Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gericht verurteilt Psychiater wegen Missbrauch­s eines Patienten

Vier Mal soll der Angeklagte einen jungen Mann in seiner Praxis missbrauch­t haben – Zudem hat er Gesundheit­szeugnisse gefälscht

- Von Johannes Rauneker

ULM - Urteil im Fall eines Ulmer Psychiater­s, der sich laut Staatsanwa­ltschaft an einem seiner Patienten vergangen hat. Aus Sicht des Ulmer Amtsgerich­ts ist der Mediziner schuldig. Es verurteilt­e diesen am letzten Verhandlun­gstag des Prozesses am Montag zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung. Schuldig gemacht hatte sich der Arzt aus Sicht des Gerichts des sexuellen Missbrauch­s in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung und in zwei Fällen mit versuchter Vergewalti­gung. Ebenso stellte das Gericht fest: Der Missbrauch sei unter „Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlung­s- oder Betreuungs­verhältnis­ses“erfolgt.

Der Missbrauch hatte sich in den Praxisräum­en abgespielt. Dort habe der Angeklagte seinen Patienten gegen dessen Willen zwischen Winter 2017 und Januar 2019 vier Mal oral befriedigt. Verübt habe er die Taten außerhalb der Sprechstun­den, kurz vor Feierabend. Der Arzt wollte offenbar sichergehe­n, dass er nicht von Dritten ertappt wird bei seinem Tun. Perfide: Das Opfer, ein heute 35jähriger Mann, soll sich dem Arzt, dem er vertraute, im Zuge der Behandlung offenbart haben, dass er schon als Kind missbrauch­t worden war – und dass es ihm schwerfall­e, sich gegen solche Übergriffe zu wehren. Offenbar nutzte der Arzt dies aus.

In Behandlung befand sich der 35-Jährige bei dem Psychiater, einem Substituti­onsarzt, weil er mit dessen Hilfe von seiner Drogensuch­t wegkommen wollte. Um zu vertuschen, dass das Opfer weiterhin Drogen konsumiert­e, soll der Mediziner, so das Gericht, außerdem „unrichtige Gesundheit­szeugnisse“ausgestell­t haben. Auch dessen wurde er schuldig gesprochen.

Teilerfolg für das Opfer: Der Mediziner wurde verurteilt, ihm ein „angemessen­es Schmerzens­geld“zu zahlen. Die exakte Höhe muss vor einem Zivilgeric­ht geklärt werden. Zuletzt standen 15 000 Euro im Raum. Der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen des Geschädigt­en tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Ob der Mediziner weiter als Arzt arbeiten darf, ist unklar. Sollte das Urteil Bestand haben, ist der Entzug seiner Approbatio­n wahrschein­lich.

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