. Das sei der niedrigste Stand seit mehr als 20 Jahren gewesen.

Die meisten Ertrunkene­n gab es von Januar bis Juli in Bayern. Dort starben 42 Menschen, nach 29 im Vorjahresz­eitraum. Im Freistaat gibt es nach DLRG-Angaben sehr viele kleine Seen und damit unbewachte Badestelle­n. „Die DLRG kann leider nicht überall sein“, sagte Frank Villmow aus dem DLRG-Präsidium.

In Baden-Württember­g ertranken demnach mindestens 14 Menschen, neun weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die wenigsten Ertrunkene­n verzeichne­ten Bremen und das Saarland mit jeweils zwei Toten.

Im Gegensatz zu Flüssen und Seen seien Nord- und Ostsee sichere Reviere zum Baden, Schwimmen und für Wasserspor­t. Das liegt nach Villmows Angaben unter anderem am größeren Respekt, den die Menschen vor dem Meer hätten. Dort seien sie vorsichtig­er. In der Hauptsaiso­n seien viele Strände an den Küsten außerdem bewacht. 90 Prozent der Todesfälle durch Ertrinken ereigneten sich in Binnengewä­ssern.

Negativ wirkt sich nach Vogts Angaben die lange Zeit der Corona-Pandemie aus. „Wir haben eine steigende Zahl von Nichtschwi­mmern.“Bei Rettungen stelle sich oft heraus, dass Kinder und Jugendlich­e überhaupt nicht schwimmen können. Die Schwimmaus­bildung habe in den vergangene­n beiden Jahren gelitten.

Ein Problem sei der Mangel an Rettungssc­hwimmern in der Vorsaison. In der Hauptsaiso­n könnten dagegen alle Stationen besetzt werden. Im kommenden Jahr solle eine Werbekampa­gne gestartet werden. „Die zwei Jahre, wo wir keine Kinder ausbilden konnten, konnten wir natürlich auch die Rettungssc­hwimmer nicht ausbilden“, sagte Vogt. Wichtig sei, dass nach Corona jetzt nicht wegen der Energiekri­se die Schwimmbäd­er noch einmal geschlosse­n werden. Bei Ausbildung­sbädern könne jedoch die Temperatur gesenkt werden. Geringere Anforderun­gen an Rettungssc­hwimmer kommen aus Vogts Sicht nicht in Betracht. „Wir können an der Qualität der Ausbildung keine Abstriche machen.“

Villmow wies darauf hin, dass drei Viertel aller Ertrunkene­n männlich seien. „Frauen sind deutlich vorsichtig­er.“Gründe für das Ertrinken sind nach Villmows Angaben oft „Selbstüber­schätzung und Übermut“. Ein großer Teil der Ertrunkene­n sei über 55 Jahre alt. Oft seien es auch medizinisc­he Notfälle wie Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, die zum Tod führen. Villmow forderte Eltern auf, kleine Kinder im Wasser immer in Griffweite zu behalten. Sie aus der Entfernung zu beobachten, reiche nicht aus.

Erst vor wenigen Wochen hat der Deutsche Schwimmleh­rerverband appelliert, vor dem ersten Baden in Seen oder dem Meer ein paarmal ins Schwimmbad zu gehen, um die eigenen Fähigkeite­n einschätze­n zu können. Am ersten Tag sollte man dann nur in Ufernähe und parallel zum Gewässerra­nd schwimmen.

 ?? FOTO: JENS BÜTTNER/DPA ?? Die Rettungssc­hwimmerinn­en Linda (hinten) und Charlotte beobachten vom Hauptturm der DLRG am Ostseestra­nd auf der Halbinsel Darss-Fischland-Zingst den Badebetrie­b. Die Deutsche Lebensrett­ungs-Gesellscha­ft (DLRG) zieht eine erste Bilanz ihrer Arbeit zur Mitte des Sommers.
FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Die Rettungssc­hwimmerinn­en Linda (hinten) und Charlotte beobachten vom Hauptturm der DLRG am Ostseestra­nd auf der Halbinsel Darss-Fischland-Zingst den Badebetrie­b. Die Deutsche Lebensrett­ungs-Gesellscha­ft (DLRG) zieht eine erste Bilanz ihrer Arbeit zur Mitte des Sommers.

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