Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gericht verurteilt Psychiater wegen Missbrauchs eines Patienten
Vier Mal soll der Angeklagte einen jungen Mann in seiner Praxis missbraucht haben – Zudem hat er Gesundheitszeugnisse gefälscht
ULM - Urteil im Fall eines Ulmer Psychiaters, der sich laut Staatsanwaltschaft an einem seiner Patienten vergangen hat. Aus Sicht des Ulmer Amtsgerichts ist der Mediziner schuldig. Es verurteilte diesen am letzten Verhandlungstag des Prozesses am Montag zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf Bewährung. Schuldig gemacht hatte sich der Arzt aus Sicht des Gerichts des sexuellen Missbrauchs in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung und in zwei Fällen mit versuchter Vergewaltigung. Ebenso stellte das Gericht fest: Der Missbrauch sei unter „Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses“erfolgt.
Der Missbrauch hatte sich in den Praxisräumen abgespielt. Dort habe der Angeklagte seinen Patienten gegen dessen Willen zwischen Winter 2017 und Januar 2019 vier Mal oral befriedigt. Verübt habe er die Taten außerhalb der Sprechstunden, kurz vor Feierabend. Der Arzt wollte offenbar sichergehen, dass er nicht von Dritten ertappt wird bei seinem Tun. Perfide: Das Opfer, ein heute 35jähriger Mann, soll sich dem Arzt, dem er vertraute, im Zuge der Behandlung offenbart haben, dass er schon als Kind missbraucht worden war – und dass es ihm schwerfalle, sich gegen solche Übergriffe zu wehren. Offenbar nutzte der Arzt dies aus.
In Behandlung befand sich der 35-Jährige bei dem Psychiater, einem Substitutionsarzt, weil er mit dessen Hilfe von seiner Drogensucht wegkommen wollte. Um zu vertuschen, dass das Opfer weiterhin Drogen konsumierte, soll der Mediziner, so das Gericht, außerdem „unrichtige Gesundheitszeugnisse“ausgestellt haben. Auch dessen wurde er schuldig gesprochen.
Teilerfolg für das Opfer: Der Mediziner wurde verurteilt, ihm ein „angemessenes Schmerzensgeld“zu zahlen. Die exakte Höhe muss vor einem Zivilgericht geklärt werden. Zuletzt standen 15 000 Euro im Raum. Der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen des Geschädigten tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ob der Mediziner weiter als Arzt arbeiten darf, ist unklar. Sollte das Urteil Bestand haben, ist der Entzug seiner Approbation wahrscheinlich.