Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Tritt er wieder an?
Das sagt Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch zu einer möglichen zweiten Amtszeit
ULM - Noch hat sich kein Gegenkandidat aus der Deckung gewagt. Das wäre auch noch etwas früh. Fest steht allerdings: Ende 2023 wählen die Ulmerinnen und Ulmer ihren nächsten Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin. Letzteres wäre eine Premiere.
Bislang residierten im Ulmer Rathaus auf dem Stuhl des Oberbürgermeisters ausschließlich Männer. Manchen gelang es, in dieser Zeit eine Ära zu prägen. So wie dem gebürtigen Laupheimer Ivo Gönner (SPD), der in Ulm ab 1992 ganze 24 Jahre am Ruder war. Und der noch immer, schlendert er durch Ulm, von den Bürgern gerne in ein „Schwätzchen“verwickelt wird. „Der Ivo“, der heute wieder als Rechtsanwalt arbeitet, gilt und galt als als leutselig, als Politiker, der dem „Volk aufs Maul schaut“, der kaum Berührungsängste kennt.
Anders gestrickt ist sein Amtsnachfolger Gunter Czisch (CDU). Der Dietenheimer gilt als exzellenter Verwaltungsfachmann, seit 2016 steht er an der Rathausspitze. Schon im ersten Wahlgang schenkten ihm die Ulmer bei der Wahl im Jahr 2015 das Vertrauen. Czisch, der zuvor die städtischen Finanzen verantwortete, stand für Beständigkeit und Verlässlichkeit.
Doch ob er bei der Wahl Ende kommenden Jahres seinen Hut abermals in den Ring werfen wird – einen genauen Wahltermin muss der Gemeinderat noch festlegen –, scheint aktuell nicht zu 100 Prozent ausgemacht. Wer versuchte, aus seiner diesjährigen Schwörrede Hinweise darauf abzuleiten, wurde enttäuscht. Die Rede von Czisch wurde weitestgehend als solide Abhandlung der zurückliegenden Monate und als Ausblick im Kontext der aktuellen (Welt-)Krisen aufgenommen. Eine Hau-Ruck-Rede war es jedoch nicht.
Was nicht bedeuten muss, dass Czisch keine Lust mehr hat auf weitere acht Jahre als Chef des Ulmer Rathauses. Rathaus-intern hieß es zuletzt, Czisch habe für sich selbst aber noch gar keine abschließende Entscheidung getroffen. Alles scheint denkbar.
Dass er sich eine abermalige Kandidatur zumindest vorbehält, macht
Oberbürgermeister Gunter Czisch bei der Schwörrede in diesem Jahr.
er gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“klar. „Zum jetzigen Zeitpunkt“werde er sich jedoch nicht äußern, lässt er über eine Sprecherin ausrichten. Er sei der Ansicht, dass „Fragen und Spekulationen“zu diesem Thema verfrüht seien und von den „tatsächlichen Aufgaben und aktuellen Herausforderungen“ablenken würden. Denen, so die Sprecherin, wolle und müsse sich Czisch „mit ganzer Kraft widmen“.
Wann aus Sicht des Ulmer Oberbürgermeisters der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um über eine mögliche abermalige Kandidatur öffentlich zu sprechen, teilt das Rathaus nicht mit. Was jedoch klar ist: Hinter den Kulissen laufen bereits Gespräche, werden in den verschiedensten Lagern strategische Überlegungen angestellt, um gerüstet zu
sein, wenn das Rennen um den OBSessel offiziell eröffnet wird. So war es auch, bevor Czisch im Jahr 2015 seine Kandidatur offiziell mitteilte. Als er dies kurz nach dem damaligen Schwörmontag tat, konnte er auf eine fertige Kampagne zurückgreifen, die bereits in den Monaten zuvor insgeheim vorbereitet worden war.
Aller Voraussicht nach dürften sich die ersten Interessenten um den OB-Posten im kommenden Frühjahr aus der Deckung ans Licht in die Öffentlichkeit wagen. Genannt werden hier an erster Stelle immer wieder: Martin Ansbacher, der Fraktionsvorsitzende der Ulmer SPD im Gemeinderat, sowie seine Ulmer Gemeinderatskollegin Lena Schwelling (Grüne), die seit Ende 2021 auch Landesvorsitzende ihrer Partei ist. Doch auch diese beiden haben die Katze noch nicht aus dem Sack gelassen. Angesprochen auf eine mögliche eigene Kandidatur bei der Ulmer OBWahl heißt es jeweils sinngemäß: Darüber zu sprechen, sei noch zu früh.
Womöglich warten beide zunächst auch einfach ab, ob Czisch nochmal mag oder nicht. Denn: Ein Wahlkampf gegen einen Amtsinhaber, mit dem man die Jahre zuvor unterm Strich gut zusammengearbeitet hat, sähe in jedem Fall anders aus als ein Wahlkampf, der ohne den Amtsinhaber geführt wird.
Die Karten wären dann gänzlich neu gemischt. Aktuell aber tatsächlich bloße Spekulation. Denn es ist auch möglich, dass Gunter Czisch versucht, es seinem Amtsvorgänger nachzutun mit dem Ziel, der Ära Gönner eine Ära Czisch folgen zu lassen.